Reklamation einer mangelhaften Ware oder Dienstleistung

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Oliva B.
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Reklamation einer mangelhaften Ware oder Dienstleistung

Beitrag von Oliva B. »

Gewährleistungsfrist

Wie in Deutschland gibt es auch in Spanien eine Gewährleistungsfrist von zwei Jahren ab Kaufdatum für Neuwaren, für gebrauchte Artikel beträgt sie ein Jahr. Bietet der Verkäufer eine Reparatur an, so verlängert sich die Gewährleistungsfrist um diese Zeit. Wenn man nicht im Geschäft reklamieren kann (z.B. weil man zu weit entfernt wohnt oder der Laden ist pleite gegangen ist), so kann man sich auch direkt an den Hersteller oder Importeur wenden.
Reklamieren
Margit hatte bereits in einem anderen Thread einen Link auf deutsch eingestellt Reklamieren - Gewusst wie in Spanien!, in dem leicht verständlich erklärt wird, wie Verbraucher in Spanien zu ihrem Recht kommen, wenn das gekaufte Produkt oder der Service nicht dem entspricht, was der Kunde (egal ob Urlauber oder Resident) erwartet hat.

Reklamieren kann man unfaire Handelspraktiken, Dienstleistungen (Friseur, Restaurant, Geschäft usw.) Muster. Die Formulare erhält man auf Anfrage in den Geschäften, meistens findet man im Kassenbereich einen Hinweis mit diesem oder ähnlichem Text:
Hojas.png
Beschwerdeformular ausfüllen

  • Punkt 1
    Ort des Geschehens -Provinz - Datum

    Punkt 2 - persönliche Daten des Geschädigten:
    1. Familienname
    2. Vorname
    Adresse - Postleitzahl
    Ort - Provinz
    Geburtsdatum - DNI, Pass-Nr. (oder NIE)
    Nationalität - Tel.-Nr.
    E-Mail-Anschrift

    Punkt 3
    Begründung der Reklamation

    Punkt 4 - Daten des Verkäufers (des Geschäfts, Restaurants etc.), die sollten auch auf der Rechnung zu finden sein:
    Name des Unternehmens
    Steuernummer (CIF oder DNI)
    Tätigkeit des Unternehmens
    Straße
    Ort - Provinz
    Nationalität - Telefonnummer
    E-Mail-Anschrift

    Punkt 5
    Die Forderung des Reklamierenden
    Aufzählung der Anlagen (Rechnung, Ticket)

    Punkt 6:
    Datum - Unterschriften
    Links unterzeichnet der Kunde - rechts derjenige, der das Formular entgegennimmt.
In der Comunidad Valenciana besteht das Formular aus einem weißen Original und drei Durchschriften (grün, rosa, gelb). Das weiße und das grüne Formular erhält der Kunde, der das weiße an die aufgedruckte Beschwerdestelle schickt, das grüne Duplikat ist für die eigenen Unterlagen bestimmt.

Wenn dem Verbraucher die Aushändigung eines Beschwerdeformulares verweigert wird, so kann er die örtliche Polizei (policia local) hinzuziehen.

Welche Erfahrungen habt ihr bei Reklamationen gemacht?
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Akinom
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Re: Reklamation einer mangelhaften Ware oder Dienstleistung

Beitrag von Akinom »

;-)

Vielen Dank Elke für diese Informationen !
Ich werde dies testen. Habe letztes Jahr im Carrefour einen Bosch Stabmixerset gekauft(sehr guter Preis) - mit nach Deutschland genommen und da hat er dann den "Geist aufgegeben".
Nun werde ich nächste Woche diesen reklamieren - ich werde berichten.

Sonst hatte ich bisher nur zweimal mit meinem Ceranfeld Probleme - beide Male kam der Techniker sehr schnell und erledigte das Problem.

Jetzt überlege ich noch ob ich meine Klimaanlage reklamieren soll (vor 2 Jahren installiert, muss allerdings noch das Kaufdatum nachschauen)
Ich hatte 2 Stück gekauft, davon ist eine jetzt sehr laut, allerdings nicht immer und meistens nur eine gewisse Zeit. Die andere läuft ruhig.
Werde berichten >:d<
Miesepeter
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Re: Reklamation einer mangelhaften Ware oder Dienstleistung

Beitrag von Miesepeter »

Ein sehr interessantes und weitgreifendes Thema, nicht ganz unproblematisch, denn Recht haben und Recht bekommen ist gerade in Spanien oft ein Abenteuer, bei dem leicht die Brühe (Rechtsanwalt) teurer kommt als der Brocken. Hier ein paar Denkanstösse:
Die span. Verbrauchergesetze und -Bestimmungen sind teilweise den deutsche überlegen. Andererseits ist die Durchsetzung von Forderungen aus Geschäften sehr viel schwieriger (daran scheiterte u.a. niemand weniger als der US-Versandhausriese Sears&Roebuck, und auch der Bertelsmannableger "Circulo de Lectores" bekam das zu spüren).
Die span.Marktstrukturen bedeuten für den Verkäufer einer Ware verhältnismássig hohe Kosten für Transport und Reparatur/Ersatz von magelhaften bzw.reparaturbedürftiger Waren. Das mag einer der Gründe sein, warum ALDI Und LIDL schon seit Jahren keine elektr. Grossgeräte mehr verkaufen. auch MEDION hat sich vor ein paar Jahren aus Spanien zurückgezogen.
Verbraucherkonflikte (betrügerisches Vorgehen des Verkäufers) auf dem Strafweg auszutragen, ist so gut wie zweckslos, da die Staatsanwaltschaften bei Einzelfällen das öffentliche Interesse verneinen und auf den Zivilweg verweisen. Weitrerhin sind die Gerichte hoffnunglos überlastet, die Strafanstalten sind überfüllt (Verurteilte kommen auf eine Warteliste und warten auch schon mal 5 Jahre der mehr auf einen "Sitz-"Platz. Die durchschnittliche Wartezeit für einen Gerichtstermin beträgt ausserdem um die 2 Jahre.
Sinnvoller und zweckmässiger ist die Einschaltung von Verbraucherschutz-Einrichtungen, vorzugsweise die öffentlichen, denn die privaten wollen meist erst mal kassieren (Mitgliedschaft o.ä.). Die Comunidades Autonomas und auch grössere Gemeinden unterhalten Verbraucher-Anlaufstellen, Geduld und Ausdauer sind angesagt, die Mitarbeiter haben oft gar keine Ahnung und beschränken sich darauf, den Bittsteller mit ein Paar Prospekten und Vordrucken abzuwimmeln. Ach ja, da ist dann auch noch die Sprachbarriere.
Bei Bezahlung mit Kreditkarte kann man eine Garantie auch ohne den (verlorenen) Kaufbeleg einfordern.
Der Intellekt steht nachgeordnet zum Willen (Briefträger Gert Postel)
Reichtum ist die Fähigkeit, das Leben voll auszukosten (H. D. Thoreau)
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Atze
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Re: Reklamation einer mangelhaften Ware oder Dienstleistung

Beitrag von Atze »

Danke für das Thema!
Zunächst was simples, wo ich auch in D immer schwimme:
Wenn ich mir hier in E im Laden z.B. einen Fernseher kaufe (wir sind ja neulich "ausgeräumt" worden):
Wie lange muss oder sollte ich die Kartons aufheben? Immerhin ist der Laden ja gut erreichbar.

Zweite Frage: Ich bin vor drei Jahren mit einem Forenmitglied etwas aneinandergeraten, weil deren Firma (bzw. deren Beauftragte) uns ein elektrisches Rolltor eingebaut hatte, dessen Lichtschranke sich leicht verstellte. Nach dem dritten Besuch (im dritten Monat nach Einbau) meinte sie, ab jetzt müsste ich das Nachstellen lassen selber bezahlen, da es sich jetzt um eine normale Wartung handeln würde.
Ich bin dann stinksauer selber rangegangen und habe festgestellt, dass der Strahler nicht verdrehungssicher befestigt war. Nach richtiger Befestigung ist dann bis heute alles in Ordnung.
Also die Frage: Wie lange besteht eine Gewährleistung auf eine einwandfreie Funktion?
LG Atze
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Oliva B.
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Re: Reklamation einer mangelhaften Ware oder Dienstleistung

Beitrag von Oliva B. »

Nachtrag:

Zitat:
  • Spanien: Das Gesetz unterscheidet zwischen Reparatur und Austausch. Bei Reparaturen wird
    • die Frist ausgesetzt und läuft nach der Reparatur weiter. Innerhalb der ersten sechs Monate nach Lieferung gilt dann wieder die Beweislastumkehr. Bei Austausch beginnt ab Lieferung eine neue 2-jährige Gewährleistungsperiode mit Beweislastumkehr in den ersten 6 Monaten.

    Es muss darauf hingewiesen werden dass neben der Garantie auch die gesetzliche Gewährleistung besteht und die Garantie keinen Einfluss auf die gesetzlichen Gewährleistungsrechte hat.
Quelle:Rat und Hilfe für Verbraucher in Europa
Atze hat geschrieben: Also die Frage: Wie lange besteht eine Gewährleistung auf eine einwandfreie Funktion?
Hallo Atze,

auf deine Frage bezüglich der Gewährleistungszeit bei Montagen kann ich dir auf die Schnelle nur so viel berichten:
Zitat:
  • Die Sache ist mangelhaft, wenn die vereinbarte Montage durch den Verkäufer unsachgemäß durchgeführt worden ist oder die fehlerhafte Montage durch den Käufer auf eine mangelhafte Montageanleitung zurückzuführen ist (Artikel 116 Absatz 2 Königliche Legislativverordnung Nr. 1/2007).
Quelle Bundesministerium Spanisches Gewährleistungrecht
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Re: Reklamation einer mangelhaften Ware oder Dienstleistung

Beitrag von Miesepeter »

Vorgestern hat der Winterschlußverkauf (Rebajas de Enero) begonnen. Anders als in D genießt in Spanien Ausverkaufs- oder Sonderpreisware die gleichen Rechte wie Neuware, d.h. ein 14-tg. Rückgaberecht, unabhängig weiterreichender Garantien (z.B. 2 Jahre für Industrieerzeugnisse). Allerdings besteht kein Anspruch auf Rückerstattung, der Verkäufer kann die Ware ersetzen oder einen Warengutschein anbieten, also besser vorher nachfragen. Sehr kulant verfahren u.a. El Corte Ingles, Alcampo, Carrefour. Bei MediaMarket hingegen könen Reklamationen zum Alptraum werden. Die "Abfertigung" erfolgt gewollt sehr schleppend, und dem Kunden wird wo immer es geht unsachgemäße Behandlung und damit ungerechtfertigte Reklamation eingeredet. Erstattung des Kaufpreises geht gar nicht und Warengutscheine haben eine begrenzte Gültigkeit.
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Re: Reklamation einer mangelhaften Ware oder Dienstleistung

Beitrag von Miesepeter »

Hierzu ein interessanter Hinweis der Europäischen Verbraucher-Zentrale (EVZ) in Sachen Widerruf/Rücktritt vom Vertrag:
"6.7. Zahlungsverzug beim Widerruf in Spanien: Anspruch auf Zahlung des doppelten Erstattungsbetrags.
Der spanische Gesetzgeber hat aufgrund der in Spanien weit verbreiteten Zahlungssäumnis drastische Maßnahmen ergriffen, um diese einzudämmen. So ist z.B. nach den Artikeln 76 und 107 des spanischen Verbraucherschutzgesetzes (konsolidierte Fassung vom 27. März 2014) der Verbraucher grundsätzlich dazu berechtigt den doppelten Erstattungsbetrag vom Unternehmer zu verlangen, wenn dieser die Rückzahlungsfrist von 14 Tagen ab Bekanntgabe des Widerrufs nicht einhält."
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Re: Reklamation einer mangelhaften Ware oder Dienstleistung

Beitrag von haSienda »

Gerne möchte ich noch etwas zu den "Hojas de reclamacion" ergänzen:

Im IMED-Krankenhaus war ich das erste und bisher einzige Mal so weit, dass ich mich offiziell beschweren wollte...und erkundigte mich bei der Direktion nach ebendiesen "Hojas".
Ich erhielt jedoch "selbstgemachte" Hojas vom IMED...
Diese dienten wohl offenbar dazu dass eben kein offizielles Hoja genutzt wurde sondern der Fall "intern" geregelt wird.
Ich vermute, dass das den wenigsten Reklamierenden auffällt...

Wie sehr mich diese gefakten Hojas erzürnten, ahnt jeder, der mich nur ein wenig kennt...

Gruss
Derek
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Re: Reklamation einer mangelhaften Ware oder Dienstleistung

Beitrag von Miesepeter »

Wer sich wie wann und wo in Sachen privates Gesundheitswesen beschweren kann und auch soll steht hier in alllen Einzelheiten: https://www.gva.es/es/inicio/procedimie ... c=2139#p_0. Die "Fake" Vordrucke sind ein alter und sehr weit verbreiteter Trick. Es sollten immer die "offiziellen" Vordrucke verlangt werden, deren Verweigerung eine Ordnungswidrigkeit darstellt und verfolgt wird. Außerdem sollte für eine Beschwerde ein gravierender Nachteil entstanden sein und geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer wird nämlich zu einer Anhörung vorgeladen, in der er seine Beschwerde und evtl. Schadenersatzforderung näher begründen kann und auch soll. Auch die Gegenseite, soweit erschienen, wird angehört. Der Schiedsspruch ist in sich nicht zwangsvollsteckbar und läßt den Weg in die ordentliche Gerichtsbarkeit offen. Meine Erfahrung ist jedoch, daß letzteres nur in de seltensten Fällen erforderlich ist.
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Re: Reklamation einer mangelhaften Ware oder Dienstleistung

Beitrag von Miesepeter »

Um beim Thema zu bleiben, hier noch das Vorgehen bei Beschwerden in der öffentlichen Gesundheit. Hier sind die Verbraucherschützer nämlich gar nicht zuständig. Man hat sich an den zuständigen "Inspector" zu wenden, was meistens gar nicht so einfach ist, denn er ist entweder verhindert, in einem wichtigen Termin oder gar nicht da und auch nicht erreichbar. Es erfordet viel Zeit und noch mehr Geduld sowie unendliche Ausdauer, etwas zu erreichen. Teilweise ist ein Gang zum Vorgesetzten, der aber auch verhindert usw. usw. Erreichen kann man unterm Strich wenig oder sehr wenig, und in ganz schweren Fällen (Tod im Waertesaal u,ä.) sind die Medien erfolgreicher.
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