Josefine hat geschrieben: ↑Mo 8. Okt 2018, 19:04
Auszüge der Postings von Oliva und Citronella:
… das heißt, Kinder müssen ihr darüber liegendes Einkommen oder ihr Erspartes opfern. Im Klartext: Der Staat bestraft alle, die durch eigene Arbeit Werte geschaffen haben und belohnt diejenigen, die ihr Geld mit vollen Händen verprasst haben.
Und ja, es ärgert mich auch, dass derjenige mal wieder der Dumme ist, der sein Leben lang hart gearbeitet und gespart hat!
Betrachten wir es mal von der anderen Seite:
Mein Papa (Witwer) ist fast 90 Jahre alt geworden und hat die letzten Jahre im Pflegeheim verbracht. Im letzten Jahr ist er verstorben.
Mein Bruder und ich waren froh, dass unsere Eltern nicht ihr ganzes erspartes Geld verprasst hatten. Geerbt hatten sie nie etwas. So konnte aus seinen Ersparnissen das Pflegeheim bezahlt werden. Sein Geld hätte noch ca. 1 Jahr länger gereicht, danach wären wir Kinder dran gewesen. Aber das wäre für mich und meinen Bruder eine Selbstverständlichkeit gewesen, den vorgesehenen Betrag für den Rest seines Lebens zu bezahlen. Dann hätten wir uns selbst etwas eingeschränkt, z.B. eine Urlaubsreise weniger.
Es ist ein schwieriges Thema. Man weiß halt nicht, was das Alter noch mit sich bringt, ob man ein Pflegefall wird oder nicht.
@ Josefine
Ich betrachte deinen Beitrag von einer ganz anderen Warte. Meine Großmütter sind beide alt geworden, obwohl sie beide Weltkriege erlebt haben (mit 93 und 103 Jahren), bei der einen reichte die Rente gerade noch, die andere kam in ein Pflegeheim, da meine Mutter, selbst schon längst Rentnerin, sie nicht mehr pflegen konnte. NACH dem Tod meine Oma verlangte das Sozialamt 14.000 € von meiner Mutter...
Unsere Mütter (z. Zt. 92 und gut 98 Jahre alt), erfreuen sich bester Gesundheit. Beide hatten für ihr Alter sehr gut vorgesorgt (haben also genauso wenig wie dein Vater mit ihrem Geld geprasst), aber dieses hohe Alter haben sie selbst nicht erwartet. Damit geht es ihnen wie vielen Frauen, und selbst eine gute Rente reicht (wenn das angesparte Vermögen aufgebraucht ist) nicht mehr für die hohen Pflegekosten im Heim aus.
Bei deinem Vater hat es gereicht. Aber stell dir mal vor, du musst als Ehepaar für 2 oder sogar 4 Pflegebedürftige sorgen (auch das ist keine Utopie, denn es ist möglich, dass Eltern und Schwiegereltern sehr alt werden und allein bedingt dadurch Pflege brauchen).
Dann kann sich jeder selbst ausrechnen, was
pro Patient auf ihn zukommt:
- 4.465,35 Euro Heimkosten (siehe Rechenbeispiel NRW weiter oben)
- -1.775,00 Euro Pflegekasse
- 2.690,35 Euro Pflegedefizit.
Dieses Defizit muss der Patient von seiner Rente oder eigenen Vermögenswerten finanzieren. Ist er nicht dazu imstande, holt sich das Heim den Fehlbetrag von seinen Nachkommen - oder wenn dort nichts zu holen ist- von der Sozialkasse.
Ein pflegebedürftiges Ehepaar muss in NRW schon 5.400 € mtl. dazutun, um das Pflegeheim bezahlen zu können!
Wenn Eltern alt werden und keine sehr hohe Rente haben, bedeutet das für die Nachkommen oftmals nicht mehr nur (Zitat) "eine Urlaubsreise weniger" (je nachdem, wie viele Kinder sich an den Pflegekosten beteiligen [können], denn alles, was bei Ledigen über 1.800 € Nettoeinkommen und bei Ehepaaren über 3.240 Euro mtl. hinausgeht, muss für die Pflege der Eltern aufgebracht werden. Da muss man schon sparen, um sich EINEN schönen Urlaub leisten zu können.
Und genau bei dem Punkt fängt nach
meinem Empfinden die soziale Ungerechtigkeit an:
- Haben die Nachkommen sich von ihrem Verdienst ein schönes Leben gemacht, also kein "Vermögen" geschaffen, brauchen sie nicht für ihre pflegebedürftigen Eltern aufkommen, wenn ihr Gesamteinkommen max. 3.240 Euro mtl. beträgt.
- Sobald die Nachkommen etwas gespart haben (eigene Altersvorsorge darf nicht angetastet werden), wird sie das Sozialamt zur Kasse bitten. Sie müssen für die Pflege ihrer Eltern (ausgenommen ist das Schonvermögen) z. Teil aufkommen.
- Auch die Zahl der Kinder spielt eine Rolle: Ob das Pflegedefizit nun von einem Einzelkind aufgebracht werden muss, oder ob sich das Kind die elterliche Pflege mit anderen Geschwistern teilen kann, spielt eine nicht unerhebliche Rolle.
- Haben die Eltern Werte geschaffen, müssen sie diese aufbrauchen, um ihre Pflege zu bezahlen. Da denken doch viele Erwerbstätige, warum soll ich etwas sparen, wenn es mir nachher wieder abgenommen wird? Ich mache mir lieber jetzt ein schönes Leben, letztendlich sorgt immer jemand für mich (Staat oder Nachkommen).
- Und wer keine Nachkommen hat, kann seelenruhig alles verprassen , denn Kinderlose werden immer von der sozialen Hängematte aufgefangen.
Um nicht missverstanden zu werden:
Ich freue mich, dass es unseren Müttern so gut geht und sie sich in ihrem Pflegeheim ( beide sind in demselben) gut aufgehoben fühlen. Ich wünsche, dass es noch lange so bleibt und wir später vielleicht genauso empfinden.
Ich freue mich auch darüber, dass jeder in unserem Staat, der Pflege im Alter braucht, diese auch erfährt.
Eltern wollen ihren Kindern im Altern nie auf der Tasche liegen, aber selbst größere Vermögen schmelzen bei geringer Rente durch die hohen Pflegekosten rapide.
Jeder kann überschlagen, ob er von seiner Rente später ein Pflegeheim bezahlen könnte. Und wenn nicht, mal ganz ehrlich, ist es dann noch ein Wunder, dass viele alte Menschen, die mit ihrer kleinen Rente auch ohne Pflegeheimkosten kaum über die Runden kommen, über ein selbst bestimmtes Ende nachdenken?