Stierkampf: Zwischen Verbot und Anerkennung als Kulturgut

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Atze
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Re: Stierkampf: Zwischen Verbot und Anerkennung als Kulturgut

Beitrag von Atze »

Ich unterscheide da: Der Stier ist unnötig (Stierkampf) in diese Situation gebracht worden, aus der er ausbrach.
Einmal ausgebrochen, war die Erschießung dann aber unumgänglich, um Menschenleben nicht zu gefährden. Denn:
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Miesepeter
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Re: Stierkampf: Zwischen Verbot und Anerkennung als Kulturgut

Beitrag von Miesepeter »

Das Tier hätte den Tag so oder so nicht überlebt. Die Schüsse waren also seine Erlösung von den ihm normalerweise bevorstehenden Qualen, an denen sich die Zuschauer auch noch erfreut hätten.
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chris
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Re: Stierkampf: Zwischen Verbot und Anerkennung als Kulturgut

Beitrag von chris »

Kiebitz hat geschrieben: Di 3. Sep 2019, 09:28 Aber das zeigt warum die Perverslinge den Stier erst mal halb tot quälen bevor sich der Oberfeigling dem halbtoten Tier stellt.
Da kocht aber jemandem das Blut....
;)

Also ich würde mich auch einem halbtoten Stier nicht stellen, aber wahrscheinlich bin ich dann der Ober-Oberfeigling, der Peter Shaw des Stierkampfs gewissermaßen?

In einer "echten" Corrida sehe ich Kultur, Choreographie und auch ein paar Eier, wenn ich das mal so salopp sagen darf. Andererseits fehlt mir der Unterhaltungswert, weswegen ich mir Stierkämpfe nicht anschaue. Aber das gilt gleichermaßen für Formel 1 und Tennisturniere, Olympiaden und Schachweltmeisterschaften.

Die richtigen Oberfeiglinge kenne ich aber auch. Die habe ich schon auf Dorffesten live erlebt. Wenn einmal im Jahr ein eher kompaktes Rindvieh auf dem Marktplatz hin und her gejagt wird und besagte Feiglinge hinter der sicheren Absperrung stehen und Steine auf das Tier werfen.

DAS finde ich abstoßend. Ein richtiger Stierkampf hingehen ist zwar nicht meine Welt, ich kann ihn aber als Teil der spanischen Kultur respektieren.
Saludos,
Chris
brigittekoslowski
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Re: Stierkampf: Zwischen Verbot und Anerkennung als Kulturgut

Beitrag von brigittekoslowski »

Na prima,in Deutschland war die Hexenverbrennung "KULTUR" und in Wattenscheid wurden lebendigen Gänsen der Kopf abgeschlagen,sollen wir denn wirklich wieder zum Mittelalter zurück gehen? alles im Namen der Kultur?
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Atze
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Re: Stierkampf: Zwischen Verbot und Anerkennung als Kulturgut

Beitrag von Atze »

Im Mittelalter wurde der Stierkampf von der Kirche eher verboten.
Die heutigen Stierkampfregeln stammen aus der Neuzeit.
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Miesepeter
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Re: Stierkampf: Zwischen Verbot und Anerkennung als Kulturgut

Beitrag von Miesepeter »

Ich denke mal, das Wort "Kultur" wird oft falsch ausgelegt oder unwissenrtlich falsch zugeordnet oder verstanden. Was ist Kultur? Was sind Voksbräuche? Was ist Tradition? Was verstehen wir unter einem "kultivierten Menschen"? Ganz bestimmt nicht einen, der sich beim Stierkampf genüßlich an einer Zigarre ergötzt. Stierkampf = Tardition ja, aber "Kultur"? Ich verstehe unter Kultur die Schaffung bleibender, dem Individuum vorbildlicher und seine Bildung erweiternde Werte und deren Pflege. Und das trifft nun mal nicht auf alles zu, was uns da als Kultur uuntergejubelt wird. Eine Zeit lang sprach man von "abartiger Kultur" - so ausgefallen ist das gar nicht, das Problem besteht einzig darin, wer entscheidet, was und was nicht, und da ist es so gut wie unmöglich, jedem gerecht zu werden. Ach ja, da gab es ja auch die "Sub-Kultur" die u.a. Charles Manson auf den Höhepunkt brachte. Zurück zum Stierkampf: es wird ihn weiter geben, mindestens solange auch horrende Preise von genug Zahlungswilligen dafür aufgebracht werden.
@ atze: na klar, ebenso wie Löwen, Drachen-, und auch jetzt noch Hunde-und Hahne-Kämpfe - das Tier im Menschen!
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Re: Stierkampf: Zwischen Verbot und Anerkennung als Kulturgut

Beitrag von Atze »

@Miesepeter:
Du bewertest Kultur in hoch und niedrig, bzw. gut und böse, uns genehm oder nicht, also normativ.
In aller Regel wird aber der Begriff Kultur rein deskriptiv, also nur beschreibend benutzt, nicht wertend.
Insofern waren Tempelprostitution in Indien und das Herzenherausreißen bei den Azteken Teile der jeweiligen Kultur.
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Re: Stierkampf: Zwischen Verbot und Anerkennung als Kulturgut

Beitrag von Miesepeter »

Prostitution - mit oder ohne Tempel - (gabs das nicht schon unter Ramses, und auch im Vatikan soll sowas gelaufen sein) und Herzherausreißen sehe ich als Zeichen des Intellekt-- bzw. Wissens-Standes einer Gesellschaft oder Gruppe. In Deutschland wurde noch bis Mitte des 19. Jh. der Aderlaß als Allheilmittel praktiziert, Das ist m.E. genausowenig "Kultur" wie das von S. Dali an einer Angelschnur in ein Teerfaß vrsenktes Telefon. Diskutieren könnte man ja darüber bis zum Herzzerreissen. Bin mal gespann, wer übrhaupt entscheidet, was Kulturgut ist und was nicht. Das planmäßige Quälen der Stiere (und anderer Tiere) zur Belustigung der Allgemeinheit als Kult ist unbestreitbar, aber zu Kultur zu verklären will mir nicht einleuchten.
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Re: Stierkampf: Zwischen Verbot und Anerkennung als Kulturgut

Beitrag von Atze »

Miesepeter hat geschrieben: Mi 4. Sep 2019, 13:57



Das planmäßige Quälen der Stiere (und anderer Tiere) zur Belustigung der Allgemeinheit als Kult ist unbestreitbar, aber zu Kultur zu verklären will mir nicht einleuchten.
Ein verbreiteter Kult ist Bestandteil einer Kultur.
Und der Begriff Kultur ist nicht automatisch positiv besetzt.
Er ist wertmäßig neutral - wie auch Brauchtum.
Allerdings ist eine Wertung vom eigenen (kulturellen) Standpunkt her kaum vermeidbar. Das wäre aber wissenschaftlich gesehen Ethnozentrismus.
LG Atze
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Re: Stierkampf: Zwischen Verbot und Anerkennung als Kulturgut

Beitrag von Gambozino »

Über dieses Thema wird und wurde immer wieder viel und heftig diskutiert. Ich denke, dass sich das in einigen Jahren, sich das Thema und die Corridas selber im Sande zerlaufen werden. Es gibt ja immer mehr Orte in Spanien und Portugal, die ihre Stierkampfarenen geschlossen oder bereits abgerissen haben, obwohl sie von keinem Verbot betroffen sind., wie in Katalonien. Auch hat man vielerorts die Anzahl der Corridas während einer Feria reduziert, z. B. von fünf auf drei Veranstaltungen in Jerez de la Frontera. Das die Zucht von Kampfstieren zurückgegangen ist, sieht man insbesondere in der Region Campo Charro in der Provinz von Salamanca. Von man vor 30 Jahren links und rechts der alten Carretera und der neuen Autovia, in den Dehesas meist nur Kampfrinder weiden sah, sieht man dort heutzutage fast nur noch Schweine. Auch scheinen die Besucherzahlen bei Stierkämpfen eher rückläufig zu sein, was wohl auch dazu geführt hat, dass man die Veranstalter die Anzahl einzelner Festejos heruntergesetzt haben, damit sie die Arenen gut füllen. Ich habe vor einigen Jahren mal in einer Bar, ich glaube es war in Caceres, zufällig eine Fernsehübertragung gesehen und die Ränge waren fast leer, und das in Jerez de la Frontera, eine Stadt die ja eher als Hochburg für den Stierkampf gibt. Und die meisten Spanier, die ich in meinen Leben kennengelernt habe, haben auch noch nie im Leben solch eine Veranstaltung besucht, allerdings in erster Linie aus Mangel an Interesse. Ich gehe mal davon aus, dass die diese Tradition in Europa, also Spanien, Portugal und Südfrankreich, sowie einigen Ländern Südamerikas wo man diese auch noch pflegt, in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren, so Stück für Stück aussterben wird und das auch ganz ohne irgendwelcher Verbote von Seiten der Gesetzgebung Mich wundert ein wenig, nachdem man in Katalonien die Corridas verbot, dass Galicien und Austurias, noch nicht nachgezogen haben, den gerade dort scheint die "Aficion" ja auch nicht so besonders groß zu sein und es gibt auch nur sehr wenige Arenen und auch nicht gerade besonders viele Corridas.
Ich selber würde mir allerdings niemals anmaßen zu sagen, dass der Stierkampf in Spanien oder anderswo verboten werden muss
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