Gedanken zum Alter

Pflege im Alter, Hilfsmittel etc.
rainer
especialista
especialista
Beiträge: 3463
Registriert: So 2. Jan 2011, 11:25
Wohnort: Rojales (Ciudad Quesada) und Ostwestfalen

Gedanken zum Alter

Beitrag von rainer »

Dieses ist zwar ein Spanien- Forum. Aber das Thema alte Menschen gehört ja auch dazu, zumal hier manche gar schon von "Kukidentküste" hämen. Und ich schreibe ja auch nur unter dem Thema "dies und das".

Ich erinnere mich heute oft an einen Ausspruch meiner Mutter: Alt wirst du nicht selber, alt machen dich die anderen. Damals habe ich das nicht verstanden. Heute verstehe ich besser, was sie damals meinte.

Ich hätte früher nie erwartet, mich heute mit 68 kein bisschen anders zu fühlen als mit 58 oder 48. Nur wenn ich irgendwo mein Alter angeben muss, habe ich irgendwie das Gefühl, dass da was nicht stimmen kann. Und wenn ich beim Rasieren in den Spiegel schaue, guckt mich da ein alter Sack an, der mir irgendwie fremd ist. Also am besten garnicht mehr hingucken.

Da kann man fast die jüngeren verstehen, die nur nach dem Äußeren gehen und lästern und möglichst Distanz halten von allem was "alt" ist. Da bleibt nur eine gewisse Genugtuung: wart mal ab, auch du kommst da hin, schneller als du heute denkst. Jeder kommt mal dran, und keiner kann dafür. Jeder sträubt sich sein Leben lang gegen das Älterwerden, die Werbung verspricht, mit diesem und jenen ein paar Jahre jünger auszusehen, aber der Zug rollt weiter, ob es einem passt oder nicht. Mit vierzig jammern viele, daß sie nicht mehr dreißig sind, mit fünfzig, daß sie nicht mehr vierzig sind usw usw.usw. Erst wenn das statistische Lebensende näher rückt, wird einem endlich bewusst, das jedes momentane Lebensjahr eine Kostbarkeit ist, die nie wiederkommt.
Und wie lächerlich es ist, sich vorher ein Urteil zu erlauben über eine Situation, die man nicht beurteilen kann. Jeder kann sich in jüngere hineinversetzen, weil er ja selber mal in dem Alter war. Nur umgekehrt funktioniert das nicht. Als ich selber damals im "Midlife Crisis" - Alter war, hat mich ein hämisches Lied des Schlagersängers Reinhard Fendrich über die Torheiten von Männern solchen Alters sehr geärgert. Und die Jahre gingen dahin, und wer kam eines Tages mit einer viel zu jungen und eine albern sportlichen Auto daher? Ich wollte ihm da immer mal seine alte Platte schicken. Das nur als Beispiel.( Das soll nun aber nicht heißen, daß es mit zunehmenden Alter dann nach und nach immer noch törichter zugeht. Der Anfall geht ja vorbei.)
Wenn also heute jemand glaubt, über Ältere lästern zu müssen, als sei das ein Makel.... soll er/sie doch! Da hat das Alter einen Vorteil: Gelassenheit!
Benutzeravatar
maxheadroom
especialista
especialista
Beiträge: 5184
Registriert: Do 10. Jun 2010, 20:37
Wohnort: Prov.Alic - Bavaria
Kontaktdaten:

Re: Gedanken zum Alter

Beitrag von maxheadroom »

Hola rainer2 y todos,

da kann ich manches nur unterstreichen :-D aber es stimmt schon der Spruch Deiner Mutter, anderseits habens sich über die Jahrtausende schon immer die Denker ihre Gedanken gemacht, da finde ich das folgende auch nicht ohne:

Yang Dschu sprach: »Die höchste Grenze menschlichen Lebens sind hundert Jahre. Hundert Jahre erreicht unter Tausenden nicht einer. Doch nehmen wir an, es gebe so einen: die Zeit seiner Kindheit und Unreife und die des gebrechlichen Alters nimmt etwa die Hälfte davon ein; davon nimmt die Zeit, die man nachts im Schlafe verbringt und die tags im Wachen unbenützt verstreicht, wieder etwa die Hälfte weg; Schmerzen und Krankheit, Trauer und Verdruß, Verlust und Mißerfolg, Kummer und Sorgen nehmen von dem Rest wieder etwa die Hälfte weg. Innerhalb der übrigbleibenden Zahl von etwa zehn Jahren kommt auf die Zeit, in der man vollkommen frei sich selbst genießt, ungetrübt von jeglicher Spur sorgender Gedanken, kaum einer Stunde Spanne.

In eines Menschen Leben, was bleibt da also noch an Freuden übrig? Es bleibt Genuß, es bleibt die Schönheit der Töne und Farben; doch des Genusses kann man sich auch nicht dauernd ungetrübt erfreuen, an Tönen und Farben kann man sich auch nicht dauernd ungetrübt ergötzen; dazu kommen noch die Überredungen und Einschränkungen von Lohn und Strafe, die hemmenden und treibenden Einflüsse von Namen und Vorbildern. In rastloser Hast streitet man um eitles Lob während der Spanne Zeit, um nach dem Tode überflüssige Verherrlichung zu erreichen. Nutzlos zügelt man Ohren und Augen und achtet auf Recht und Unrecht der Triebe des Leibes. So bringt man sich umsonst um den höchsten Genuß der Gegenwart und ist auch nicht der einen Stunde freier Herr. Wodurch unterscheidet sich ein solches Leben noch von den Ketten und Fesseln eines schweren Verbrechers?

Quelle:
Liä Dsi: Das wahre Buch vom quellenden Urgrund. Stuttgart 1980, S. 136-137.
Lizenz:
Gemeinfrei


Nicht nur deswegen , aber auch wegen diesen Gedanken geniesse ich mein Leben und bin froh einfach so wie es ist was schon eine Portion Glücksgefühl ausmacht.

Saludos
maxheadroom
Even when you win the ratrace, you are still a rat
Pan de ayer, carne de hoy y vino de antaño, salud para todo ano
Soy optimista, incluso mi tipo de sangre es positiva.
La buena vida es cara. Hay otra más barata - pero esa no es vida.
Nordseekrabbe
apasionado
apasionado
Beiträge: 834
Registriert: So 25. Okt 2009, 15:05
Wohnort: Kolumbien

Re: Gedanken zum Alter

Beitrag von Nordseekrabbe »

Erst einmal finde ich, dass es Themen gibt, die egal, wo man lebt, einfach passen. Deines gehört dazu.

Und mein Beitrag ist einfach ein Zitat meines Mannes:

............. es gibt für mich nichts schöneres als zu sehen, dass Menschen gelebt haben. Wenn dann noch die Augen leuchten wie bei Dir, ist es ein Geschenk was ich nicht tauschen möchte.

Aus einem Gespräch gerissen, die Punkte ersetzen meinen Namen. Welches Glueck habe ich und ehrlich gesagt, ich sehe es ähnlich. Ich erschrecke und könnte Romane schreiben, wie gerade hier in Suedamerika die Menschen versuchen sich Glueck zu erkaufen oder anzuoperieren. Klappt natuerlich nicht.

In diesem Sinne LG Nordseekrabbe
Benutzeravatar
Oliva B.
Administratorin u. Moderatorin
Administratorin u. Moderatorin
Beiträge: 21583
Registriert: Mi 6. Mai 2009, 08:17
Wohnort: Heute hier, morgen dort, bin kaum da, muß ich fort...

Re: Gedanken zum Alter

Beitrag von Oliva B. »

Hallo Rainer,

man spürt: Hier ist jeder einzelne Satz gelebt - und ehrlich gesagt, so oder ähnlich erlebt doch jeder das Älterwerden.
Fühlt man sich nicht immer jünger als einem der Pass sagt? Das mag früher anders gewesen sein, denn ich kann mich erinnern, meine Großeltern waren mit 50 Jahren in meinen Augen schon richtig alt. Aber unsere Kinder hören teilweise noch "unsere" Musik da, kenne ich heute noch Wort für Wort die Texte.

Fühlt man sich durch manch verletzende Bemerkungen Jüngerer ALT oder ÄLTER? Ich meine NEIN. Aber man bekommt seine Grenzen aufgezeigt. Früher konnte man nächtelang durchfeiern, heute freut man sich bei manchen Gelegenheiten schon mal aufs Laken. :roll: :? Nach körperlichen Arbeiten bekommt man nicht nur Muskelkater, sondern die Knochen tun manchmal noch tagelang weh. Diese Beispiele könnte ich noch fortsetzen... :-P

Aber über diesen Satz musste ich herzlich lachen: :))
rainer2 hat geschrieben:Ich hätte früher nie erwartet, mich heute mit 68 kein bisschen anders zu fühlen als mit 58 oder 48. Nur wenn ich irgendwo mein Alter angeben muss, habe ich irgendwie das Gefühl, dass da was nicht stimmen kann. Und wenn ich beim Rasieren in den Spiegel schaue, guckt mich da ein alter Sack an, der mir irgendwie fremd ist. Also am besten garnicht mehr hingucken.
Benutzeravatar
Rioja
apasionado
apasionado
Beiträge: 913
Registriert: Mi 20. Okt 2010, 02:36

Re: Gedanken zum Alter

Beitrag von Rioja »

rainer2 hat geschrieben: Und wenn ich beim Rasieren in den Spiegel schaue, guckt mich da ein alter Sack an, der mir irgendwie fremd ist. Also am besten garnicht mehr hingucken.
Hallo rainer

Dann hast also vieles erreicht bis du 68 wurdest. Nur eines kannst du noch nicht "mit geschlossenen oder verbundenen Augen rasieren".
Es grüsst

Rio



Zwanzig Kilometer von der Küste entfernt, fängt Spanien meist erst richtig an.
nale
activo
activo
Beiträge: 435
Registriert: Do 21. Okt 2010, 20:13

Re: Gedanken zum Alter

Beitrag von nale »

@Rioja, genau das war mein erster Gedanke, als ich den Betrrag von Rainer las.

Wer kann schon sagen, sie Alter sich anfühlt.
Mir geht es auch so, dass ich mich mit fast 58 nicht anders fühle, oder ich anders denke als mit 30 oder 40.
Klar ist man reifer geworden und viele Dinge gehen nicht mehr so schnell und einfach, aber man passt sich ja auch dann an.

Den ersten Schock bekam ich vor 5 Jahren, als ich zu einem Konzert von der Band "Feuerengel" (Coverband von Rammstein) wollte und mein Sohn fragte:
"Bist du dafür nicht langsam zu alt?"
Den ganzen Weg dahin habe ich doch tatsächlich darüber nachgedacht, ob eine Freundin, die ich dort treffen würde und ich nicht doch etwas fehl am Platz sind.
Um so überraschter war ich, als ich gleich am Eingang zwei Paare traf, die ich flüchtig kenne und eine Woche vorher in der Oper gesehen habe.
Die sind nämlich schon über 60.
Da ist mir klar geworden, dass man immer so alt, wie man es zuläßt.
Man darf nur nicht still stehen und das Interesse verlieren.
Wer neugierig bleibt, bleibt auch jung.

Aber da stimmt doch wieder, was Rainers Mutter gesagt hat.
Du wirst von den anderen Alt gemacht.

LG Nale
Jara
activo
activo
Beiträge: 325
Registriert: Di 21. Sep 2010, 18:30
Wohnort: Bayern / Costa Blanca

Re: Gedanken zum Alter

Beitrag von Jara »

Ohhh, was'n Thema! Ich sehe nicht viel Positives am Altwerden, außer den Veränderungen im Denken. Mehr Gelassenheit und Nachsicht. Körperliches Älterwerden ist wirklich nicht sehr schön. Ich muß mich zwar nicht rasieren, aber ich stelle doch immer wieder fest, dass der Blick in den Spiegel nicht so aufbauend ist. Irgendwie schaue ich in den Spiegel, ohne mich richtig zu sehen und wenn das dann doch mal passiert, bin ich immer leicht erschrocken. Gestern, als ich mich im Autoaußenspiegel in der Sonne sah, fand ich dann die Sonne auch nicht so toll!!! Gut, das sind die Äußerlichkeiten. Schlimmer ist, wenn ich zurückdenke an das vorletzte Jahr, als meine Mutti starb, sah, wie sich der Mensch verändert, wenn der Kopf nicht mehr funktioniert. Das sind die Dinge, die mir wirklich Angst machen. So ist es für mich wichtig geworden, zu erkennen wie gut es uns HEUTE geht, dass man einigemaßen gesund ist, ein Dach über dem Kopf hat und keinen Hunger. Da relativiert sich das Thema Altwerden.
LG
Solveig
Benutzeravatar
Ela
seguidor
seguidor
Beiträge: 70
Registriert: Mi 10. Nov 2010, 11:56
Wohnort: Calp/e

Re: Gedanken zum Alter

Beitrag von Ela »

Sehr schön geschrieben Rainer2!!!

Ich bin zwar erst 39, aber mir geht schon manchmal nach, wenn ich sehe, wie ältere Menschen zu kämpfen haben und wie einsam sie sein können. Gerade weil es uns alle betrifft, sollte man dementsprechend darauf reagieren und die ältere Generation viel mehr in die Gesellschaft einbringen... vor allem, weil es ja auch bald mehr "alte" als "junge" geben wird. Jeder Mensch beschreitet seinen Weg und erbringt eine Leistung: auf Arbeit, in der Familie, im Freundeskreis, im Verein etc. ... da sollte ihm im Alter eigentlich "Respekt und Ehre" gebühren.
Der Spruch Deiner Mutter ist genial!!! So ist es wirklich. Sogar ich hatte Probleme. Man schätzt mich zum Glück noch jünger, als dass ich bin und ich liebe Sport über alles, dennoch musste ich aber feststellen, dass Team-Vereinsangebote (also Mannschaftssport) meist immer nur an bis 30-jährige gerichtet sind. Neben dem Einzelsport habe ich aber nun eine Sportart gefunden, bei denen auch noch die ab 30-Jährigen zu Wettkämpfen antreten können: die Veteranen vom Ruderverein. Sport in einer Mannschaft und gemeinsam in einem Boot... einfach nur herrlich!!!! Ich geniesse es sehr... und mir ist bewusst geworden, dass man nichts auf die lange Bank schieben sollte, weil man nie weiss, wann einem Grenzen gesetzt werden.
Herzliche saludos.
Ela
Sonnentraum
activo
activo
Beiträge: 219
Registriert: Mo 9. Nov 2009, 17:19
Wohnort: bei Memmingen/Allgäu
Kontaktdaten:

Re: Gedanken zum Alter

Beitrag von Sonnentraum »

Mein Vater ist 88, mein Schwiegervater 90, beide fahren noch Auto, gehen ins WWW, sind geistig noch fit, gesundheitlich im Großen und Ganzen auch in Ordnung.
Das stimmt mich optimistisch !!! :-D Also bleibt alle im Herzen jung, dann spielen auch ein paar (Lach)falten keine Rolle ! :razz:
Ein langes,glückliches & gesundes Leben
wünscht euch allen
Luggi / Google:Reisefox
ab Morgen in Malaga :-D B-) :-D
Träume nicht dein Leben - lebe deinen Traum.
Wenn du jemanden ohne lächeln siehst - Schenk` ihm Dein`s !
Benutzeravatar
Akinom
especialista
especialista
Beiträge: 5846
Registriert: So 10. Mai 2009, 21:40
Wohnort: Süddeutschland - Torrevieja
Kontaktdaten:

Re: Gedanken zum Alter

Beitrag von Akinom »

:-D
Hallo,

....mit 16 wollte ich nicht älter als 40 J. werden :-o - das war damals echt uralt.
Heute finde ich (jenseits der 50 ) dass gerade das Leben in den letzten 10 J. ganz toll war - da hätte ich doch Einiges versäumt.

Luggi - das ist natürlich das Tollste, wenn man in diesem hohen Alter noch so "fit" ist. Das erleben aber die Meisten (auch wenn sie ein hohes Alter erlangen) nicht so.
Wie schon von mehreren Seiten geschrieben - man ist so jung wie man sich fühlt.
An manchen Tagen fühle ich mich total jung, aber es gibt auch Tage, da fühle ich mich total alt! ;-)
Noch etwas: ich habe seit fast 30 J. lange blonde Haare! Meine Schwägerin (7 J. jünger) meinte als ich ca. 38 J. wurde: mit 40 J. wisrt du doch wohl nicht mehr mit so langen Haaren herumlaufen :-o :-o :-o - keine Worte!

Luggi - gute Reise und tolle Tage in Malaga u.U.

;-)
Antworten

Zurück zu „Lebensabend an der CB“