Re: Spanien - damals (vor 20 und mehr Jahren..)
Verfasst: Fr 8. Apr 2011, 07:51
Guten Morgen, herrlicher Tag scheint es zu werden - und ich habe das frühe Aufstehen seit meiner Jugend beibehalten - auch in meiner "wilden Zeit" waren wir immer früh aus dem Bett - lieber wurde in der Siesta in der Hängematte im Schatten der Bäume mal gedöst aber früh am Morgen war es noch nicht zu warm, um zu arbeiten. Arbeit - das war: Wäsche waschen, Haus putzen, aufpassen, dass freundliche andere Hippies einem die Eier im Hühnerstall nicht klauten (4 Hühner waren mein ganzer Stolz), sich um das bisschen Gemüse im eigenen Garten kümmern oder auch ganz früh zum Wochenmarkt oder zum Hafen, um Fisch usw zu kaufen. Im bürgerlichen Denken bestand ja immer die Meinung, dass Hippies nur LSD nehmen, Marihuana rauchen, kreuz und quer liebten, sich nicht wuschen und nur faulenzten - das mag auf wenige zugetroffen haben, aber ich glaube, kaum eine Bewegung hat Menschen so viel an sich selbst arbeiten lassen wie gerade diese Zeit. Und das Erstaunliche - vieles, was heute zur Selbstverständlichkeit gehört und damals vom sog, Establishment verhöhnt wurde - ist heute beliebte Dienstleistung und Gewerbezweig. Ob Yoga, Reiki, transzendentale Meditation, gesunde Ernährung, Vegetarismus, Ayuveda, Kindererziehung oder Tierschutz, alternativer Anbau im Garten und weg vom überflüssigen Schnickschnack ... alles das wurde in den 60ern und frühen 70ern belächelt und heute ... heute gibts Wellnesshotels, alternative Energie und ein breites Bewusstsein für die Umwelt in der Öffentlichkeit, Erziehungsmethoden haben sich gewandelt und auch die Schulpädagogik und der Umweltschutz.
Diese Gegenbewegung stammte aus Elternhäusern die sehr streng und konservativ waren, junge Leute, die entweder im Krieg oder kurz danach auf die Welt kamen und die nicht selten zu hause noch einen alten Nazi im Keller hatten.... oder auch zwei ..
Wir hatten die ganz große Chance, einem wunderbaren Rattenfänger zu folgen, der uns auf die Ungerechtigkeit und Falschheit der Eltern hinwies und uns nicht etwa ins Verderben führte sondern in eine pazifistische Gegenkultur, in der die Freiheit geradezu explodierte und Lebensfreude und Farbenrausch und Hedonismus einerseits über und regnen ließ aber eben auch die Erkenntnis, das wir ein Teil dieser Schöpfung sind, die ihre Zerstörung aufhalten und vielleicht verhindern kann. Wir trafen uns viel in kleinen Gruppen - ich zB war 1-2 Mal in der Woche in einem Freundeskreis, in dem ich die Jüngste war - da wurden Bücher gemeinsam gelesen und diskutiert - es waren einige sehr kluge Köpfe darunter, besonders an Egon erinnere ich mich - er war 20 Jahre älter als ich, ein kleiner Mann mit einer unglaublichen Ausstrahlung und einem enormen Wissen. er war meistens der Gesprächsleiter, wenn man es so nennen will - und gab entscheidende Impulse ... eines der Bücher, das wir zusammen lasen war "Die Gesellschaft und das Böse - Eine Kritik der herrschenden Moral." von Arno Plack - ich muss sagen, dieses Buch war eine ein zige Offenbarung für mich und zog so manchen noch vorhandenen Schleier weg ... und es ist auch heute, in aktualisierter Fassung, immer noch ein Buch, das ich nur empfehlen kann.
Dieser Egon hatte in München Musik studiert und ein großer Kenner klassischer Musik - und so saßen wir - so ca 12-15 Freunde - gerne bei ihm im Patio seiner kleinen Finca, tranken selbst gemachte Limo und futterten Feigen, wenn er uns Meisterwerke der klassischen Musik auf dem ollen DUAL Plattenspieler vorspielte und uns die einzelnen Sätze erklärte - ich wüsste jetzt im Moment tatsächlich keine Gruppe junger Leute, die das noch macht :-))
Ich will aber nicht verherrlichen - es gab auch viele gescheiterte Existenzen, viele, die sich das Hirn weggesoffen oder mit Drogen erweicht haben und die nichts mehr hatten als die Angst vom Tod oder die in der geschlossenen Abteilung landeten. Nur Sex, Drugs and Rock and Roll war und ist eben keine Alternative - ich hab hier einen Bericht aus dem Spiegel zu einer arte-Doku, die vor einigen Jahren lief, bestimmt interessant für die eine oder andere zu lesen ...
Hippie Doku
Diese Gegenbewegung stammte aus Elternhäusern die sehr streng und konservativ waren, junge Leute, die entweder im Krieg oder kurz danach auf die Welt kamen und die nicht selten zu hause noch einen alten Nazi im Keller hatten.... oder auch zwei ..
Wir hatten die ganz große Chance, einem wunderbaren Rattenfänger zu folgen, der uns auf die Ungerechtigkeit und Falschheit der Eltern hinwies und uns nicht etwa ins Verderben führte sondern in eine pazifistische Gegenkultur, in der die Freiheit geradezu explodierte und Lebensfreude und Farbenrausch und Hedonismus einerseits über und regnen ließ aber eben auch die Erkenntnis, das wir ein Teil dieser Schöpfung sind, die ihre Zerstörung aufhalten und vielleicht verhindern kann. Wir trafen uns viel in kleinen Gruppen - ich zB war 1-2 Mal in der Woche in einem Freundeskreis, in dem ich die Jüngste war - da wurden Bücher gemeinsam gelesen und diskutiert - es waren einige sehr kluge Köpfe darunter, besonders an Egon erinnere ich mich - er war 20 Jahre älter als ich, ein kleiner Mann mit einer unglaublichen Ausstrahlung und einem enormen Wissen. er war meistens der Gesprächsleiter, wenn man es so nennen will - und gab entscheidende Impulse ... eines der Bücher, das wir zusammen lasen war "Die Gesellschaft und das Böse - Eine Kritik der herrschenden Moral." von Arno Plack - ich muss sagen, dieses Buch war eine ein zige Offenbarung für mich und zog so manchen noch vorhandenen Schleier weg ... und es ist auch heute, in aktualisierter Fassung, immer noch ein Buch, das ich nur empfehlen kann.
Dieser Egon hatte in München Musik studiert und ein großer Kenner klassischer Musik - und so saßen wir - so ca 12-15 Freunde - gerne bei ihm im Patio seiner kleinen Finca, tranken selbst gemachte Limo und futterten Feigen, wenn er uns Meisterwerke der klassischen Musik auf dem ollen DUAL Plattenspieler vorspielte und uns die einzelnen Sätze erklärte - ich wüsste jetzt im Moment tatsächlich keine Gruppe junger Leute, die das noch macht :-))
Ich will aber nicht verherrlichen - es gab auch viele gescheiterte Existenzen, viele, die sich das Hirn weggesoffen oder mit Drogen erweicht haben und die nichts mehr hatten als die Angst vom Tod oder die in der geschlossenen Abteilung landeten. Nur Sex, Drugs and Rock and Roll war und ist eben keine Alternative - ich hab hier einen Bericht aus dem Spiegel zu einer arte-Doku, die vor einigen Jahren lief, bestimmt interessant für die eine oder andere zu lesen ...
Hippie Doku