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Rückkehr zum Zentralstaat?

Verfasst: Do 12. Apr 2012, 10:40
von Oliva B.
"Als Ausweg aus dem Schuldenloch wird in Spanien eine radikale Umstrukturierung ins Auge gefasst. Die 17 autonomen Gemeinschaften könnten abgeschafft – und damit jährlich 48 Milliarden Euro eingespart werden." Mehr bei Focus.de

Nicht nur mehrere PP-Politiker unterstützen den Vorschlag ihrer Parteigenossin Esperanza Aguirre (konservative Chefin der Regionalregierung von Madrid), sondern auchdie große spanische Tageszeitung "El Mundo" ist dafür, dass die Regionen ihre Zuständigkeiten für Gesundheit, Bildung und Justiz an die spanische Zentralregierung abtreten und ihre Parlamente abschaffen. Auch das Katalonien stimmt dem Vorschlag zu, jedoch nur für die künstlich geschaffenen Regionen und nicht für Katalonien und das Baskenland, die durch eine Zentralisierung der Regierung ihren Autonomiebestrebungen näher kämen.

Die 17 autonomen Gemeinschaften (spanisch: Comunidades Autónomas, abgekürzt CC.AA.) sind mit Kompetenzen in Vollzug und Gesetzgebung ausgestattet und waren nach dem Ende der Franco-Diktatur (1939-1975) als eine Kompromisslösung geschaffen worden: Baskenland und Katalonien forderten damals eine weitreichende Autonomie, weshalb man sich beim Übergang zur Demokratie darauf verständigte, ganz Spanien in autonome Regionen aufzuteilen.

Ich habe gestern das ARD-Magazin "Plusminus" gesehen, es ging um die schlechte Zahlungsmoral in Spanien, Portugal, Italien und Griechenland. Der spanische Staat zahlt seine Schulden im Schnitt nach 900 :!: Tagen. Diese Wartezeit kann kaum eine Firma überbrücken, Unternehmen gehen reihenweise pleite:
"Nur jeder vierte deutsche Lieferant bekommt sein Geld innerhalb eines Monats. Das steht in einer Studie von Creditreform, einem Spezialisten für Wirtschaftsauskünfte.
Michael Bretz von Creditreform kennt die Gründe. Die Firmen im Ausland würden sich über die Lieferungen aus dem Ausland teilweise auch finanzieren. "Sie warten einfach mit der Bezahlung, lassen sich Zeit, weil sie ja zwischenzeitlich die Ware auch schon weiter verkaufen können. So gewinnen sie Finanzierung".


In Spanien häufen sich die Klagefälle, speziell aus Deutschland. Kleine Mittelständler haben z.B. vor Jahren Maschinen nach Spanien verkauft, doch die Kunden haben bis heute nicht bezahlt. Über Gerichtsverfahren ist es äußerst schwierig an das Geld zu kommen, viele Schuldnerfirmen sind schon insolvent. Da die deutschen Mittelständler ihre Außenstände nicht eintreiben können, stehen auch von ihnen etliche davor, Konkurs anzumelden.
Auch der berühmte Schuldenschnitt ist keine Alternative für ausländischer Unternehmer. Sie müssen jedoch in den sauren Apfel beißen, um wenigstens ein Teil ihres Geldes zu erhalten. Auf diese Weise zahlen viele ausländische Unternehmen den Preis für die maroden Wirtschaftssysteme anderer Länder.
Deshalb überlegen etliche Großunternehmen, sich aus Spanien zurückzuziehen. Sie haben viel Geld investiert, bleiben aber auf ihren Forderungen sitzen...
Berichtet wurde in der Sendung u.a. von der Firma Biotest, die Medikamente nach Griechenland liefert. Für ihre Waren haben sie zuletzt wertlose Staatsanleihen erhalten, ihr Verlust liegt bei 13 Millionen Euro....Mehr

Die Frage stellt sich, welche Knsequenzen es haben wird, wenn immer mehr ausländische Firmen auf ihren Forderungen hängen bleiben? Sie werden sich hüten, nach Spanien zu liefern. Dann aber "Gute Nacht!"

Re: Rückkehr zum Zentralstaat?

Verfasst: Do 12. Apr 2012, 10:49
von Cozumel
Die Katalanen und Basken werden das aber auf keinen Fall mitmachen, was dann?
Das sind die zahlungsfähigen Provinzen.

Re: Rückkehr zum Zentralstaat?

Verfasst: Do 12. Apr 2012, 13:51
von TorreHoradada
Man stelle sich einmal vor in Deutschland würde der Vorschlag gemacht die 17 Bundesländer abzuschaffen um die Kosten der Parlamente einzusparen und dann von einem Zentralstaat regiert zu werden. Gibt es da nicht einen Aufschrei ?

Erst recht ( Achtung es wird polemisch ) wenn man derzeit von einer Bundesobrigkeit komplett aus den FNL regiert wird ?
Denn dieser Zentralstaat hat es auch nur 45 Jahre geschafft zu existieren. Bislang gibt es keinen dauerhaften erfolgreichen Zentralstaat, der als Vorbild für solche Vorschläge dienen könnte.

Wie werden dann die Gelder verteilt? Über das Gießkannenprinzip? Wohl nicht wirklich gut denn Madrid kann nicht überall sein. Zumal es regional unterschiedliche Probleme zu lösen gilt. Das grenzt ja schon an einen verspäteten Aprilscherz als an ernsthafter Problemlösung.

Und auch der deutsche Staat / öffentliche Hand läßt sich immens viel Zeit mit der Begleichung von Rechnungen. Das trifft ebenfalls den Mittelstand härter als die Großkonzerne. Denn die haben ihre Lobby.

Re: Rückkehr zum Zentralstaat?

Verfasst: Do 12. Apr 2012, 16:52
von Oliva B.
TorreHoradada hat geschrieben:Und auch der deutsche Staat / öffentliche Hand läßt sich immens viel Zeit mit der Begleichung von Rechnungen. Das trifft ebenfalls den Mittelstand härter als die Großkonzerne. Denn die haben ihre Lobby.
Aber durchschnittlich 2 1/2 Jahre? :-o Wohl kaum.

Wer sich für diese Problematik interessiert, sollte die Rückschau der gestrigen Plusminussendung lesen. Interessant wird es ab dem 2. Abschnitt. - Deutsche Unternehmer als Sanierer ausländischer Firmen und Staaten.... :-o

Re: Rückkehr zum Zentralstaat?

Verfasst: Do 12. Apr 2012, 18:43
von depende
ich finde die Idee der Zentralisierung in Spanien nicht schlecht....

Re: Rückkehr zum Zentralstaat?

Verfasst: Fr 13. Apr 2012, 06:40
von TorreHoradada
depende hat geschrieben:ich finde die Idee der Zentralisierung in Spanien nicht schlecht....
Da fehlt mir die Begründung.