Alcoi - eine der ältesten Industriestädte Spaniens

Reiseimpressionen von der COSTA BLANCA und dem Inland der Provinz ALICANTE.
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Oliva B.
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Alcoi - eine der ältesten Industriestädte Spaniens

Beitrag von Oliva B. »

Ca 57 km von Alicante entfernt liegt Alcoi (span. Alcoy), eine der ältesten Fabrikstädte der iberischen Halbinsel mit 61.698 Einwohnern (INE 2008).
Alcoy (Prov. Alicante - Hoya de Alcoy)
Alcoy (Prov. Alicante - Hoya de Alcoy)
Alcoy.jpg (35.63 KiB) 1517 mal betrachtet
Auch Touristen ist die Stadt ein Begriff, denn sie ist bekannt geworden wegen ihrer aufwändig gestalteten Fiesta „Moros und Cristianos“, die in der zweiten Aprilhälfte zu Ehren des Heiligen Georgs stattfindet. Dieser ist nach einer Legende den Christen im Kampf gegen die Mauren erschienen und zu Hilfe gekommen.
Fährt man von oben kommend Richtung Stadt, so erblickt man die vielen Schlote, die als Weltkulturerbe geschützt sind. Auch die Fabrikgebäude sind als „Bien de Interés Común“ denkmalgeschützt, viele Hallen werden mit Hilfe des Ministeriums restauriert. Seit dem 16. Jht. standen hier mechanisierte Webstühle, denen die Stadt ihren ersten Reichtum verdankt hat. Damals waren tausende einheimischer Menschen froh, ein Auskommen als Weber und Spinner gefunden zu haben, da sie von der Landwirtschaft alleine nicht mehr leben konnten.
Blick auf die Stadt Alcoi
Blick auf die Stadt Alcoi
Die Stadt liegt in einem Talkessel, eingeschlossen zwischen der Sierra Mariola und dem Font-Roja-Massiv. Große Brücken überspannen die tiefen Täler und die Flüsse Molinar und Riquer, die sich hinter Alcoi zum Fluss Serpis vereinigen. Eine der ältesten ist die María-Cristina-Brücke, Beispiel der Ingenieurkunst damaliger Tage. Auch das Canalejas-Viadukt, das über den Río Molinar führt, wurde wegen seiner Metallstruktur Anfang des 20. Jahrhunderts bestaunt.
Die Flüsse waren es auch, die Alcoi reich machten. Der Río Molinar hat in Alcoi auf nur einem Kilometer ein Gefälle von fast 100 m, das Wasser kommt in sieben Wasserfällen herunter und trieb die Wasserräder (Norias) an. Schon im 13. Jht. nutzen Müller hier die Wasserkraft. Diese Wasserräder tauschte man im 18. Jahrhundert einfach aus, als Textil- und Papierfabriken in Alcoi entstanden. Zu Beginn des 19. Jhts. boomte die Stadt wieder, da Textilmaschinen nun mit Wasserkraft betrieben und so auch Stoffe gefärbt werden konnten. Durch die Entdeckung von Kohleflözen in Stadtnähe konnte die Dampfkraft verwendet werden. Die gewaltigen Maschinen aus Stahl aus der damaligen Zeit kann man noch heute bewundern. Durch die Industrialisierung wurden jedoch tausende einheimischer Weber und Spinner arbeitslos.
Die Alcoyaner Textilfabrikanten waren weltoffen und begannen zu exportieren, sie handelten mit Nordamerika und dem Mittleren Osten. Filialen wurden in Marokko gegründet und noch heute gehen Garne nach Frankreich, Portugal und Italien.
La Union Alcoyana
La Union Alcoyana
Kinderarbeit, 18-Stunden-Tag, schlechtes Essen und Alkohol bestimmten den Tagesablauf der Arbeiterklasse zu Beginn der Industrialisierung. Fabrikbesitzer schufen aber immerhin eine eigene Schule für Textilindustrie, später auch noch für Kunst und Design, heute sind sie Ableger der Polytechnischen Universität in Valencia, die in einem ehemaligen Fabrikgebäude der Stadt untergebracht ist.
Noch heute arbeiten die Menschen hier vorwiegend in der Textilindustrie, obwohl durch die chinesische Konkurrenz viele Fabriken schließen mussten. Papierfabriken, die ebenfalls viel Wasser brauchen, produzieren seit dem 19. Jht. vorwiegend Zigarettenpapier (Bambú-Blättchen sind heute noch in den USA bekannt), auch Konserven werden in dem Ort hergestellt (u.a. Oliven).
Im historischen Stadtkern (heutiger Fotobericht), an der Plaza de España
Plaça d'Espanya i Església de Santa Maria
Plaça d'Espanya i Església de Santa Maria
stehen das Rathaus und die Kirche der Heiligen María, in der Umgebung stehen etliche schöne Barockbauten
Altes Gebäude an der Plaza
Altes Gebäude an der Plaza
Casa del Pavo
Casa del Pavo
prunkvoller Altbau
prunkvoller Altbau
und in der Prachtstraße Sant Nicolau findet man schön restaurierte Jugendstilbauten,
Jugendstil
Jugendstil
DSC_0345.JPG
die von dem einstigen Reichtum der Stadt zeugen.
Geschäft
Geschäft
Die Schattenseite findet man nahe der Plaza, im Altstadtviertel Raval Vell, an dessen Häusern seit 50 Jahren nichts mehr getan wurde. Viele sind verlassen, weil sie dem heutigen Standard nicht mehr genügen. Im Moment werden etliche Gebäude im alten Viertel restauriert, um wahrscheinlich demnächst als Luxusbleiben gewinnbringend vermietet zu werden.
Campanar de Sant Maure
Campanar de Sant Maure
Bar mit Ambiente und leckeren Tapas: Die "Victor Bar" im Herzen von Alcoy, Tipp von Oliva B.
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girasol
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Re: Alcoi - eine der ältesten Industriestädte Spaniens

Beitrag von girasol »

Hallo Oliva,

vielen Dank für den interessanten Bericht. Die Stadt war mir bisher nicht bekannt.

Gruß
girasol
Die Welt ist ein Buch und wer nicht reist, liest davon nur eine Seite.
Aurelius Augustinus
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Florecilla
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Re: Alcoi - eine der ältesten Industriestädte Spaniens

Beitrag von Florecilla »

girasol hat geschrieben:Hallo Oliva,

vielen Dank für den interessanten Bericht. Die Stadt war mir bisher nicht bekannt.

Gruß
girasol

Dem kann ich mich nur anschließen. Danke, Oliva. :*

Wozu braucht man noch einen Reiseführer, wenn ihr so schöne Berichte schreibt >:d<
Saludos,
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