Auto in Spanien anmelden

ITV, Führerschein, Versicherungen, Strafe, Kennzeichen
haSienda
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Re: Auto in Spanien anmelden

Beitrag von haSienda »

Ungefragt gebe ich mal meinen Senf dazu...

Grundsätzlich sollte man sich überlegen, ob es wirklich Sinn macht ein Auto von Deutschland nach Spanien zu bringen...denn "dank" der spanischen Bürokratie ist das nicht nur teuer sondern auch langwierig.

Hat das Fahrzeug ein sogenanntes CoC-Zertifikat, ist die ganze Veranstaltung "relativ" günstig...man bewegt sich dann im Rahmen von etwa € 500.-- bis € 1.000.--. Das Fahrzeug muss dann aber exakt SO sein, wie im CoC vorgegeben. Hat man nachträgliche Veränderungen vorgenommen (Anhängerkupplung, andere Bereifung, Karosserieumbauten, Sportlenkrad, Umbau auf Autogas,...) entspricht das Auto nicht mehr den Vorgaben des CoC...und es erfolgt eine teure Einzelabnahme oder entsprechende Rückrüstung der Teile. Dies gilt auch dann, wenn diese Veränderungen in Deutschland in die Fahrzeugpapiere eingetragen wurden. Sollte das CoC nicht vorhanden sein, kann man dies beim Hersteller (etwa € 150.-- bis € 250.--) beantragen...vorausgesetzt für das entsprechende Fahrzeug gibt es grundsätzlich ein solches (Hängt ab von Baujahr und Hersteller).

Gibt es grundsätzlich kein CoC, kann die Sache sehr lustig werden...mit einem Sprinter kämpfte ich nun etwa 1,5 Jahre und der Spass kostete € 1200.--. Hier wird nämlich durch einen Ingenieur das Fahrzeug geprüft und vermessen...dabei werden nicht einfach die Daten aus den deutschen Papieren übernommen.

Dritte Version: Historische Zulassung. Gilt für Fahrzeuge ab 30 Jahre. Ist die zweitgünstigste Version und hat noch weitere Vorteile (auf die ich etwas später zu sprechen komme).

Die einfachste und günstigste Version: Das Fahrzeug als Umzugsgut deklarieren (funktioniert natürlich nur, wenn man fest nach Spanien umzieht). Da bekommt man schlicht & einfach ALLES zugelassen...selbst einen Hot Rod. Es gibt dann ein temporäres Veräusserungsverbot, das ist aber erträglich.


Nun stellt sich die Frage, welche Vorteile man durch die Ummeldung hat...oder eben auch welche Nachteile.
Stichworte hierzu: Hauptuntersuchung, Wohnsitzmeldung, Steuerhinterziehung.
In Deutschland muss ein Fahrzeug alle 2 Jahre zur Hauptuntersuchung...dafür muss das Fahrzeug logischerweise nach Deutschland. Das ist mit Aufwand und Kosten verbunden. Wird die Hauptuntersuchung überzogen, während das Auto im Ausland ist , darf dies im Ausland nicht geahndet werden...denn der Wagen unterliegt den deutschen Zulassungsbestimmungen und er muss den dortigen Regeln entsprechen. Der Wagen muss jedoch unverzüglich nach Rückkehr zur deutschen Hauptuntersuchung. Theoretisch wäre es sinnvoll den Wagen bei einer spanischen ITV-Stelle auf Verkehrssicherheit prüfen zu lassen...dies kann im Falle eines Unfalles Ärger vermeiden (ist er nicht verkehrssicher und hat keine gültige Hauptuntersuchung, wird's brenzlig!). Lässt man allerdings den Wagen immer und immer wieder in Spanien prüfen, impliziert das eine Steuerhinterziehung...denn man beweist dadurch indirekt dass der Wagen offenbar dauerhaft in Spanien ist...obwohl er in diesem Falle längst hätte umgemeldet sein sollen. Entgegen anderslautender Meinung darf die Polizei das Fahrzeug weder beschlagnahmen noch Strafen verhängen, wenn die deutsche Hauptuntersuchung abgelaufen ist...ich persönlich würde mir jedoch diese mögliche Diskussion ersparen wollen. Davon abgesehen: Wird die Hauptuntersuchung um mehr als 8 Monate überzogen, droht in Deutschland 1 Punkt in Flensburg.
In Spanien sind die Fristen zur Hauptuntersuchung vollkommen unterschiedlich...abhängig von Fahrzeugtyp und Alter. Ist ein Kangoo als Lieferwagen klassifiziert, muss er ab einem Alter von 10 Jahren halbjährlich zur Hauptuntersuchung, ein PKW bis 10 Jahre alle 24 Monate...über 10 Jahre alte PKW jährlich. Ein historisches Fahrzeug jedoch abhängig vom Fahrzeugalter nur alle 2-4 Jahre.

Diskussionen mit Polizisten hatte ich auch schon des öfteren, wenn ich mein in Spanien zugelassenes Auto nutze...sowohl in Deutschland als auch in Spanien.
In Deutschland kommt ganz klar der Vorwurf der Steuerhinterziehung. Theoretisch müsste ich am Tag meiner Ankunft das Fahrzeug beim Zoll anmelden (ein paar Cent pro Tag)...macht aber niemand.
In Spanien werden bei einer Polizeikontrolle die Papiere abgefragt...hierbei ergibt sich, dass ich eine sogenannte N.I.E.-Nummer habe (die "Ausländernummer...ohne die ich gar kein Fahrzeug zulassen kann). Diese N.I.E. "verwechseln" die Spanier oft mit der sogenannten "Residencia"...auch Polizisten verwechseln das...und möchten gerne eine Strafe verhängen, weil ich ja "Spanier" bin und mein Führerschein hätte umgeschrieben werden müssen. Meine Erklärung hierzu ist klar: Ich bin Deutscher, mit deutschem Personalausweis und Wohnsitz in Deutschland. Ich bin also Tourist...möchte aber in Spanien mein in Spanien zugelassenes Auto nutzen, für welches ich ja auch Steuern bezahle. Die N.I.E. habe ich nur um ein Haus zu kaufen, ein Auto zuzulassen und für ähnliche Behördengänge.
Nutze ich also über einen langen Zeitraum mein in Deutschland zugelassenes Auto, kann es sein dass der Polizei dies "auffällt"...und ich mich wiederum mit dem Problem der Steuerhinterziehung konfrontiert sehe...denn das Fahrzeug darf eigentlich nur vorrübergehend in Spanien sein...und hier ist die Definition beziehungsweise die Beweisführung spannend. Wer will mir beweisen, dass ich nicht gerade letzte Woche in Portugal, Frankreich oder sonstwo war? Parkt der Wagen jedoch monatelang vor einer Polizeistation, wird das schwieriger.


Sieht man sich auf dem nächsten Supermarktparkplatz um, sieht man überwiegend verbeulte und zerkratzte Fahrzeuge. Das liegt nicht nur an der Unfähigkeit der Fahrer sondern an der grundsätzlich differenten Betrachtungsweise der Spanier. Für die ist ein Auto eben ein Gebrauchsgegenstand, basta. Auf dem Parkplatz werden Autotüren gegen das angrenzende Auto gehauen, Einkaufswagen scheppern gegen fremde Fahrzeuge und Stoßstangen kommen Ihrer Bestimmung nach. Was ich sagen will: Auch das gepflegteste Fahrzeug altert in Spanien im Zeitraffer. Wer also möglicherweise sein gepflegtes Auto für viel Geld nach Spanien importiert hat möglicherweise in kurzer Zeit ein ebenso abgerocktes Vehikel wie sein Nachbar. Lohnt der Import wirklich? Oder macht es mehr Sinn sein Fahrzeug in Deutschland zu verkaufen und in Spanien ein anderes Fahrzeug zu kaufen? Möglicherweise sogar eine oder zwei Klassen kleiner...denn dieses "Fahrzeugprotzen" ist in Spanien ohnehin nicht sehr gängig. Ich kenne wirklich wohlhabende Leute, die den Pelz eben nicht nach aussen tragen...die fahren mit Ihrem Kangoo durch die Gegend. Neidfrei...und vermutlich entspannter.
Oder lohnt doch eher ein Leihwagen? Die Chance in Spanien anzukommen und der ITV (also die Hauptuntersuchung) ist abgelaufen, ist recht gross. Der Urlaub besteht also darin anfallende Reparaturen zu erledigen und einen Termin zu bekommen. Bis dahin darf der Wagen nicht genutzt werden...Versicherungsschutz besteht (im Gegensatz zu Deutschland) nur mit gültiger Hauptuntersuchung...dementsprechend empfindlich sind hier die Strafen.

Nun stellt sich die Frage: lohnt der Aufwand? Welche Version ist die richtige für mich? Entscheidet selbst...

Lieber Gruss
Derek

Achja: Das sind Angaben nach bestem Wissen & Gewissen...möglicherweise gibt es Abweichungen, neue Gesetze oder Ergänzungen.
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nurgis
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Re: Auto in Spanien anmelden

Beitrag von nurgis »

Danke Derek für die lange, gute Erklärung!
Der Hund ist Dir im Sturme treu, der Mensch nicht mal im Winde.
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maxaa123
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Re: Auto in Spanien anmelden

Beitrag von maxaa123 »

das nenn ich mal eine ausführliche Antwort, lieben Dank.
Ich dachte der Versicherungsschutz wäre auch in Deutschland hinfällig wenn die HU überfällig ist... wieder was gelernt
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Re: Auto in Spanien anmelden

Beitrag von Corazon1962 »

Ich danke euch wirklich von Herzen für die Erklärungen und die Mühe, die ihr euch gemacht habt :x

Da meine Spanischkenntnisse sehr begrenzt sind, wäre für mich die Lösung mit einer „Tanja“ das optimale. Wo finde ich denn so jemanden ?

Liebe Grüße

Corazon
haSienda
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Re: Auto in Spanien anmelden

Beitrag von haSienda »

Ausser "Tanja's" kann man das (soweit ich weiss) auch über den Automobilclub RACC oder RACE machen.

In der CBN annoncieren auch immer "Autoanmelder"...inwieweit diese zu empfehlen sind, weiss ich nicht.

Viel Glück
Derek
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maxaa123
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Re: Auto in Spanien anmelden

Beitrag von maxaa123 »

Hab jetzt doch noch eine Frage: Was ist eine CoC?
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Re: Auto in Spanien anmelden

Beitrag von housecat »

CoC ist Code Of Conduct, im Prinzip ein schön gestalteter Zettel mit allen technischen Angaben zum Fahrzeug vom Hersteller. Braucht man bei der Erstzulassung von Neufahrzeugen. Die Amtsperson überträgt dabei CoC-Angaben in Fahrzeugbrief. @Miesepeter kennt das von seinem Tiguan.

Gruß // Housecat
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Re: Auto in Spanien anmelden

Beitrag von maxaa123 »

Ah ok, wieder was gelernt. Danke. Und den gibt es nicht für alle Fahrzeuge? Der deutsche Fahrzeugbrief würde nicht reichen? Wo kriegt man den denn her? Sowas hab ich für meinen alten Bipper nie bekommen, zumindest nichtdass ich mich erinnernkönnte.
Ist jetzt aber auch schon 11 Jahre alt. (Sorry für das Loch im Bauch! Wenn es zu viel Fragen werden, sag bescheid ;;))
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Re: Auto in Spanien anmelden

Beitrag von dksoft »

Auch von mir ein herzliches Dankeschön für die ausführliche Erklärung mit wertvollen Informationen.

Eine Sache ist mir unklar: Wir haben Besitz in Spanien, zahlen entsprechend die dort anfallenden Steuern, der Wohnsitz ist und soll aber weiterhin in Deutschland bleiben.

Können wir einen PKW in Spanien anmelden?
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Re: Auto in Spanien anmelden

Beitrag von maxaa123 »

Ich hab verstanden, dass das nicht geht.

Wir haben zwar die NIE, aber leben ja offiziell in D und sind somit Touristen. Korrigiert mich, wenn ich es immer noch nicht verstanden habe.
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