Ich freue mich, dass die Diskussion nach einem doch etwas holperigen Anfang inzwischen auf Augenhöhe geführt wird. Es wird "zugehört" und die eigenen Sichtweise hinterfragt. Nur so können Vorurteile abgebaut werden, vorschnelle Urteile revidiert oder gar zurückgenommen werden.
Wir selbst sind bekennende Individualreisende und planen auch für die Zukunft keine Kreuzfahrt. Das hält mich mich jedoch nicht davon ab, interessiert mitzulesen und hin und wieder einen Kommentar abzugeben.
Dieser Meinungsaustausch hat bewirkt, dass manche Kreuzfahrtgegner das Thema auch mal aus einer anderen Perspektive betrachten, vielleicht kann auch noch mit weiteren Vorurteilen aufgeräumt werden. Z. B.:
Kreuzfahrer bringen kein Geld ins Land. Gut, sie brauchen weder Unterkunft noch Restaurants; kaufen aber Souvenirs, lassen sich von örtlichen Unternehmen vom Hafen zu ihren Ausflugszielen bringen - und nehmen hier und da noch ein Getränk ein. Das größere Geld lassen jedoch die Reedereien im Land, sie zahlen für Liegegebühr, Treibstoff, frische Lebensmittel etc.
oder
auf Kreuzfahrtschiffen bekommen die Passagiere "touristisches FastFood" vorgesetzt. Sicher wird es auch Pizza, Döner, Burger und sogar die beliebte Currywurst geben, aber wenn ich mit Kreuzfahrern rede, dann wird hauptsächlich von der exzellenten Bordküche geschwärmt. Nachzulesen auch unter
So schmeckt die Ferne auf "Mein Schiff".
Wer gerne Reisebekanntschaften schließt, findet sie eher auf einem Schiff als auf einer individuell geplanten Reise Und ein gemeinsames Thema ist auch schnell gefunden: Kreuzfahrten!
ABER: Kreuzfahrtschiffe sind nun mal schwimmende Städte. Nichts ist natürlich. Wer Landschaften liebt, Einblick in das Leben und die Kultur des besuchten Landes sucht und die regionale Küche ausprobieren möchte, erlebt das nicht an Bord und auch nicht an einem Tag. Kreuzfahrten sind eine andere Art Cluburlaub (wie Club Med, Robinson Club usw) nur auf dem Wasser. Man muss sich im nichts kümmern, Essen, Freizeit- u. Sportangebote, Animation, ärztliche Versorgung usw. - alles ist da, und wer will, der kann "die Anlage" verlassen und einen Ausflug machen; kann sich aber auch den ganzen Urlaub ungestört von der Außenwelt verwöhnen lassen. Und ich glaube, das ist genau das, wovon viele Menschen träumen.
Doch nun zu meinen eigenen Vorurteilen, Fazit einzelner Beobachtungen, also völlig subjektiv:
Für mich erschreckend sind die Touristenmassen, die oftmals kleine Orte wie Dubrovnik, Santorini etc. überfallen. Ich habe das besonders negativ in Antiguas kleiner Hauptstadt Saint John's erlebt, wo die Passagiere dreier Kreuzfahrtschiffe die gut 20.000 Einwohner zählende Kleinstadt "fluteten". Dann wurden bei Ankunft hastig die Holzverschläge vor den Shops aufgerissen, die Souvenirs ins rechte Licht gerückt, und Stunden später, wenn die letzten Kreuzfahrer zum Schiff zurückgingen, genauso schnell wieder geschlossen.
Und dann die Schlacht am Hafen um die Verkehrsmittel, und der Wettbewerb, wer es schafft am meisten zu sehen und noch vor den anderen am Ausflugsziel zu sein, damit nachher nicht zu viele Mitreisende auf dem Foto zu sehen sind. Für manch einen ist sogar der Weg das Ziel, denn es braucht Zeit, um die oftmals entlegenen Ziele zu erreichen, da dauert die Fahrt länger als die verbrachte Zeit vor Ort.
Statt Bettenburgen (dazu zähle ich auch die schwimmenden) ziehen wir kleine, inhabergeführte Bleiben vor. Da ist es uns mal in einem winzigen Strandhotelchen passiert, dass morgens emsig 20 Liegestühle und Tischchen vom Speicher geholt und aufgestellt wurden - wir wunderten uns noch darüber, als die ersten Kreuzfahrer mit einem Taxi vorfuhren. Nicht etwa um die traumhafte und einsame Bucht zu genießen; sondern um einfach mal ungestört einen faulen Strandtag ohne Action einzulegen.
Und noch etwas anderes: trotz des verlockenden Lebens an Bord muss man sich im Klaren darüber sein, dass eine Fahrt mit dem "Kreuzfahrtdampfer" noch meilenweit vom Anspruch "nachhaltig zu reisen" entfernt ist — hierzu
ein paar aisgesuchte Fakten.
Abgesehen davon gönne ich jedem seinen Traumurlaub, egal auf welche Art und Weise, und hoffe, dass sich bald wieder jemand traut, einen schönen Reisebericht einzustellen, auch wenn er scheinbar kaum beachtet wird.