Geisterurbanisationen

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Oliva B.
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Geisterurbanisationen

Beitrag von Oliva B. »

Geisterstädte wie die Residencial Francisco Hernando bei Madrid gibt es auch an der Cosa Blanca - natürlich nicht so groß, nicht so spektakulär, aber genauso erschreckend. Hier wurden über den Bedarf zu völlig unrealistischen Preisen Urbanisationen errichtet. Ich frage mich, was Menschen empfinden, die während des Immobilienbooms voller Enthusiasmus eines der ersten Grundstück in einer geplanten Urbanisation gekauft haben, mit dem Gefühl, sich das schönste ausgesucht zu haben. Den jahrelangen Baulärm um sich herum mussten sie im Vorfeld einplanen, aber nicht, dass sie eines Tages allein auf weiter Flur wohnen würden.
Fertige Skelettbauten, kaum bewohnt.
Fertige Skelettbauten, kaum bewohnt.
Zu Beginn ließ die schnell errichtete Infrastruktur Besuchern den Mund vor Staunen offen stehen: Da sah man pompöse Palmenalleen mit modernen Laternen und breiten Bürgersteinen, an denen sich die Stromkästen in regelmäßigen Abständen reihten. Das mobile Immobilienbüro des Promotors am Rande der neuen Urbanisation, mit Stapeln von Prospekten der Musterhäuser auf dem Bürotisch, ließ die Herzen der potentiellen Käufer höher schlagen:
weißes Haus im Süden.JPG
Der Traum von einem weißen Chalet unter südlicher Sonne rückte in greifbare Nähe, und schließlich ist Spanien genauso schön wie Florida - nur schneller zu erreichen.
Vor Jahren angefangen, doch nie beendet.
Vor Jahren angefangen, doch nie beendet.
Im Dutzend wird's billiger - für den Unternehmer.
Im Dutzend wird's billiger - für den Unternehmer.
Auch hier fehlen die Käufer oder Mieter.
Auch hier fehlen die Käufer oder Mieter.
Wer damals zu völlig überhöhten Preisen zugeschlagen hatte, muss frustriert sein. Heute stehen viele Traumhäuser versteckt hinter hohen Mauern, und die Angst der Bewohner drückt sich in Mauerkronen aus Stacheldraht oder Glasscherben aus.
DSC_0213 Stacheldraht Mauer.JPG
Vor den Neubauruinen in der Nachbarschaft wurden Schilder mit der Aufschrift „se vende“, „for sale“ oder „zu verkaufen“ in den trockenen Boden gerammt - Müll und Abfall türmen sich auf freien Baugrundstücken, auf denen sich allenfalls Ratten wohl fühlen,
DSC_0515 Müllberge.JPG
Baumaterialien verwittern auf Halde.
Baumaterialien verwittern auf Halde.
das Unkraut hat sich die Gehwege zurückerobert, auf den Straßen muss wegen der neu entstandenen Schlaglöcher aufgepasst werden,
Zeichen des Verfalls.
Zeichen des Verfalls.
Stromkasten.JPG
die Stromkästen sind längst geplündert und die Ladenzeilen für Supermarkt, Apotheke und Restaurants stehen leer, die versprochenen Freizeitanlagen wurden erst gar nicht gebaut.
zugemauerte Ladenlokale
zugemauerte Ladenlokale
Aber mitten drin da sitzt es nun, das Opfer ungezügelter Bauwut und enttäuschter Erwartungen, dessen Traum vom Süden genauso zerplatzt ist wie die Immobilienblase des spanischen Wirtschaftswunders.
leer stehende Häuser
leer stehende Häuser
Fast fertiggestellte Urbanisation im meernahen Hinterland - auf Stelzen.
Fast fertiggestellte Urbanisation im meernahen Hinterland - auf Stelzen.
Die an den Hang geklatschten Häuser gleichen Niveauunterschiede des Grundstücks aus, den Architekten sei Dank.
Die an den Hang geklatschten Häuser gleichen Niveauunterschiede des Grundstücks aus, den Architekten sei Dank.
Wer möchte da als Erster wohnen?
Wer möchte da als Erster wohnen?
Glück hat, wer wenigstens in einer halbwegs fertigen Urbanisation wohnt und keine Baumängel zu beklagen hat, denn das ganze Ersparte ging oft für den Traum im Süden drauf. Den Bauträger kann man nicht mehr belangen und die noch nie bewohnten Nachbarhäuser sind dem Verfall preisgegeben. Ab und zu entdeckt man noch ein bewohntes Haus, das man anhand der Satellitenschüssel und der Klimaanlage ausmachen kann.
DSC_0142 Schüssel und Klima.JPG
Die Freude über dem schönen, unverbauten Meerblick ist den Hausbesitzern in ihren Festungen längst vergangen…

Die Betroffenen leiden unter ihrer Fehlinvestition, deshalb verzichte ich auf die namentliche Nennung dieser Geisterurbanisationen und ihrer Lage, erwähnen kann ich dagegen die Urbanisation Bellarotja in Pego.
Einfahrt Bellarotja
Einfahrt Bellarotja
Nicht weit von Dénia entfernt sollten dort einstmals 1175 Einfamilienhäuser, Duplexhäuser und Appartements im mediterranen Stil mit Meerblick entstehen,
Blick vom oben übers Tal bis hin zum Meer.
Blick vom oben übers Tal bis hin zum Meer.
eins von vielen Projekten des Immobilien-Konzerns Martinsa-Fadesa, der 2008 Bankrott gemacht hat und landesweit tausende unfertiger, aber bereits verkaufter Gebäude zurück gelassen hat. Das Gelände ist abgeriegelt, dort wohnt niemand, aber die Landschaft - ein markanter und schon von Weitem sichtbarer Berg - wurde wohl für immer (?) durch Bauruinen verschandelt.
Bellarotja
Bellarotja
Zuletzt geändert von CBF-Team am Fr 19. Jul 2019, 21:40, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Titel gekürzt
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Luna
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Re: Geisterurbanisationen an der Costa Blanca

Beitrag von Luna »

Hallo Oliva,

ich frage mich, was sind das für Leute, die in solchen Schwalbennestern wohnen möchten? Entsetzlich, wie die Umgebung "verschandelt" wurde. Diese Umweltsünden können nie mehr gut gemacht werden! Man sieht ja in Calpe, welche Geisterstädte da gebaut wurden.
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Re: Geisterurbanisationen an der Costa Blanca

Beitrag von rainer »

Schlimm ist auch, was man dem Landschaftsbild teilweise angetan hat und die Anziehungskraft der jeweiligen Gegend damit insgesamt für immer zerstört hat. Wer will denn da noch hin? Immer das gleiche, sehr markante Gebilde hundert mal und mehr hintereinandergesetzt, das erinnert an den Film "Matrix" und der Anblick tut einfach nur noch weh, selbst wo es nicht mal mehr Bauruinen sind, sondern fertiggestellt (aber meistens leerstehend).
Benijof.jpg
13-04-11_1046.jpg
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Luna
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Re: Geisterurbanisationen an der Costa Blanca

Beitrag von Luna »

rainer hat geschrieben:Schlimm ist auch, was man dem Landschaftsbild teilweise angetan hat und die Anziehungskraft der jeweiligen Gegend damit insgesamt für immer zerstört hat. Wer will denn da noch hin? Immer das gleiche, sehr markante Gebilde hundert mal und mehr hintereinandergesetzt, das erinnert an den Film "Matrix" und der Anblick tut einfach nur noch weh, selbst wo es nicht mal mehr Bauruinen sind, sondern fertiggestellt (aber meistens leerstehend).
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Rainer, wenn man da einmal ein Gläschen "zuviel" hat, weiss man nicht mehr, welcher Eingang sein eigener ist.

Gruß Luna
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Oliva B.
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Re: Geisterurbanisationen an der Costa Blanca

Beitrag von Oliva B. »

Luna hat geschrieben: Rainer, wenn man da einmal ein Gläschen "zuviel" hat, weiss man nicht mehr, welcher Eingang sein eigener ist.

Gruß Luna
Genau dasselbe sagt mein Olivo auch immer. :lol:

Das kann einem auch hier passieren. Das ist die Urbanizacion Monte Pedreguer/Gata residencial mit ihren "charakteristischen" Kaminen.
charakteristische Kamine - mit Tele
charakteristische Kamine - mit Tele

Achtet bitte mal auf die bereits erwähnten Schornsteine auf den Bildern, die werdet ihr gleich in den Links wieder sehen:
Makrourbanisation Monte Pedreguer/Gata residencial
Makrourbanisation Monte Pedreguer/Gata residencial
Blick von Gata de Gorgos
Blick von Gata de Gorgos
Die frei stehenden Häuser der Urbanisation sehen doch noch richtig nach Urlaubslaune aus. Da kostet ein Chalet mit 200 qm Grundfläche (wobei immer noch die Mauern eingerechnet werden) auf einem Grundstück von spacken 600 qm 3 Zimmer, 3 Badezimmer, 2geschossig) immer noch 350.000 Euronen.
Vor der Krise hat das freistehende Haus noch 415.000 Euro gekostet. Mit Panoramablick aufs (neeneenee, nicht was ihr jetzt denkt...), also nicht aufs Meer, sondern auf die Berge, 6 Jahre alt, Sicherheitsdoppelglas, Zentralheizung und vorinstallierte Klimaananlage, Pool und, jetzt kommt der Clou - tatatata: es hat ausgezeichnete Vermietungsmöglichkeiten. :roll: Ein Schnäppchenpreis für eine „Luxusvilla“. Die Wände wurden übrigens nicht gemauert , sondern wurden verschalt und mit Beton vollgegossen worden. Meiner Meinung nach ist der heutige Preis immer noch reichlich überzogen.

Es geht aber auch preisgünstiger. Für den schmaleren Geldbeutel gibt es eine Oferta mit einer Grundfläche von 140 qm (ohne Mauern, also Nutzfläche 109 qm) für schlappe 130.000 € (früher 160.000 €), 3 Zimmer und 2 Badezimmer, man kann es aber auch abbezahlen (die Banken wollen von ihrem Überhang runter kommen) für ca. 400 Euro im Monat. Selbst mieten ist teurer. Die Villa hat Südblick, ist im guten Zustand - und ein Gemeinschaftspool ist in der Nähe. Ich glaube auch das ist kein Schnäppchen.... :roll:
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Re: Geisterurbanisationen an der Costa Blanca

Beitrag von Florecilla »

Oliva B. hat geschrieben: Mit Panoramablick aufs (neeneenee, nicht was ihr jetzt denkt...), also nicht aufs Meer, sondern auf die Berge,
... und auf der anderen Seite die Autobahn :roll:
Saludos,
Florecilla (Margit)


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Re: Geisterurbanisationen an der Costa Blanca

Beitrag von Cozumel »

Luna hat geschrieben:Hallo Oliva,

ich frage mich, was sind das für Leute, die in solchen Schwalbennestern wohnen möchten? Entsetzlich, wie die Umgebung "verschandelt" wurde. Diese Umweltsünden können nie mehr gut gemacht werden! Man sieht ja in Calpe, welche Geisterstädte da gebaut wurden.

Hallo Luna, wo in Calpe sollen denn die Geisterurbanisationen sein?
So gut kenne ich mich anscheinend doch noch nicht aus. :-o
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Re: Geisterurbanisationen an der Costa Blanca

Beitrag von baufred »

... na, da sind wir ja in unserem "Wohnteppich" La Marina noch gut dran.
Für den Bebauungsbereich des ersten Bauträgers gab es allein für die standardisierten Grundstücksgröße der "Einstiegsklasse" von 200 m² 3 Haustypen zur Auswahl - je nach Budget - was natürlich trotz der Einheitsfarbe "saharagelb" für gewisse Abwechslung in den Häuserreihen sorgte.
Ein Übriges brachten dann noch die individuellen Terrassenanbauten und sonstige Erweiterungen. Heute nach 20 Jahren mit sehr abwechslungsreicher Bepflanzung der Vorgärten und der Zaun- und Eingangsgestaltung sieht es jetzt schon wieder ganz reizvoll aus. 8-) .

Saludos -- baufred --
Saludos -- baufred --
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Oliva B.
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Re: Geisterurbanisationen an der Costa Blanca

Beitrag von Oliva B. »

Die Firma Vapf war wohl die erste, die 1963 begann, Urbanisationen für Ausländer in der Marina Alta zu bauen. Damals wurden die Interessenten für wenig Geld für ein Wochenende angelockt, direkt nach Ankunft mit dem Flugzeug wurde ihnen die Gegend gezeigt, sie wurden bewirtet, amüsiert und rundum betreut und die meisten von ihnen flogen mit einem unterschriebenen Vertrag für ein Haus in der Tasche in die Heimat zurück. Die einen kauften auf Kaffeefahrten Heizdecken, die anderen Häuser. Die Preise waren für heutige Verhältnisse lachhaft gering, doch in den 70er Jahren konnten sich nur gut Betuchte ein Häuschen im Süden verwirklichen. Und das nicht ohne Risiko, denn noch war Franco an der Macht. Die Ferienhauskäufer konnten damals nur zwischen wenigen Haustypen - je nach Geldbeutel und Bedarf - auswählen. Der Renner war damals das Modell „Saturn“, das man so oder in leicht veränderter Form heute noch in vielen alten Urbanisationen antrifft. Vapf hat damit einen mediterranen Baustil kreiert, der nichts mit den Häusern der Einheimischen zu tun hatte, aber einige Elemente übernahm wie z.B. die Dachformen und Riu-Raus. Heute baut Vapf weiter, z.B. auf der Cumbre del Sol, doch die Haustypen sind im Laufe der Jahre moderner geworden und die Modelle heißen Limnos, Portofino usw.
Früher gab es keine Einheitsbebauung und deshalb wirken die alten Urbanisationen auch nicht so monoton wie viele neue. Die Häuser auf den Fotos von Rainer sind - wenn man sie als Einzelhaus betrachtet - durchaus attraktiv, hässlich werden sie erst durch die uniforme Masse. Heutzutage sind die Grundstücke wegen der gestiegenen Preise oft nur noch so klein geschnitten, dass kaum noch Bepflanzung möglich ist (wichtiger ist der Pool im Garten) und deshalb wirken manche Urbanisationen auch noch nach vielen Jahren seltsam leblos.
Im Vordergrund steht natürlich der Preis. Für den Bauträger ist es wirtschaftlicher, einen gelungenen Prototyp zu klonen und aneinander zu reihen. Da können die Materialien im tausender Pack billiger bestellt werden, selbst wenn es sich um ausgefallene Extraanfertigungen handelt. Die Häuser wurden zum Schluss nicht erst nach Vertragsabschluss mit dem Bauherren gebaut, sondern auf Halde, in der Hoffnung, dass der Immobilienboom immer weiter anhält. Heute gehören diese unverkauften Häuser den Banken und verfallen langsam. Wer genügend Geld mitbringt, lässt auch in dieser Zeit nach eigenen Vorstellungen neu bauen.
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Oliva B.
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Re: Geisterurbanisationen an der Costa Blanca

Beitrag von Oliva B. »

Die Immobilienkrise stellt Spanien vor massive Probleme: Knapp 700.000 neugebaute Häuser und Wohnungen stehen leer. Vor allem an den Küsten und auf den Inseln suchen Makler verzweifelt nach Käufern.

Madrid - Am schlimmsten ist es an den Küsten, auf den Kanaren und auf den Balearen: Dort stehen die meisten Häuser leer. Aber auch im restlichen Land kämpft Spanien noch immer massiv mit den Folgen einer Immobilienkrise. Anschauliche Fotostrecke: spiegel-online.
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