Galileo und die Kirche

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Atze
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Galileo und die Kirche

Beitrag von Atze »

Maxheadroom:
.....und natürlich gab es im Mittelalter genügend wissenschaftliche Erkenntnisse die durchaus beweiskräftig waren , aber den Glaubensgrundsätzen
der Kirche nicht entsprachen :
Am 22. Juni 1633 wird der Astronom Galileo Galilei von der Inquisition der katholischen Kirche verurteilt. Er steht im Verdacht der Ketzerei, weil er geglaubt habe, dass "die Erde sich bewege und nicht der Mittelpunkt der Welt sei".
Galileo Galilei glaubte, er könne mit Verstand naturwissenschaftliche Forschung betreiben und mit dem Gemüt treues Mitglied der Kirche bleiben. Doch Kopernikus' Lehre war bei der katholischen Kirche nicht gerade beliebt. Denn nach der bibeltreuen Lehre der Kirche sollte die Erde als Zentrum stillstehen, während die Sonne wie auch die Sterne und Planeten um sie kreisen.
WIder besserem Wissen musste er widerrufen aus Angst vor Folter und Leiden
....."

Im "Heilpraktikerfaden" kam die Sprache auf Galileo und seine Prozesse bei der Inquisition. Dafür mache ich hier einen neuen Faden auf.
Selbstverständlich empfinden wir sowohl die damaligen Methoden der Kirche als auch die rigiden Strafen bei Abweichung von der Lehrmeinung heute empörend.
Aber war die Kirche in Bezug auf den wissenschaftlichen Gehalt von Galileos Behauptungen wirklich im Unrecht?
Die Fakten:
Dass die Sonne um die Erde kreist, also Sonne und Mond am Horizont auf- und untergehen war die Standardmeinung nicht nur der Kirche sondern nahezu aller Wissenschaftler im Altertum. Nicht umsonst hieß es das Ptolomäische Weltbild und nicht etwa das biblische Weltbild. Man brauchte schon sehr viel Phantasie, um zu der heutigen Lehrmeinung zu kommen. Die Kirche hielt sich konservativ an die Meinung "der Alten". Es sei denn man brächte einen Gegenbeweis.
Ca. 100 Jahre vor Galileo fand Kopernikus heraus, dass sich die Bahnen der Planeten sehr viel besser berechnen ließen, wenn man Umlaufbahnen um die Sonne annahm.
Entgegen der landläufigen Ansicht wurde die Verwendung des heliozentrischen Weltbildes zu Lebzeiten des Kopernikus und später keineswegs verboten. Allerdings nicht als bewiesene Tatsache sondern als Rechenhilfe und Hypothese.  An der spanischen Universität Salamanca z.B. wurde Astronomie seit 1561 parallel nach Ptolemäus und nach Kopernikus gelehrt. Damit die Studenten vergleichen konnten. Die Hypothese nach Kopernikus war sogar unverzichtbare Grundlage der Gregorianischen Kalenderreform 1582. Noch genauer waren die Berechnungen aber erst nach der Annahme einer Ellipsenbahn (Kepler).
Auf den Index gesetzt wurden die "De Revolutionibus" des Kopernikus erst 1616 in Zusammenhang mit dem ersten Verfahren gegen Galileo. Für wissenschaftliche Zwecke war das Buch von Kopernikus aber selbstverständlich weiter verfügbar.

Galileo lehnte die Theorien des Kopernikus zunächst ab. Als er dann aber später mit einem von ihm verbesserten Fernrohr die Monde des Jupiters um diesen Kreisen sah, hielt er erstmals auch Kreisbahnen von Planeten möglich. Leider schoss er über das Ziel hinaus und behauptete, er hätte die Kreisbahn der Erde bewiesen – Als Beweis führte er das Auftreten von Ebbe und Flut an, wofür – wie man damals schon wusste - aber der Mond zuständig ist. 1616 wurde ihm von der Kirche untersagt, seine Behauptung weiter zu verbreiten, solange er keine Beweise hatte. (Der Beweis wurde übrigens erst 1851 von Foucault erbracht).
Sein Freund und Gönner Kardinal Bellarmin schrieb damals, "dass man, läge ein wirklicher Beweis für das heliozentrische System vor, bei der Auslegung der heiligen Schrift in der Tat vorsichtig vorgehen müsse".

Die Warnung, dass er seine unbewiesenen Behauptungen nur als Hypothese behandeln sollte, beeindruckte Galileo aber nur bis 1631. Bescheidenheit war seine Sache nicht. In seiner Hybris stellte er in seiner neuen Streitschrift "Discorsi" das Heliozentrische Weltbild wiederum als bewiesen dar und in seinem fiktiven Gesprächspartner "Simplicio" (Einfaltspinsel) erkannte alle Welt seinen bisherigen Gönner Papst Urban VIII.
Das war zuviel. Deswegen kam er 1633 vor Gericht. Er hat aber nie im Kerker geschmachtet.

In der Sache also, nämlich das Heliozentische Weltbild zu ihrer Zeit als unbewiesen abzulehnen, hatte also die Inquisition Recht und Galileo unrecht.
Erst Newton schuf mit seinem Gedankengebäude zur Gravitation überhaupt die theoretische Voraussetzung wie das neue Weltbild funktionieren könnte.
Und wie schon erwähnt: Bewiesen wurde es erst 1851.
LG Atze
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Frambuesa
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Re: Galileo und die Kirche

Beitrag von Frambuesa »

Atze hat geschrieben: Di 16. Mai 2023, 16:42 Maxheadroom:
....Am 22. Juni 1633 wird der Astronom Galileo Galilei von der Inquisition der katholischen Kirche verurteilt. Er steht im Verdacht der Ketzerei, weil er geglaubt habe, dass "die Erde sich bewege und nicht der Mittelpunkt der Welt sei"......"

. . . Und wie schon erwähnt: Bewiesen wurde es erst 1851.
Und dann brauchte die katholische Kirche immer noch bis 1992, um Galilei zu rehabilitieren #:-s
Saludos Frambuesa
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Atze
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Re: Galileo und die Kirche

Beitrag von Atze »

Frambuesa hat geschrieben: Di 16. Mai 2023, 18:29
Atze hat geschrieben: Di 16. Mai 2023, 16:42

. . . Und wie schon erwähnt: Bewiesen wurde es erst 1851.
Und dann brauchte die katholische Kirche immer noch bis 1992, um Galilei zu rehabilitieren #:-s
Wie ich schon schrub: Die Behandlung dieses schwierigen Genies war ziemlich unwürdig, wobei er sich aber einiges selbst zu zuschreiben hatte (man sollte einen Papst eben nicht als Simpel bezeichnen, zumal er in diesem Papst einen Bewunderer hatte) .
Wissenschaftlich gesehen ist seine Rehabilitation aber zwiespältig: Entgegen seiner Behauptung hatte er eben keinen Beweis. Genau genommen war es weiterhin eine Hypothese. Wie vieles auch noch in der heutigen Physik. Trotzdem kann man damit arbeiten.
Er hatte eben nicht die Bescheidenheit, einfach nur zu sagen:"Ich habe Grund anzunehmen...."
wie es z. B. Darwin tat.
LG Atze
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