Cozumel hat geschrieben: ↑Sa 5. Feb 2022, 21:17
@ Atze, das hab ich mal anders gelernt.
Zwei Mal stand der Florentiner Hofmathematiker Galileo Galilei vor dem Gericht der Inquisition: 1616 und 1633. Beide Male ging es um das Weltbild des Nikolaus Kopernikus, das die Sonne im Zentrum des Universums sah und die Erde zu einem kreisenden Trabanten machte. Es widersprach der Lehre der katholischen Kirche. Beide Male endete der Prozess damit, dass ein Buch auf den Index der Inquisition gesetzt wurde: erst Kopernikus' "De revolutionibus", dann Galileis "Dialog über die zwei Weltsysteme", verbunden jeweils mit einem Lehr- und Denkverbot.
Entgegen einer landläufigen Ansicht wurde die Propagierung des heliozentrischen Weltbildes zu Lebzeiten des Kopernikus keineswegs als Ketzerei angesehen, sondern allenfalls als Hirngespinst. Jedoch waren die auf seinen Thesen aufbauenden Berechnungen der Planetenumlaufbahnen um so viel genauer und praktischer, dass sie von vielen katholischen Universitäten (ab 1575 in Saragossa) als nicht bewiesene Hypothese aber als Rechengrundlage benutzt wurde. Sie waren sogar Grundlage der Gregorianischen Kalenderreform 1582. Noch genauer waren die Berechnungen erst nach der Annahme einer Ellipsenbahn (Kepler). Und auf den Index gesetzt wurden die De Revolutionibus wie du sagtest erst 1616 in Zusammenhang mit Galileo. Für wissenschaftliche Zwecke war es aber selbstverständlich weiter verfügbar.
Galilei war seit langem überzeugt, dass Kopernikus' Ansicht stimme.
Falsch: In seiner Zeit als Lehrer in Pisa und Padua lehnte er das heliozentrische Modell entschieden ab.
Aber erst als er mit dem von ihm verbesserten Teleskop astronomische Beobachtungen machte, untermauerte er die These seines Vorläufers mit eigener Forschung. Die Monde des Jupiter und die Sonnenphasen der Venus belegten zwingend, dass Planeten wie die Erde um die Sonne kreisen.
Nun ja, er hielt Planetenlaufbahnen um die Sonne erstmals für möglich und übertrug dies auf die Erde.
Seine Publikationen darüber stießen in Rom auf Widerstand, doch Galileo vertraute auf die Kraft seiner Argumente.
Als BEWEIS führte er das Vorkommen von Ebbe und Flut auf der Erde an. Darüber konnte man selbst damals nur lachen.
Vergeblich, wie sich zeigen sollte. So erging im Februar 1616 das erste Urteil der Inquisition gegen Galilei. Sie setzte Kopernikus' Buch auf den Index und untersagte Galilei, die Ansicht von der bewegten Erde als Tatsache zu lehren.
Wie gesagt er hatte keinen Beweis. Kardinal Bellarmin schrieb damals, "dass man, läge ein wirklicher Beweis für das heliozentrische System vor, bei der Auslegung der heiligen Schrift in der Tat vorsichtig vorgehen müsse".
Der Hofmathematiker, der sich als guter Christ sah, beugte sich zunächst und gelobte Gehorsam. Später aber fühlte er sich vom neuem Papst Urban VIII. ermutigt, die kopernikanische Lehre zumindest als Hypothese weiter zu behandeln.
Ja, aber was machte er? In seiner Hybris stellte er in seinen "Discorsi" stellte er das Heliozentrische Weltbild wiederum als bewiesen und seinen fiktiven Gesprächspartner als "Simplicio" (Einfaltspinsel) dar, worin alle Welt damals seinen bisherigen Gönner Papst Urban VIII erkannte.
Das war zuviel.
Übrigens:
Warum ein Heliozentrisches System überhaupt möglich war, beschrieb zuerst 1687 Newton.
Einen Beweis der Erdbewegung durch das All erbrachte erst 1729 Bradley.
Und erst Foucault erbrachte mit seinem Pendel 1851 den Beweis der Erddrehung.