Reise durch Gujarat (eher unbekannte Ecke Indiens)

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girasol
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Re: Reise durch Gujarat (eher unbekannte Ecke Indiens)

Beitrag von girasol »

@ ville: Vielen Dank für deinen spannenden Reisebericht und die vielen tollen Bilder. >:d< Du zeigst uns eine relativ fremde Welt und auch wenn ich in diesem Leben wahrscheinlich nicht mehr nach Indien kommen werde, lese ich deinen Bericht mit viel Interesse.

Gruß
girasol
Die Welt ist ein Buch und wer nicht reist, liest davon nur eine Seite.
Aurelius Augustinus
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Josefine
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Re: Reise durch Gujarat (eher unbekannte Ecke Indiens)

Beitrag von Josefine »

Deine Bilder sind einfach eine Wucht. Die prachtvollen Paläste, Tempel – fantastisch. =D>
Und dann erzählst Du es so interessant! Man fiebert schon nach der Fortsetzung.

Auch Deine Bilder von den Handwerkern (auf Seite 2) – der Schneider und der Mann am Töpfern!
Tolle Fotos! :)

Gruß
Josefine
Gruß Josefine :)
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ville
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Re: Reise durch Gujarat (eher unbekannte Ecke Indiens)

Beitrag von ville »

Weiter geht unsere Reise. Wir waren inzwischen in Ahmedabad, Baroda, Palitana und zuletzt Diu.

Junagadh

erreichen wir nach über 5 Std. Fahrt. Das Hotel Harmony soll direkt neben dem Busstand zu finden sein. Der Zugang direkt neben dem Busterminal ist total „versifft“, und wir können uns kaum vorstellen, in diesem Block ein Zimmer zu beziehen. Unsere Meinung ändert sich jedoch schnell, als wir das Hotel in der 2. Etage begutachten. Es ist blitzsauber, und wir bekommen ein nettes kleines Zimmer fast zum Spottpreis.

In der Hitze des Nachmittags machen wir unseren üblichen Rundgang. Im Hintergrund ragt unsere nächste Herausforderung in den Himmel: Der Mt Girnar.

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Hinter einer Mauer entdecken wir interessante Kuppeln. Der Eingang liegt versteckt um die Ecke. Ein Wächter sitzt vor einem Gittertor und lässt uns in das ummauerte Karree.

Es ist ein Friedhof mit Maqbaras (royal tombs), wunderschönen alten Grabstätten . Die architektonischen Meisterwerke werden offensichtlich kaum beachtet, und so wächst im wahrsten Sinn des Wortes Gras über die Sache.

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Die Stadt ist viel zu sehr mit dem ständigen Pilgerstrom zu den Tempeln auf den Girnar-Bergen beschäftigt, um sich mit potenziellen Ruinen zu beschäftigen.

Beim Gang durch die Gassen der Altstadt schlendern wir an vielen kleinen Läden und winzigen Handwerksbetrieben vorbei, in denen geschneidert, geschraubt, gebohrt, Holz, Leder und Metall bearbeitet, rasiert, gereinigt, poliert wird und vieles mehr. Die Leute sind freundlich und an uns interessiert wie fast überall. Wir an ihnen natürlich auch. Hier wird gerade eine Pfanne repariert:

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Im Salon.....

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Im Zentrum der Altstadt staunen wir über die mächtigen Palastmauern und Stadttore. Diese Stadt ist sehenswert, aber sie hat schon bessere Zeiten erlebt.

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Es gibt auch ein paar buddhistische Höhlen, die einst aus dem Felsen gemeißelt worden waren. Sie liegen am Rand der Altstadt. Wer allerdings zuvor Höhlentempel wie die von Ellora und Ajanta gesehen hat (und das haben wir,) ist nicht allzu beeindruckt von den recht einfachen Gehäusen.
Auf dem Weg zu einem Restaurant stoßen wir durch Zufall auf einen Umzug.

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Der farbenfrohe Zug wälzt sich durch ein beeindruckendes weiteres Stadttor mit einem Turm. Wir sehen traditionell bunt gekleidete Tänzer und Tänzerinnen, eine Kutsche, einen von Trägern transportierten Schrein, Reiter.

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Am nächsten Tag wollen wir wieder einen Berg erklimmen. Noch vor 6 Uhr lassen wir uns von einer Motor-Rikscha zum Fuß des Mount Girnar bringen, in Morgenkühle und Fahrtwind bibbernd. Es wird uns jedoch schnell warm, als wir uns mitten durch verschlafene Pilger, meist in Gruppen, sowie eine ganze Reihe von Trägern aufmachen, die angepeilten 5000 Stufen hinter uns zu bringen. So schrauben wir uns höher und höher, während die Stadt im Dunst hinter uns bleibt. Nach einer Stunde erreichen wir eine Tempelgruppe, steigen aber weiter.

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Es gibt hier im Gegensatz zum Aufstieg in Palitana einige Stellen, wo man Verpflegung und Wasser kaufen kann, aber wir haben alles dabei. Nach knapp 2 Std. stehen wir auf dem ersten von 3 Gipfeln des Girnar.
Vor uns der Weg durch einen Sattel zum 2. und dann ebenso zum 3. Gipfel.

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Auf allen 3 wurden seit vielen Jahrhunderten Tempel und Schreine der Jain sowie der Hindi errichtet, und es leben auch einige Anhänger von Sadhu-Sekten abseits des Hauptpfades am Berg.
Die Aussicht zurück in Richtung Junagadh und auf die hinter uns gelassene Tempelgruppe ist grandios. Auf einem Felsen packen wir unsere Verpflegung aus, genießen die Stille und den Ausblick, bevor wir uns auf den Weg nach unten machen.

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Auf die restlichen Stufen bis zur Gesamtzahl von 9999 haben wir gerne verzichtet, schauen uns dafür einige Jain-Tempel aus dem 12. Jh an mit Innenhöfen, Skulpturen-Wänden, Säulengängen und großartigen Steinmetz-Arbeiten.

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Im Schatten des Tempels rastet eine Familie. Wir nähern uns und machen "smalltalk". Der Junge scheint uns zu mögen.

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Der Rückweg fordert Konzentration, vor allem aber unsere Knie. Andere mühen sich auch mehr oder weniger:

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Seitlich des Pfads lauern Affen auf Abfälle oder potenzielles "Diebesgut". Der Kleine schaut sich das mit unschuldigen Augen an:

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Als wir später wieder am Ausgangspunkt der Tour ankommen, lassen wir uns glücklich auf die Bank eines Threewheelers fallen, der uns zum Hotel zurückbringt.

Diese Beiden liegen gerade in Ruhestellung, als ich ein Bild machen will. So muss ich sie überreden, liegen zu bleiben...

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Da sie Pause machen, fährt uns ein Anderer . Hier der Blickwinkel aus dem kleinen Gehäuse:

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Für heute gibt es kein Programm mehr !

Am folgenden Tag steht eine Besichtigung des Uparkot – Forts an, das in der Stadt auf einem Plateau im 3. Jh. erbaut wurde und eine lange Geschichte aufweist. Es war u.a. seit einer Reaktivierung im 10. Jh. insgesamt 16 mal belagert worden . Die Anlage hat beträchtliche Abmessungen und schließt sogar freigelegte buddhistische Höhlentempel mit ein.

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Beeindruckend sind 2 in den Fels gehauene Zisternen bzw. Stufenbrunnen. Bei dem einen, dem Adi Chadi Vav, führen 170 Stufen geradeaus nach unten und münden in einen mächtigen Kessel, wo einst das Grundwasser zusammenströmte. Heute sammeln sich Abfälle in der Brühe.

Nur wenige sind in der Mittagshitze auf Besichtigungstour. Im oberen Teil der Festung finden wir ein schattiges Wäldchen, in dem eine Familie Picknick macht. Eines der Kinder bringt uns ein paar selbstgemachte Süßigkeiten. Wir bedanken uns und reden ein Weilchen mit den Erwachsenen, während uns tatsächlich ein Wildschwein beobachtet und auf Essensreste lauert. Beim Verlassen der Festung stoßen wir auf ein altes "Muttchen", das bei Margot unbedingt den roten Punkt auf die Stirn tupfen will. Natürlich für einen nach unseren Vorstellungen winzigen Obolus. Ein Moslem mit den typischen gefärbten Haaren amüsiert sich.

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Es ist heiß geworden, und so ziehen wir uns irgendwann in die Stadt zurück mit ihren schattigen Gassen sowie passabler Gastronomie und auch einem Becher leckerer Cold Coffee Icecream, für uns bereits seit unserer 1. Indien-Reise 1978 der Inbegriff von kleinem Luxus in diesem Land. (Man musste nur wissen, wo man den Verzehr riskieren konnte)


Einen Tag später fahren wir per Bus eine kleine Strecke nach Norden, um danach keine allzu lange Etappe bei der Weiterfahrt nach Bhuj zu haben. So übernachten wir in Rajkot, eine im City-Bereich recht aufgeräumten Großstadt mit über 1 Mill. Einwohnern und einiger Industrie. Dass wir unseren obligatorischen Rundgang machen, versteht sich von selbst.
In touristischer Hinsicht gibt es hier nicht viel zu sehen, aber einen Blick in das ehemalige Haus des wohl bedeutendsten Bürgers der Stadt zu werfen, lassen wir uns nicht nehmen.

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Mahatma Gandhi lebte hier als Jugendlicher von 1876 bis 1888, bis er dann nach London ging, um zu studieren. Das elterliche Haus ist jetzt ein Museum mit beeindruckenden Zeugnissen aus dem Leben und Wirken dieses großartigen Erdenbürgers.


Am anderen Morgen klettern wir dann zum letzten Mal in einen Bus, um eine lange Etappe zurückzulegen. Die Fahrt verläuft reibungslos durch meist ödes Flachland oder vorbei an Salzwüsten. Ein Weilchen sehen wir auf der linken Seite auch große Verdunstungsbecken und Halden aus Salz, das hier in großen Mengen gewonnen wird.

Erst in der Nähe unseres Ziels verändert sich das Bild, und immer mehr Grün deutet auf das Vorhandensein von reichlich Wasser hin.

Nach insgesamt gut 6 Std. Fahrt erreichen wir Bhuj, die Hauptstadt von Kutch . Dieser größte Distrikt Gujarats grenzt an den Süden Pakistans. Bis Karachi sind es mal gerade 300 km Luftlinie.
.
„Die Welt ist ein Buch, und wer nicht reist, liest davon nicht eine einzige Seite.“
(wusste bereits Augustinus Aurelius, 354 – 430, Philosoph)
pichichi
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Re: Reise durch Gujarat (eher unbekannte Ecke Indiens)

Beitrag von pichichi »

unglaubliche Höhepunkte, hätte ich nicht gerade Südchina gebucht, würde ich in die nächste Emirates nach Mumbay steigen, um dir "nachzureisen"....übrigens, eine ähnliche verlassene Totenkultstätte haben wir etwas außerhalb von Jaisalmer besucht und dort ebenso über die Steinschneidekunst gestaunt

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sol
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Re: Reise durch Gujarat (eher unbekannte Ecke Indiens)

Beitrag von sol »

Alles BEEINDRUCKEND---

lieber ville
Gruss Wolfgang
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basi
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Re: Reise durch Gujarat (eher unbekannte Ecke Indiens)

Beitrag von basi »

Ein toller Bericht, leider kommt das Ende immer viel zu früh, da muss man glatt noch ein zweites oder drittes Mal lesen.
Ich warte schon gierig auf die Fortsetzung.
Vielen Dank.

LG
basi
ich verspreche nichts, und das halte ich auch
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Akinom
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Re: Reise durch Gujarat (eher unbekannte Ecke Indiens)

Beitrag von Akinom »

;-)

Ich bin sowas von beeindruckt - es ist fantastisch. Deine ausführlichen Erzählungen sind klasse - vielen Dank für dies Alles!

Eine Frage: wie ist es dort mit Diebstählen oder Belästigungen?

....und nun zu den viiielen Stufen - #:-s #:-s - das ist ja der Wahnsinn - erstmal wie die das gebaut haben(hatte ich noch nie gesehen) - und dann, ich könnte das niemals.
Wie hoch sind die einzelnen Etappen denn?

Ach und der süße Junge, >:d< so ein tolles Foto!

Mahatma Gandhi ist schon mit 12 Jahren zum studieren nach London - das ist ja schon extrem früh :-?

Freu mich auf die Fortsetzung ;-)
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ville
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Re: Reise durch Gujarat (eher unbekannte Ecke Indiens)

Beitrag von ville »

Bhuj, Hauptstadt der Provinz Kutch

http://de.wikipedia.org/wiki/Bhuj

Wir sind praktisch am Ziel unserer Reise, wollen hier ein Weilchen bleiben und Ausflüge machen. So rollen wir die Trolleys in einer Schleife durch die Gassen der Altstadt, ohne ein nennenswertes Hotel zu sichten.
Deshalb folgen wir einem Tipp aus dem Internet und lassen uns zu einem Hotel mit dem Namen KBN transportieren. Es sagt uns ebenso wenig zu wie das gegenüberliegende, viel zu teure Prince Hotel. Also lasse ich Margot mit dem Gepäck zurück und mache mich zu Fuß auf den Weg, um das Shiv Hotel zu suchen, im Trip Advisor empfohlen. Nach mehrmaligem Fragen finde ich das Hotel in einer Seitenstraße. Es scheint die richtige Wahl zu sein.
Mit einer (Motor-)Rikscha hole ich meine bessere Hälfte samt Gepäck ab, und so ziehen wir für die kommenden 6 Nächte ins Shiv ( in Anlehnung an Shiva : die ind. Gottheit steht für das Prinzip der Zerstörung als Bestandteil der „hinduistischen Trinität“ unter den drei Aspekten des Göttlichen zusammen mit Brahma, dem Schöpfer und Vishnu, dem Bewahrer .)

Während der Tage in Bhuj schauen wir uns natürlich die Stadt aus verschiedenen Blickwinkeln an.
Den Hamirsar Lake am Rand der Altstadt, an dessen Ufer sich abends reges Leben entwickelt, und wo sich schöne Sonnenuntergänge beobachten lassen.

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Den Pragmahal Palast im gotischen Stil aus der Mitte des 19.Jh, in dem die Herrscher von Bhuj zu Hause waren. Er wurde aus Sandstein und Marmor in italienisch-gotischem Stil erbaut und weist interessante Elemente auf wie z.B. korinthische Säulen und klassische Statuen. Ein Teil des Palastes wurde nach dem Erdbeben im Jahr 2001 restauriert.

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Wir klettern schwitzend auf den Turm, schauen argwöhnisch auf die Risse in der Struktur, die damals bei dem verheerenden Erdbeben entstanden. In Europa wäre das Bauwerk sicherlich gesperrt. Die Aussicht von hier oben auf Stadt und See ist lohnend.
Damals mussten rund 20000 Menschen ihr Leben lassen und Bhuj war weitgehend zerstört. Das Ausmaß der Zerstörung wird von hier oben vorstellbar , wenn man Palastbereiche auf der gegenüber liegenden Seite des Innenhofs sieht (rechte Bilder).

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Ein Bild der Trauer. Dies ebenso im teils restaurierten Bereich, in dem wir uns umschauen. Nur der große Saal

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und zwei Nebenräume zeugen von der einstigen Pracht, während in weiteren Räumen der teilweise abgebröckelte Putz von den Decken nie erneuert wurde und hier leider auch noch zahlreiche Tauben überall ihre weißen Exkremente hinterlassen.
Zu allem Übel war der Palast 2006 auch noch von Dieben geplündert worden !

Seitlich vom Prag Mahal war noch ein weiterer, kleiner Komplex angebaut worden, der Aaina Mahal, als Palast der Spiegel bezeichnet. Man fühlt sich im Dämmerlicht des heutigen Museums fast wie in „Tausend und einer Nacht“, so pracht- und stilvoll wurde er ausgestattet. Ausgestellt sind Exponate des 19.Jh.

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Der Museumsdirektor Pramod Jethi ist gleichzeitig auch Leiter und einziger Mitarbeiter der Tourist Information mit einem winzigen Schreibtisch im Eingangsbereich des Museums. Bei ihm erhalten wir Infos über Ausflüge in die Dörfer der Region, in denen unterschiedliche Volksgruppen leben. Sie unterscheiden sich optisch vor allem durch die Bekleidung der Frauen. Für den kommenden Tag ordern wir bei Mr. Jethi eine Motor-Rikscha.

Bereits früh am Morgen fährt uns Bharat, unser Driver, in flotter Fahrt aus der Stadt hinaus zu einem Ort in ca. 30 km Entfernung. In Baumwollfeldern entlang der Route wird fleißig gepflückt.


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In Ratnal soll es einen kleinen Markt geben. Als wir die ersten Meter in das Städtchen rollen, passieren wir eine ganze Zahl von blau uniformierten Schülerinnen. Nachdem wir ausgestiegen sind, gehen wir zurück und freuen uns über das rege Interesse der Mädchen. Mit ihnen zusammen betreten wir ihren Schulhof und sind bald umringt.

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Kurz darauf entdeckt uns eine Lehrerin, die uns Kolleginnen vorstellt und mir einen Teil der Schule zeigt. Dann sind wir Ehrengäste, bekommen 3 Plastikstühle bei der allmorgendlich stattfindenden Zeremonie, bei der alle Kinder völlig diszipliniert im Schulhof auf dem Boden sitzen und singen.

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Nach einer Weile verabschieden wir uns dann dezent, um den Schulbetrieb nicht noch weiter zu beeinflussen.

Bei einer Runde durch den Ort kommen wir dann zu dem erwarteten kleinen Markt, wo vor allem Frauen ihren Bedarf an Gemüse und Obst decken. Ihre Bekleidung – nicht etwa im Blick auf den Tourismus getragen – ist einfach umwerfend.

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Im Land Kutch leben unterschiedliche Tribes, deren Stammeszugehörigkeit wir kaum erkennen oder unterscheiden können. Da gibt es z. B. die Ahirs, Rabari, Harijans, Jats of Kutch, Patel, um einige wichtige zu nennen.
Sie unterscheiden sich unter anderem durch ihre Herkunft, ihre Bekleidung, den Schmuck, ihre Dialekte, und sie leben im wesentlichen unter ihresgleichen. Am leichtesten können wir noch Rabari identifizieren. Die Männer tragen weiße Jacken, weiße Schlabberhosen sowie Turbane und meist große Schnurrbärte.

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Ihre Frauen gehen in Schwarz, oft aber vorne mit silbernen oder selten goldenen Ornamenten verziert.

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Rechts die beiden sind auf dem Weg zur Schule (Bild aus einem anderen Dorf)
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Immer wieder begegnen uns bei diesem und weiteren Ausflügen Angehörige verschiedener Ethnien. Meist gehen sie stolz ihrer Wege, um ihren Alltag zu meistern. Diejenigen, die in Handarbeit Souvenirs hergestellt haben und dann mit Fremden in Kontakt kommen, verhalten sich natürlich wie überall auf der Welt entgegenkommend. Zumindest so lange, wie die Chance besteht, ein Geschäft zu tätigen.

Wir setzen unsere Fahrt fort und streifen die Dörfer Anjar, Dudhai und Dhaneti. Dabei sehen wir einen größeren Markt mit allen möglichen Erzeugnissen für den täglichen Bedarf. Nach einem Rundgang setzen wir die Fahrt fort und besichtigen eine Manufaktur, in der Stoffbahnen von Hand im Blockprinting – Verfahren bedruckt werden .

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Später sehen wir zunächst eine Weberei für Baumwoll- und Seidentuche und dann eine Textil-Malerei. Hier wird vom "Meister" mit ruhiger Hand ein Klümpchen Farbe an einer Metallspitze kunstvoll als endloser, zähflüssiger „Faden“ zu einem Bild aufgetragen. Dieser klebt dann auf der Stoffoberfläche.

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Der Stoff wird nun um eine Symmetrieachse gefaltet, wodurch das Muster jetzt auf beide Bahnen gepresst wird und in den Stoff eindringt.

Nach einem langen Tag kehren wir nach Bhuj zurück, voller interessanter Eindrücke und von der trocken – heißen Wüstenluft ausgelaugt. Ein kühles Helles wäre jetzt das Richtige, aber es gibt hier keins! Wasser !!!! (und natürlich Säfte...)


Für den nächsten Tag haben wir ein Motorrad gemietet und fahren damit nach Süden zur Küste. Hier liegt der Fischerort

Mandwi.

Im Altstadtkern geht es eng zu, und ich brauche alle Konzentration, um uns unbeschadet durch die winzigen Gassen zu bugsieren. Da sich beiderseits ein Laden an den anderen reiht, ist es schwierig, das Motorrad abzustellen. Schließlich finden wir eine Lücke und können dann eine Weile umherspazieren. Ein buntes Völkchen ist unterwegs, das uns meist kaum beachtet. So kann ich in Ruhe fotografieren. Farbenfrohe Motive gibt es reichlich.

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Ein paar km außerhalb von Mandwi liegt ein Palast, der schon einigen „Bollywood“- Filmen als Kulisse diente, und den wir uns anschauen. Ab 1920 innerhalb von 9 Jahren errichtet, war er zunächst Sommerresidenz der Herrscher von Kutch. Dem entsprechend leicht und luftig wirkt die Konstruktion im Stil der Rajput- und Bengal- Architektur.

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Jetzt wohnen deren Nachkommen dauerhaft in dem malerischen Bau aus rotem Sandstein, der auch teilweise Touristen zugänglich gemacht ist. Ein großer Park inmitten eines Naturschutzgebiets umgibt das Schloss. Von der Dachterrasse aus, zwischen den Kuppeln im hindurch, sehen wir die Dünen. Die Küste ist nur ein paar hundert Meter entfernt.

Zurück in Mandwi schauen wir uns nach einer Möglichkeit um, mit dem Büro der Turkish Airlines in Mumbai zu telefonieren. Kaum zu glauben: wir finden keine ! So werfen wir noch einen Blick auf den Strand. Es ist ein menschenleeres Stück Sandküste ohne jegliche Infrastruktur und ohne das nette kleine Strandcafé, das durch unsere Vorstellungen geistert. In der Nähe finden wir wenigstens ein Restaurant und bekommen etwas zu essen.
Danach machen wir uns auf die Rückfahrt nach Bhuj, wo wir den Rest des Tages mit Relaxen verbringen. Diese Herren auch:

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Außerdem bestellen wir bei Mr. Jeti erneut ein Fahrzeug für eine Rundtour, aber wegen der geplanten größeren Entfernungen einen Pkw mit Fahrer.
Als ich danach das Motorrad bei MK Auto abgebe, treffen wir auf den Senior-Chef , mit dem ich einen Smalltalk mache. Prompt lädt er uns zum Dinner ein. Da es uns heute nicht passt, nimmt er uns mal eben mit zu seiner Villa in der Nähe, zeigt uns seine Taubenzucht auf dem Flachdach über dem 2. Geschoss mit vielen teils exotischen Exemplaren, außerdem seine Frau, die leider kein Englisch spricht, und zuletzt seinen Fahrzeugpark, der aus 4 Autos und 5 Motorrädern sowie einem Roller besteht. Mit Zweirädern hat er sein Geld gemacht, und er ist damit richtig reich geworden. Nach einer knappen Stunde bringt er uns zum Hotel und lädt uns für den übernächsten Abend ein, bei ihm zu essen.

Als unser Fahrer am nächsten Morgen eintrifft – auch er heißt Bharat, ist nett und spricht leidlich Englisch – sind wir von seiner Person angetan. Für sein klappriges Auto gilt dies weniger, zumal es keine Aircondition hat. Na ja: da müssen wir durch.

(Letzter Teil in Kürze)
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Re: Reise durch Gujarat (eher unbekannte Ecke Indiens)

Beitrag von ville »

@ Akinom:

....... - vielen Dank für dies Alles!
>> gern, Monika !

Eine Frage: wie ist es dort mit Diebstählen oder Belästigungen?

>> wenn man nicht gerade seine Wertsachen raushängt: praktisch Null ! Dort leben vor allem Moslems der symphatischen Art. Die wollen zwar oft Geschäfte machen, aber in dieser Region sind sie unverdorben. Einfach liebenswert...

....und nun zu den viiielen Stufen - #:-s #:-s - das ist ja der Wahnsinn - erstmal wie die das gebaut haben(hatte ich noch nie gesehen) - und dann, ich könnte das niemals.Wie hoch sind die einzelnen Etappen denn?

>>Na ja, das macht man schön langsam in einem Zug. Mal steilere Treppenpassagen, mal leicht ansteigende Wegstücke. Wir haben ca 2,5 Std. für den Aufstieg gebraucht. Sind so 600 bis 700 Höhenmeter, ohne es zu googeln .

Ach und der süße Junge, >:d< so ein tolles Foto!

>> Ja , die Kids sind meist zum Knuddeln..

.... Gruß ville
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Oliva B.
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Re: Reise durch Gujarat (eher unbekannte Ecke Indiens)

Beitrag von Oliva B. »

Hallo ville,

deine Reportage zeichnet sich durch etwas ganz Besonderes aus:

Du zeigst nicht nur sehenswerte Landschaften und Sehenswürdigkeiten, sondern auch die Menschen. Du gehst ganz nah an sie heran, du suchst den Kontakt. Die Offenheit, mit der sie vor deiner Kamera posieren, zeigt, dass ein Mensch dahinter steht, der sehr gut mit Menschen umgehen kann. Ohne dich zu kennen - allein diese Tatsache macht dich sehr sympathisch.
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