Am Sonntag sind wir nach fast drei Jahren wieder einmal durch das ehemalige Fischerviertel El Cabanyal gekommen, es "un barrio muy autentico"- immer noch!
Die Abrissbirne hängt drohend über dem Viertel. Viele Bewohner haben schon aufgegeben, weil sie dem ständigen Druck nicht mehr standhalten konnten, sie haben dem Mob Platz gemacht. Andere harren aus, restaurieren liebevoll ihre Häuser und hoffen auf eine glückliche Wende. Aber die Stadt will immer noch die Verlängerung der Avenida Blasco Ibañez, der 1.600 Wohnungen und 600 z.T. denkmalgeschützte Häuser zum Opfer fallen würden, während die Einwohner die Integration des Viertels in die Stadt und den Anschluss an das 21. Jahrhundert fordern. Der Geldadel schielt voller Gier auf dieses barrio, vor dessen Tür nicht nur das Meer, sondern auch noch ein wunderschöner Sandstrand liegt. Die Bewohner leiden unter den städtischen Auflagen wie z.B. die aufwändige (diebstahlsichere) Abstützung einsturzgefährdeter Häuser ("normale" Metallstreben werden entwendet und an Schrotthändler verkauft) und fürchten, dass sie von wohlhabenden Schichten verdrängt werden (Gentrifizierung).
Deshalb schnell noch ein paar Fotos konserviert, bevor vielleicht alles zerstört wird:

- Neueren Datums
Doch man darf auch nicht die Tristesse dieses Ortes vergessen:
Und auch sie dürfen nicht vertrieben werden: die Menschen, die dort Zuhause sind und sich wohl fühlen.
Cabanyal, ich komme diesmal schneller wieder!

TIPP:

Einzigartige historische Fotos findet ihr in dem Blog eines pensionierten Valencianers, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die ihm verbleibende Zeit der Dokumentation der Geschichte Valencias zu widmen. Unter dem Titel
Playa del Cabanyal zeigt der sympathische Juan Antonio Soler Ases Fotos ab 1870, die Fischerfrauen beim Flicken der Segel zeigen, während ihre Männer Netze reparieren, den Strand von anno dazumal usw.
Im Cabanyal-Viertel steht die Wiege der "pesca del bou", eine besondere Art des Fischfangs mit zwei Fischkuttern, die ein Schleppnetz zogen. Die Fischer fuhren mit ihrem Fang nicht in den Hafen, sondern ließen ihre Boote von Ochsenkarren auf den Sandstrand ziehen, wo die Frauen mit ihren Körben warteten, um die Fische in Empfang zu nehmen, um sie dann an eine örtliche Fischhandlung oder in den Straßen von Valencia mit dem Ruf "Peix d'ara, viu" (frischer Fisch, lebend) zu verkaufen. 1770 wurde der Fischfang auf diese Art wegen Überfischung nur für die Dauer von 6 Monaten im Jahr erlaubt und ab 1. Juli 1818 völlig verboten. Aber schon 1819 wurde das Verbot wegen des Besuchs des Königs aufgehoben und 1920 wegen einer Hungersnot, der Fastenzeit, der Pest und der dadurch entstandene Not und Armut der Fischer auf eine Höchstzahl von Fischerbooten begrenzt. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die " pesca del bou" durchgeführt. 1921 wurden noch 62 Boote gezählt, 611 Fischer, die von 125 Jungen zwischen 11 und 15 Jahren unterstützt wurden, sowie 8 Ochsengespannen. Der Maler Sorolla hat diese besondere Art des Fischfangs auf dem Gemälde " "Pesca del bou" festgehalten.