Wenn Steine erzählen könnten - Bodas de Sangre
Verfasst: Di 6. Dez 2022, 16:43
Habe mal wieder in alten Aufzeichnungen herumgekramt und bin auf „alte Steine“ gestoßen,
„Ja, wenn Steine erzählen könnten . . .“
Dieser Gedanke begleitet mich, seit ich Spanien bereise. In keiner Gegend Europas habe ich diese beredte Vergangenheit so intensiv gespürt wie hier im Südosten Andalusiens, im warmen, unvergleichlich hellen Licht von Al Andaluz.
Alte, verfallene Gebäude, die einstmals stattliche Gehöfte waren und heute höchstens noch ein paar Schafs- oder Ziegenherden als Unterstand dienen, ziehen mich wie magisch an. Jedes einzelne Cortijo könnte sicher aufschlussreiche und spannende Geschichten von seinen Bewohnern und deren Lebensumstände erzählen; von Erdbeben und Überfällen, von Piraten, Hungersnöten und Pestepidemien und vom ganz alltäglich-banalem Groß- und Kleinbürgertum. Könnten sie doch nur reden, diese Steine; mit ihren lebendigen Geschichten würde man wohl Bibliotheken füllen können.
Manchmal findet man allerdings auch heute noch Geschichten und Begebenheiten aus früheren Zeiten, wie z.B. bei diesem fast verfallenen Gebäudekomplex, an dem wir bei einer unserer Wanderungen 2009 vorbeikamen: Bei diesem alten Gebäudekomplex handelt es sich um das Cortijo del Fraile, das im 18. Jahrhundert von den Mönchen des Dominikanerklosters Almería erbaut, jedoch schon im 19. Jahrhundert verlassen wurde.
Durch den berühmten spanischen Dichter Federico García Lorca und seinem Roman „Bodas de Sangre“ (Bluthochzeit) wurde das Cortijo jedoch über die Grenzen Andalusiens hinaus bekannt.
Es war eine Zeitungsmeldung im Juni 1928, die vom Cortijo del Fraile berichtete, dass die Braut einer Hochzeitsgesellschaft entführt worden war und dass man bei der Suche nach ihr auf die Leiche eines Mannes gestoßen war.
Diese Zeitungsmeldung inspirierte den gesellschaftskritischen Lorca zu seinem Roman „Bodas de Sangre“.
Es gab vor einigen Jahren noch Menschen, die die damals verhinderte Hochzeit als Kleinkinder miterlebt haben. Eine Nichte der damaligen Braut lebte z.B. noch 1991 in einem Cortijada ganz in der Nähe, im Weiler Los Albaricoques. Auch diese hätte gehumpelt, erzählt man sich im Dorf, genauso, wie die Braut in Lorcas Roman Bluthochzeit.
Auf Augenzeugen von damals zu treffen, so viel Glück hatte ich leider nicht, aber ich war schon froh, noch ein paar Fotos in den alten Gemäuern machen zu können, bevor von dem einstmals prächtigen Gutshof nichts mehr als eine Handvoll Steine übrig geblieben ist.
Per Handschlag werden in Andalusien auch heute noch Geschäfte und Verträge abgeschlossen.
Oder – wessen Schicksal wurde hier besiegelt?
Dunkle Geheimnisse und Familienfehden waren durchaus an der Tagesordnung.
Das Cortijo del Fraile gehörte 2009 einem Großgrundbesitzer aus Murcia, der auch hier Brokkoli, Blumenkohl und Icebergsalat anbaut, um sie nach ganz Europa zu liefern. Viele Jahre gab es zwischen ihm, der Andalusischen Regierung und der Diputación Provincial de Almería ein zeitraubendes Gerangel um die Erhaltung diesen Gebäudekomplexes und viele fürchteten schon, dass nur noch ein Haufen Steine übrig bleiben würden. Obwohl das Cortijo del Fraile unter Denkmalschutz steht, wurde sein Verfall nicht aufgehalten.
Nun scheint allerdings Bewegung in die Sache gekommen zu sein, wie ich kürzlich dieser Meldung entnahm: https://www.costanachrichten.com/costa- ... 89741.html
Scheinbar will man aus den Ruinen hier ein Kulturzentrum machen - hoffen wir mal, dass was draus wird
Die Zeiten von Blutrache sind in Andalusien wohl längst vorbei; heute dreht sich das kriminelle Geschehen eher um Korruption und illegaler Bautätigkeit, um die Ausbeutung der legal und illegal eingereisten Emigranten
, verbotenen Pflanzenschutzmitteln usw. Aber das ist wieder ein anderes Thema
Im Herbst 2011 erfuhr ich, dass meine liebe Freundin Emilia aus Las Negras mit den damaligen Gutsbesitzern und somit auch der Braut von damals verwandt ist. Sie ist allerdings keine Freundin von Lorca und sieht seine „Bodas de Sangre“ mit äußerst kritischen Augen. Das alles sei damals ganz einfach eine ärgerliche Sache gewesen und Lorca habe das für seine gesellschaftspolitischen Aktivitäten benutzt. Ja, ja, wenn Steine erzählen könnten . . .
„Ja, wenn Steine erzählen könnten . . .“
Dieser Gedanke begleitet mich, seit ich Spanien bereise. In keiner Gegend Europas habe ich diese beredte Vergangenheit so intensiv gespürt wie hier im Südosten Andalusiens, im warmen, unvergleichlich hellen Licht von Al Andaluz.
Alte, verfallene Gebäude, die einstmals stattliche Gehöfte waren und heute höchstens noch ein paar Schafs- oder Ziegenherden als Unterstand dienen, ziehen mich wie magisch an. Jedes einzelne Cortijo könnte sicher aufschlussreiche und spannende Geschichten von seinen Bewohnern und deren Lebensumstände erzählen; von Erdbeben und Überfällen, von Piraten, Hungersnöten und Pestepidemien und vom ganz alltäglich-banalem Groß- und Kleinbürgertum. Könnten sie doch nur reden, diese Steine; mit ihren lebendigen Geschichten würde man wohl Bibliotheken füllen können.
Manchmal findet man allerdings auch heute noch Geschichten und Begebenheiten aus früheren Zeiten, wie z.B. bei diesem fast verfallenen Gebäudekomplex, an dem wir bei einer unserer Wanderungen 2009 vorbeikamen: Bei diesem alten Gebäudekomplex handelt es sich um das Cortijo del Fraile, das im 18. Jahrhundert von den Mönchen des Dominikanerklosters Almería erbaut, jedoch schon im 19. Jahrhundert verlassen wurde.
Durch den berühmten spanischen Dichter Federico García Lorca und seinem Roman „Bodas de Sangre“ (Bluthochzeit) wurde das Cortijo jedoch über die Grenzen Andalusiens hinaus bekannt.
Es war eine Zeitungsmeldung im Juni 1928, die vom Cortijo del Fraile berichtete, dass die Braut einer Hochzeitsgesellschaft entführt worden war und dass man bei der Suche nach ihr auf die Leiche eines Mannes gestoßen war.
Diese Zeitungsmeldung inspirierte den gesellschaftskritischen Lorca zu seinem Roman „Bodas de Sangre“.
Es gab vor einigen Jahren noch Menschen, die die damals verhinderte Hochzeit als Kleinkinder miterlebt haben. Eine Nichte der damaligen Braut lebte z.B. noch 1991 in einem Cortijada ganz in der Nähe, im Weiler Los Albaricoques. Auch diese hätte gehumpelt, erzählt man sich im Dorf, genauso, wie die Braut in Lorcas Roman Bluthochzeit.
Auf Augenzeugen von damals zu treffen, so viel Glück hatte ich leider nicht, aber ich war schon froh, noch ein paar Fotos in den alten Gemäuern machen zu können, bevor von dem einstmals prächtigen Gutshof nichts mehr als eine Handvoll Steine übrig geblieben ist.
Per Handschlag werden in Andalusien auch heute noch Geschäfte und Verträge abgeschlossen.
Oder – wessen Schicksal wurde hier besiegelt?
Dunkle Geheimnisse und Familienfehden waren durchaus an der Tagesordnung.
Das Cortijo del Fraile gehörte 2009 einem Großgrundbesitzer aus Murcia, der auch hier Brokkoli, Blumenkohl und Icebergsalat anbaut, um sie nach ganz Europa zu liefern. Viele Jahre gab es zwischen ihm, der Andalusischen Regierung und der Diputación Provincial de Almería ein zeitraubendes Gerangel um die Erhaltung diesen Gebäudekomplexes und viele fürchteten schon, dass nur noch ein Haufen Steine übrig bleiben würden. Obwohl das Cortijo del Fraile unter Denkmalschutz steht, wurde sein Verfall nicht aufgehalten.
Nun scheint allerdings Bewegung in die Sache gekommen zu sein, wie ich kürzlich dieser Meldung entnahm: https://www.costanachrichten.com/costa- ... 89741.html
Scheinbar will man aus den Ruinen hier ein Kulturzentrum machen - hoffen wir mal, dass was draus wird

Die Zeiten von Blutrache sind in Andalusien wohl längst vorbei; heute dreht sich das kriminelle Geschehen eher um Korruption und illegaler Bautätigkeit, um die Ausbeutung der legal und illegal eingereisten Emigranten


Im Herbst 2011 erfuhr ich, dass meine liebe Freundin Emilia aus Las Negras mit den damaligen Gutsbesitzern und somit auch der Braut von damals verwandt ist. Sie ist allerdings keine Freundin von Lorca und sieht seine „Bodas de Sangre“ mit äußerst kritischen Augen. Das alles sei damals ganz einfach eine ärgerliche Sache gewesen und Lorca habe das für seine gesellschaftspolitischen Aktivitäten benutzt. Ja, ja, wenn Steine erzählen könnten . . .