Ich bin als Mann immer wieder erstaunt darüber, wer sehr man manchen Dingen unnötiges Gewicht geben kann. Vielleicht helfen ja zwei Einblicke in die maskuline Seele?
Eins: Als ich noch halb so alt und weniger faltig als heute war, ist es durchaus vorgekommen, dass Gruppen junger hormongeladener Mädchen mir auf valencianischen Straßen hinterhergerufen haben (kann man sich kaum vorstellen, wenn man mich heute sieht :-) und es wäre mir nicht im Traum eingefallen, mich sexuell belästigt zu fühlen. Ein durchschnittlicher Mann ist in solchen Situationen geschmeichelt und schwebt auf Wolken.
Zwei: Zu Besuch in Barcelona, wie bei den valencianischen Straßenszenen ebenso um die Jahrtausendwende, bot eine extrem junge "Sexarbeiterin", bzw wie man damals noch ohne woken Gegenwind sagte: Prostituierte, ihre Dienste an, indem sie sich mitten in der Nacht näherte und mir an die Eier grabschte. Statt fortan mit einem Me-Too-Schild durch die Gegend zu laufen, habe ich sie abgewiesen und mir gesagt, dass sie nur ihren Job macht. Man stelle sich vor, ein männlicher Loverboy würde in einer Fußgängerzone auf gut Glück irgendwelchen Mädchen an die Brüste packen, damit sie mit ihm für Geld in die Kiste springen. Das Theater möchte ich mir nicht ausmalen.
Und dann hätte ich da noch eine dritte, kaum mehr als ein Jahr alte Episode, die es einem kalt den Rücken runterlaufen lässt, weil man daran ablesen kann, wie es heutzutage um die "Gleichberechtigung" steht:
Eine etwas sonderbare Dame, die am Ende unserer Straße wohnt, hat es sich zur Aufgabe gemacht, überall Katzenfutter zu verstreuen, eine Zeitlang auch vor unserem Haus. Das wollte weder ich noch meine Nachbarin, also haben wir das Futter entfernt, wenn wir es gefunden haben. Eines abends hat meine Nachbarin mich dann hektisch angerufen und mir gesagt, dass die sonderbare Alte gerade vor Ort sei, sie aber Angst vor der Konfrontation hätte, also bin
ich rausgegangen und habe sie höflich aber bestimmt aufgefordert, das Futter einzusammeln (wir standen damals schon in Kontakt mit dem Rathaus, welches die Katzenkolonien betreut und ebenfalls keine wilde Fütterung an x-beliebigen Stellen zulässt). Da sie sich geweigert hat, habe ich ihr gesagt, dass ich es dann machen würde und habe die provisorischen Näpfe eingesammelt. Das vorläufige Ende vom Lied: ich musste mich von ihr ins Gesicht schlagen lassen mit Händen und ihrer Tasche, wie es sonst nur alte Damen im Cartoon machen, mein T-Shirt wurde von ihr in tausend Fetzen gerissen und ich wurde beleidigt. Anschließend hat sie sich die Mühe gemacht, keifend und drohend die paar hundert Meter bis zur Guardia Civil zu laufen, um dort eine Falschaussage zu machen.
Als dann die Uniformierten hier auftauchten, bin ich natürlich sofort wieder raus, und auch zwei Nachbarinnen, die alles bezeugen konnten, haben sich zu Wort gemeldet. Nach der Feststellung der Personalien durfte ich dann gehen, "jetzt wo wir uns alle wieder beruhigt haben", während die Angreiferin lediglich belehrt wurde, dass sie keine Katzen ohne Genehmigung füttern dürfe.
Bislang nur bizarr, aber jetzt tauschen wir doch einmal hypothetisch die Rollen: Ein Mann füttert Katzen, eine weibliche Anwohnerin verbietet es ihm, daraufhin schlägt er sie und reißt ihr auf offener Straße die Kleider vom Leib. Anschließend macht der Mann eine Falschaussage bei der Guardia Civil, welche vorstellig wird und dank Zeugen die Wahrheit erfährt.
Würde man die angegriffene Frau einfach so wegschicken, eben Pech gehabt und ein paar aufs Maul bekommen plus zerstörte Kleidung? Würde man den Mann einfach so gehen lassen, hat halt nur die GC angelogen und vorher eine Frau verdroschen und ihr die Kleidung zerrissen?
Willkommen im 21. Jahrhundert! Willkommen in einer Gesellschaft, in der Männer Freiwild sind. Willkommen in Altea, wo an jeder Ortseinfahrt lila Schilder vor männlicher Gewalt warnen. Und dann muss man sich komisch ansehen lassen, wenn man die jährlichen Aufmärsche in lila Kleidung am 8. März kritisiert, vor allem, weil von den Gleichstellungsbeauftragtinnen der 19. November niemals auch nur in einem Halbsatz erwähnt wird.