Die Zwangsrückführung von rumänischen Zigeunern aus Frankreich hat auch in Spanien die Debatte über die Lage dieser Volksgruppe wieder aufleben lassen. Man schätzt die Gemeinschaft von Zigeunern hierzulande auf etwa 680.000 Menschen.
MADRID / SPANIEN (26.09.2010): Die Zwangsrückführung von rumänischen Zigeunern aus Frankreich hat auch in Spanien die Debatte über die Lage dieser Volksgruppe wieder aufleben lassen. Man schätzt die Gemeinschaft von Zigeunern hierzulande auf etwa 680.000 Menschen, von denen die meisten heutzutage nicht mehr „herumzigeunern“, sondern längst ansässig geworden sind. Figueres hat seit Jahrhunderten einen bedeutenden Anteil dieser Volksgruppe, die im Spanischen als „calé“ bezeichnet werden. Das Wort bedeutet also: Zigeuner, aber auch die Zigeunersprache. Eine zweite Bedeutung des Wortes calé hat allerdings mit Zigeunern nichts zu tun: no tener ni un calé meint, keinen Pfennig haben. Calé = Piepen, Zaster, Kohle.

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Die meisten Zigeuner in Spanien leben in Andalusien, der Extremadura, in Katalonien und im Aragón. Ihre Lage verbesserte sich mit dem Übergang zur Demokratie nach dem Tod von General Franco, der sie als Militärdiktator stets im Visier hatte und von seiner Guardia Civil hart verfolgen liess. Vom Gesetz her wurden sie allen anderen Spaniern gleichgestellt. Damit begann für sie aber auch die Schulpflicht, der diese Menschen bis heute nur sehr unzureichend nachkommen. Die Zahl der Eingeschulten ist nur im allerersten Schuljahr hoch, danach beginnt das Schwänzen, die Kinder kommen bald nicht mehr mit und brechen in viel zu vielen Fällen die Schule ab. Infolgedessen können sie kaum eine Berufsausbildung bekommen und entsprechend hoch ist die Arbeitslosigkeit. Negativ wirkt sich auch aus, dass die traditionell frühe Verheiratung der Zigeunermädchen eine hohe Geburtenrate mit sich bringt. Wo die Männer in Spanien überhaupt Arbeit fanden, war im Bau und beim Transportwesen: zwei Branchen, die durch die Wirtschaftskrise einbrachen und zu einer Arbeitslosigkeit um die 30 % führten. Während in ganz Spanien die Risikogruppe der ganz Armen bei 20 % liegt, liegt sie bei den Zigeunern bei 75 %. Ganz finster sieht es bei Abitur und Universität aus. Vor fünf Jahren gab es gerade einmal 1.000 Zigeuner unter den Unistudenten, während es in Bezug auf ihren Bevölkerungsanteil über 28.000 sein müssten.
Am schlimmsten für die Zigeuner sind die Vorurteile der Gesellschaft. Bei einer Umfrage vor fünf Jahren gaben 40 % der Befragten an, die Zigeuner belästigten sie „sehr“ oder immerhin „ziemlich stark“. Zwei Jahre später waren es bereits 52 %, die „keine“ oder „wenig Sympathie“ für sie hegten. Damit waren die Zigeuner noch schlechter angesehen als Muslime (46%) und Immigranten (31 %.)
Es gibt über 100 Zigeunervereinigungen in Spanien. Deren Leiter bemühen sich, ihre Schäflein besser in die Gesellschaft einzugliedern. Sie stossen dabei aber auf die hartnäckigen Vorurteile der Spanier gegenüber den „calés“ In der Politik sind diese Menschen so gut wie nicht vorhanden. Es scheint, als ob sich diese Volksgruppe bereits von der Idee verabschiedet hat, einfach nur Spanier sein zu dürfen.
Angelika Eisenführ [/b][/color]
Mit freundlicher Genehmigung von comprendes.de - Das Spanienmagazin