Alt ?

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Tina31
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Re: Alt ?

Beitrag von Tina31 »

Ihr Lieben,

wie manche von euch wissen, ist mir das Thema Tod und Sterben derzeit sehr nahe. Wir begleiten unseren Labbi Simba im Moment auf seinem letzten Weg. Natürlich nimmt dies viel Zeit in Anspruch, aber es gehen einem dabei auch viele Gedanken durch den Kopf. Es gibt in unserem Umfeld viele Menschen, die das wie wir sehen, genauso gibt es aber auch Meldungen, die der Meinung sind, wir sollten das alles schnellstens beenden und Simba erlösen. Ich habe über beide Möglichkeiten nachgedacht und dann aufgeschrieben, was mir dazu im Kopf herum geht und mich bewegt. Nur zur Info, Simba ist schwach und schläft viel. Schmerzen hat er keine. Wenn er welche haben sollte, würden wir reagieren.
.......
Gedanken in einer Ausnahmesituation:

Sterben - Was ist Sterben?

Google sagt: „Sterben ist das Erlöschen von Organfunktionen“; „Aufhören zu leben“; Der letzte Atemzug“; „Die Nulllinie“ und einiges andere mehr.

Für viele Menschen ist das Wort „Sterben“ ein Grund zusammenzuzucken, wegzuschauen und schnell das Thema zu wechseln.

Für mich ist Sterben ein Prozess. Er gehört zum Leben genauso dazu, wie die Geburt. Ich will noch nicht sterben, ich möchte noch viele Dinge erleben und sehen, möchte lieben, möchte mich freuen, möchte Trauer empfinden ... aber Angst vor dem Sterben habe ich nicht.

Das ist so, seit ich vor fast 20 Jahren zuerst meinen Vater und ein Jahr später meine Mutter in den Tod begleitet habe. Besonders den Sterbeprozess meines Papas habe ich nicht als schrecklich, sondern als wunderschön und energiereich erlebt. Natürlich mit viel Trauer und Tränen aber gleichzeitig auch mit viel Liebe und Nähe. Bei meiner Mama war es etwas anderes. Sie hatte durch ihre Krankheit Schmerzen und war sediert, dabei hätte sie sich so sehr einen Abschied gewünscht, wie sie ihn ihrem Mann ermöglicht hat.

Nun steht unser Labrador Simba genau an dieser Stelle und wir sollten letzte Woche beim Tierarzt eine Entscheidung treffen. Dort gab es für uns die Wahl: Jetzt „erlösen“, oder noch warten, ob die Spritzen Besserung bringen. Eine andere Wahl stand in dem Moment überhaupt nicht im Raum und für mich war es so selbstverständlich, dass ich nach den heftigen, vergangenen Tagen und Nächten schon drauf und dran war zu sagen „Bitte jetzt gleich!“. Ich fragte den Arzt noch, welche Medikamente er für die Euthanasie einsetzen würde und als er T61 vorzeigte, versuchte ich ihm zu erklären, dass ich das auf gar keinen Fall will. Worauf er mir erklärte, dass es Standard ist, er aber auch gerne etwas anderes heraussuchen würde. In dem Moment stand Simba in der Praxis auf und lief herum, als hätte er nie Probleme gehabt. Der Tierarzt war erfreut und sagte, „Seht her, es geht ihm schon viel besser, lass uns doch noch etwas warten und mit der Therapie weiter machen“. Wir gingen mit Simba aus der Praxis und kaum waren wir auf der Straße, brach er zusammen und konnte keinen Meter mehr laufen. Wir mussten ihn zum Auto tragen. Ab dem Moment hat er nicht mehr gefressen oder getrunken und ab dem Moment war uns auch klar, auf keinen Fall werden wir die Euthanasie wählen.

Was ist Euthanasie?
Ohne jetzt auf die unterschiedlichen Medikamente einzugehen, das würde zu weit führen,
Euthanasie bedeutet „guter Tod“. Aber wer bestimmt denn, was ein „guter Tod“ ist? Betroffene wohl eher nicht, oder ist schon Mal jemand zurückgekommen, der gesagt hat, "Ich wäre lieber anders gestorben? Das nächste Mal hätte ich dann bitte gerne den guten Tod." ?

Auf jeden Fall aber bedeutet Euthanasie für die begleitenden Menschen weniger Zeitaufwand, weniger emotionale Belastung, zumindest kürzer, weniger durchwachte Nächte, weniger Pipi-(etc.)unfälle im Haus, weniger Rückenschmerzen vom Tragen, alles würde schneller gehen und weniger beschwerlich sein. Diesen Weg zu gehen würde ich nie verurteilen, denn natürlich gibt es Situationen, in denen man nicht anders entscheiden kann! Große Schmerzen, ein Unfall und natürlich kann es auch sein, dass man nicht die zeitlichen Möglichkeiten hat, sich vielleicht die Sterbebegleitung psychisch und/oder körperlich nicht zutraut oder auch einfach schlicht nicht in der Lage dazu ist.

Aber ist es auch für das sterbende Tier erstrebenswert? Das kann niemand mit Sicherheit beantworten, das Gegenteil allerdings ebenfalls nicht.

Ich habe dazu folgende Gedanken: Das Leben beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod. Immer! Die natürliche Geburt ist gigantisch, energiegeladen, eine Ausnahmesituation, Naturgewalt auf höchster Ebene und bestimmt finden sich noch unendlich viele weitere Superlativen. Auf jeden Fall ist es aber ein Wunder, sie erleben zu dürfen. Niemand würde mir da widersprechen. Und wenn es beim Sterben genau so ist? Ich spreche von einer natürlichen, komplikationslosen Geburt und von einem ebensolchen Sterben. Niemand käme auf die Idee, bei einer Geburt das Kind zu sedieren... damit es nicht so leiden muss. Was das Baby kurz vor seiner Geburt fühlt, wissen wir genauso wenig, wie wir wissen, wie es einem Sterbenden kurz vor seinem Tod geht. Also warum meinen wir, das Tier erlösen zu müssen? Von was erlösen? Wenn es keine unsäglichen Schmerzen hat, von was denn dann?

Vielleicht ist es für die Seele wichtig, diesen Weg von Anfang bis zum Ende zu beschreiten?

Das sind die Dinge, die mich im Moment bewegen. Simba lebt noch, wird aber von Tag zu Tag schwächer. In den wenigen wachen Momenten sucht er den Augenkontakt oder schaut durch das Fenster. Ansonsten schläft er viel, oft in unseren Armen. Manchmal ist er unruhig, dann beruhigen wir ihn. Wir reden mit ihm, ich singe und lese ihm vor. Nachts liege ich auf dem Boden neben seinem Platz und kuschele mit ihm. Wir erzählen ihm immer und immer wieder, dass er gehen darf. Wir wechseln Windeln, putzen Pipi weg. Einen Tag-/Nachtrhythmus gib es nicht mehr. Ein anderes Leben findet im Moment nur sehr reduziert statt. Wir sind 24h damit beschäftigt, ihm Halt zu geben in der Hoffnung, dass wir seine Signale richtig verstehen.
Natürlich kamen in der Zwischenzeit auch immer wieder kurze Zweifel auf. Auch, weil uns auf unterschiedlichen Kanälen eindringlich geraten wurde, dem ein Ende zu bereiten. Ja, jeder darf seine Meinung zu diesem Thema haben!

Jemand, auf dessen Worte ich sehr viel Wert lege, hat mir daraufhin gesagt, dass wir alles richtig machen, es aber immer Menschen geben wird, die das nicht verstehen werden, weil für sie Tod, Leiden und Trauer Themen sind, die sie nicht ertragen können. Nun habe ich mich entschlossen, meine Gedanken in Worte zu fassen denn bei jedem Satz, den ich geschrieben habe, wurde mir klarer, dass es genau so richtig ist, wie es ist.

:x
Liebe Grüße Tina

*** Wenn du etwas haben willst, das du noch nie gehabt hast, dann musst du etwas tun, was du noch nie getan hast ***
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Re: Alt ?

Beitrag von nixwielos »

Dein letzter Satz, liebe Bettina, ist genau die Quintessenz, auf die auch ich gekommen wäre bzw. bin.

Viel Kraft auf dem Weg, den Ihr momentan geht, wünschen wir Euch von ganzem Herzen!
Viele Grüße von Nicole und Stefan!
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Re: Alt ?

Beitrag von Oliva B. »

Liebe Tina,

ihr habt eine gute Entscheidung getroffen, die - wie du schreibst - wohl anders aussähe, wenn Simba leiden müsste. Ich wünsche euch weiterhin viel Kraft, euren treuen Labrador auf seinem letzten Weg zu begleiten.
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Frambuesa
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Re: Alt ?

Beitrag von Frambuesa »

Tina31 hat geschrieben: Di 29. Jan 2019, 19:45 . . .denn bei jedem Satz, den ich geschrieben habe, wurde mir klarer, dass es genau so richtig ist, wie es ist.
Liebe Tina,
alles, was du niedergeschrieben hast, entspringt gründlicher und empathischer Gedanken und auch ich sehe im letzten Satz die Antwort auf alle Zweifel. Wenn du/ihr damit im Reinen seid, ist es richtig.

Wünsche euch viel Kraft.
Saludos Frambuesa
————————————————————————
Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom.
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Re: Alt ?

Beitrag von Florecilla »

Liebe Bettina,

es ist genau so richtig, wie ihr es macht! Mag sein, dass man das anders sehen kann, aber das ist EUER Weg. Niemand anders kann den für euch gehen und deine Gedanken zu Geburt, Leben und Tod lassen für EUCH und SIMBA nur diesen Weg zu.

Weiterhin viel Kraft euch Dreien >:d<
Saludos,
Florecilla (Margit)


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Re: Alt ?

Beitrag von brigittekoslowski »

Hallo,Wir haben es genauso gemacht,es st der richtige Weg und trotzdem überwiegt hinterher die Trauer und der Zweifel-Viel Kraft für euch Beide
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Citronella
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Re: Alt ?

Beitrag von Citronella »

Liebe Bettina,

lass dich nicht beirren - wenn es sich für euch richtig anfühlt, dann geht diesen Weg. Ihr kennt euch und Simba am Besten!

Ich finde eure Entscheidung gut >:d< denn du machst dir viele Gedanken und hakst nicht einfach ab.

Alles Gute
Citronella
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hundetraudl
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Re: Alt ?

Beitrag von hundetraudl »

Liebe Tina
Wir mussten unsere Hunde alle einschläfern lassen , weil sie sonst gelitten ( Schmerzen) gehabt hätten und der Tierarzt und wir fanden es humaner, sie von den Schmerzen zu erlösen. Wenn dies bei euch nicht der Fall ist, dann würde ich mich auch für die natürliche Methode entscheiden. :x Wie sind in Gedanken bei euch, denn dies ist eine schwere Zeit.
Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt. (Ringelnatz)
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Kristin
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Re: Alt ?

Beitrag von Kristin »

Ein interessantes Thema. Ich habe jahrelang in einem Hospiz gearbeitet, aber auch alte Menschen in Krankenhäusern, Heimen und bei ihnen zuhause besucht. Echte Furcht vor dem Alter/Sterben und Todesangst habe ich nur bei sämtlichen Religiösen gesehen. Am schlimmsten war der Todeskampf der sog. Atheisten; und der Atheismus ist ja bekanntlich die verlogenste aller Weltreligionen. Es ist verständlich, daß diese Leute nackte Angst vor dem Altwerden und dem Tod haben, denn sie wissen sehr genau, was ihnen nach dem Tod blüht.

Hingegen habe ich bei keinem einzigen wiedergeborenen Christen auch nur einen Hauch von Furcht gesehen, sondern im Gegenteil Vorfreude, und in den allermeisten Fällen ein Strahlen in den Augen. Ist auch nicht weiter verwunderlich, denn echte Christen haben keine Religion.
Saludos
Kirsten
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Mausifan
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Re: Alt ?

Beitrag von Mausifan »

Kristin hat geschrieben: Fr 1. Feb 2019, 06:40der Atheismus ist ja bekanntlich die verlogenste aller Weltreligionen.

Kristin hat geschrieben: Fr 1. Feb 2019, 06:40denn echte Christen haben keine Religion.
Kristin hat geschrieben: Fr 1. Feb 2019, 06:40wiedergeborenen Christen

Dein Post habe ich mehrmals gelesen und nicht verstanden. Für mich ist hier Erklärungsbedarf.
Bitte Kirsten.
Zeit ist eine Illusion die das Bewusstsein erfunden hat um die Realität zu verstehen.
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