
Ich gehöre auch zu den bekennenden Tomatensafttrinkerinnen im Flieger. Für Zuhause kaufe ich mir schon lange keinen Tomatensaft mehr, denn im Kühlschrank wird mir die Flasche regelmäßig schlecht - ein Glas genügt mir, dann ist der Zieps vorbei. Deshalb lasse ich die Gelegenheit im Flugzeug nicht an mir vorbei gehen.

Da es mir offenbar nicht allein so geht, habe ich einmal im Internet ein wenig recherchiert. In einem uralten Artikel der „Zeit-online“ erfährt man, dass besonders die Deutschen viel Tomatensaft im Flugzeug trinken. Das Hamburger Abendblatt betitelt ein Jahr später (immerhin 2004) einen Beitrag mitRätsel um Beliebtheit von Tomatensaft im Flugzeug gelöst. Danach schenken Deutschlands Fluggesellschaften jährlich rund 1.500.000 l (in Worten: Einskommafünfmillionenliter - das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen) des roten Getränkes aus. Eine Begründung liefert die Site auch:
Möglicherweise liegt aber hier eine Erklärung dafür, dass Reisende auf Tomatensaft fliegen. Nach Auskunft von Ernährungsexperten schwirren über den Wolken vermehrt oxidative Substanzen, besser bekannt als freie Radikale, herum. Dagegen soll Lycopin schützen, ein Stoff, der in der Frucht reichlich vorkommt. Außerdem ist sie reich an den Vitaminen A und C. Bei Durchfall wird der Saft als natürliches Elektrolyt empfohlen. Und zwei Gläser am Tag sollen sogar vorbeugend gegen Krebs wirken. Vielleicht will sich der fluggestresste Körper unbewusst etwas Gutes tun.Ein anderer Erklärungsversuch klingt weniger plausibel. Durch den Unterdruck in Flugzeugen leiden die Geschmacksnerven. Der kräftige Tomatensaft, womöglich mit Salz und Pfeffer angerührt, sorgt in himmlischen Gefilden für eine willkommene Würze.
(Zitat Zeit-online)
Nach einem - im Gegensatz zu den vorgenannten Artikeln - relativ aktuellem Beitrag (11.2.2010) - scheint das Rätsel gelöst. Nach Abschluss einer Studie, durchgeführt im Auftrag der Deutschen Lufthansa vom Fraunhofer Institut in Holzkirchen, nehmen die Passagiere den Geschmack am Boden und auf Flughöhe unterschiedlich wahr. Das soll an dem niedrigen Luftdruck in den Kabinen liegen, bei dem die Geruchs- und Geschmacksschwelle im Flugzeug ansteigt. "Tomatensaft wurde bei Normaldruck deutlich schlechter benotet als bei Niederdruck. Er wurde als muffig beschrieben. Oben traten angenehm fruchtige Gerüche und süße, kühlende Geschmackseindrücke in den Vordergrund", sagte die Aromachemikerin Andrea Burdack-Freitag vom Fraunhofer-Institut der ZEIT. Der niedrige Luftdruck führt zu einer geringeren Geruchs- und Geschmackswirkungen von Gewürzen, Salz und Zucker. Den Appetit auf etwas Würziges befriedigt ein mit Salz und Pfeffer gewürzter Tomatensaft hervorragend.
Ein weiterer Grund, warum ich mir im Flugzeug Tomatensaft bestelle:. Diese „Gazpacho“ ohne Gemüseeinlage schmeckt mir wesentlich besser als die lappige Bordverpflegung, stillt gleichzeitig Hunger und Durst und ist das einzige Getränk, das mir aus diesen elenden Plastikbechern überhaupt schmeckt. Und: Tomatensaft wirkt längst nicht so harntreibend wie Kaffee und erspart mir den Weg durch den Mittelgang zur engen Flugzeugtoilette.