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Europawahl: was wählt man da eigentlich?
Verfasst: Sa 22. Feb 2014, 22:18
von rainer
Ist euch eigentlich bewusst, dass das Europaparlament, das demnächst gewählt werden soll , kaum etwas zu sagen hat? Zitat aus Wikipedia:
"
Anders als der deutsche Bundestag und Bundesrat besitzen weder das Europäische Parlament noch der Rat der EU das Recht der Gesetzesinitiative. Diese liegt auf EU-Ebene allein bei der Europäischen Kommission; mit wenigen Ausnahmen, in denen auch eine Gruppe von Mitgliedstaaten oder eines der Organe der Europäischen Union Gesetzgebungsinitiativen entwickeln kann, ist die Kommission also die einzige Institution, die Entwürfe für EU-weite Rechtsakte vorlegen darf.
- Mit anderen Worten, die Macht haben weitestgehend die Kommissare, und die werden nicht vom Volk gewählt. Sondern: siehe
http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/index_de.htm
Erst neuerdings, seit dem Lissaboner Vertrag, müssen die Staats- und Regierungschefs wenigstens bei der Auswahl des Kommissionspräsidenten das Ergebnis der Europawahl "berücksichtigen".
Mal dumm gefragt: Wozu also eigentlich die ganze Europawahl, das Europaparlament?
Re: Europawahl: was wählt man da eigentlich?
Verfasst: Sa 22. Feb 2014, 22:26
von gisaroth
Für mich ist das ein Lehrstück von Pseudodemokratie, kostet viel Geld, schaukelt den Bürgern eine Einflussnahme vor und bewirkt.... NICHTS
frustierte Grüsse
gisa

Re: Europawahl: was wählt man da eigentlich?
Verfasst: Sa 22. Feb 2014, 23:24
von El Toro
Bei aller Euroverdossenheit einiger Leute sollte man doch fair sein und die Sachlage korrekt darstellen, bzw nicht nur Teilsätze aus Wikipedia zitieren und somit einen falschen Sachverhalt herstellen.
Ohne vor dem europäischen Parlament erst einmal zu bestehen, wird ein von den einzelnen Ländern vorgeschlagener Kommissar gar nicht erst Kommissar. Die werden nämlich dann nach einer ausführlichen Prüfung quasi vom Parlament gewählt, genau wie bei uns die Regierung vom Parlament gewählt wird.
Zweitens: Das Parlament an sich kann nur indirekt Gesetze anstossen bei den Kommissaren, nicht direkt selber vorlegen, aber: Ohne Zustimmung des Parlamentes geht kein Gesetzesvorschlag der Kommissare raus.
Das System ist ein klein wenig anders, aber letztlich sind auch die Kommissare gewählt, genau wie unsere Bundesregierung indirekt, und das Parlament "beschliesst" die Gesetze oder verlangt eine Änderung.
Ob nun die Regierung eines oder mehrerer Länder einen Kommissar bzw einen Kommissionspräsidenten vorschlägt oder eine Partei macht für mich keinen grossen Unterschied. Besser wäre natürlich direkt gewählt, aber nach welchen Kriterien sollte ein Deutscher einen sagen wir mal italienischen Kommissar denn wählen? Wenn er überhaupt mal den Namen kennt...
Was ich daran aber schätze, ist dass der gewählte Präsident nicht seine Mitstreiter einfach nach parteiinternem Verdienst ungeachtet der Qualifikation aussuchen kann. Jeder, also auch der Landwirtschafts"minister", muss das Parlament erst von sich überzeugen.
Weiter: Dieses Verfahren hat noch einen Vorteil: Es gibt keinen wirklichen Fraktionszwang. Im Parlament gibt es je nach Thema immer wieder wechselnde Mehrheiten. Und nicht: Merkel möchte das, wir haben die Mehrheit, also wird gemacht was Merkel will... Das ist der Punkt, der mich in Deutschland schon immer am meisten an der Scheindemokratie gestört hat.
Saludos, El Toro
Re: Europawahl: was wählt man da eigentlich?
Verfasst: So 23. Feb 2014, 08:23
von rainer
Ich hatte meinen Beitrag bewusst als Frage formuliert. Um damit zur Diskussion anzuregen.
Betroffen sind wir ja alle gleichermaßen, ob nun in Spanien oder Deutschland lebend.
Ein interessanter Artikel zum Thema:
http://www.zeit.de/2013/22/europa-parla ... hs/seite-1
Zitat Daniel Cohn-Bendit:
"wenn....wäre das ein historischer Sprung auf dem Weg zu einer europäischen parlamentarischen Demokratie". Mit anderen Worten, man ist immer noch "auf dem Wege".
Aber zugegebenermaßen hat sich inzwischen immerhin schon einiges gegenüber früher getan,
sogar schon wieder gegenüber
1999
Nebenbei: Das Zitat aus Wikipedia war 1:1 und somit keineswegs sinnentstellend; darüber hinaus
hatte ich zu weiteren Hintergründen sogar auf die offizielle Website der Kommission verlinkt.
Re: Europawahl: was wählt man da eigentlich?
Verfasst: So 23. Feb 2014, 17:11
von El Toro
Nun, Rainer,
Ich sehe das EU Parlament wie ein Kind, im Stadium eines Jugendlichen, das langsam erwachsen wird, so die Eltern (die Nationen) es denn lassen.
Für mich erschreckend ist, dass unendlich viele Leute - siehe gisaroth, entschuldige bitte, dass ich Dich erwähne - erschreckend uninformiert sind, die Fortschritte und Hintergründe nicht sehen und dann aus begrenzter nationaler Sicht heraus ihren Vorurteilen freien Lauf lassen.
Sicher muss noch vieles passieren, die nationalen Parlamente müssen mehr Macht abgeben, aber nur weil das noch nicht ganz umgesetzt ist, ist es vermessen, "Die EU" als Pseudodemokratisch zu bezeichnen, obendrein natürlich auch völlig falsch.
Es sitzt niemand dort im Parlament oder in der Kommission, der nicht in irgendeiner Form gewählt wurde, und sei es indirekt durch die jeweils legitimierten Regierungen der Nationen.
Ganausogut könnte ich dann ja sagen, Deutschland ist nicht demokratisch, weil ich die Merkel nicht gewählt habe, die aber trotzdem Bundeskanzlerin ist.
Mir würde es auch besser gefallen, wenn man den / die KanzlerIN und die Minister direkt wählen könnte. Und die regieren dann, kontrolliert von einem Parlament, welches keine Regierungskoalition und keine Oppsition, also keinen Fraktionszwang mehr kennt.
In dem Augenblick muss die Regierung nämlich mit Vernunft und den besseren Argumenten kommen. Was heute nicht der Fall ist.
Da ich mich auch aktiv politisch in einem Landesfachausschuss für Europapolitik engagiert hatte, hege ich die Hoffnung, dass vielleicht die nächste Generation erkennt, dass die EU aufgrund der Globalisierung unabdingbar ist, es sei denn, die USA, Russland und China würden plötzlich ihre Grossmachtstellung an den Nagel hängen und direkt sowas wie eine gemeinsame Weltregierung mit allen bilden.
Saludos, El Toro
Re: Europawahl: was wählt man da eigentlich?
Verfasst: Mo 24. Feb 2014, 08:06
von sol
@ El Toro
auch für mich - schon älteres Semester - ist, wie du schreibst,
die EU auf Grund der Globalisierung unabdingbar----
Allein schon aus wirtschaftlichen Gründen------
von den politischen der Zukunft ganz zu schweigen----
Aber, es ist alles noch im Werden und man kann nur hoffen,
daß sich viele Menschen der einzelnen EU-Länder mit der
Gesamtheit - EU identifizieren----
Bequemlichkeiten haben wir doch schon------den €-------
und keine Pässe mehr---freie Durchfahrt etc.
Nur- man muss eben Demokratie akzeptieren
und als "Wahlverlierer" damit leben können
Also- dann bis zum 25.5.14
Re: Europawahl: was wählt man da eigentlich?
Verfasst: Mo 24. Feb 2014, 11:03
von Roemer
Das Sagen auf EU-Ebene hat weder das Parlament noch die Kommission sonder der Rat der Europäischen Union - sprich: die Ministerräte !
Da der Rat Aufgaben der Legislative erfüllt, seine Mitglieder in den entsendenden Mitgliedstaaten jedoch Teil der nationalen Regierungen, also der Exekutive sind, gilt er als ein typischer Fall von Exekutivföderalismus. Kritiker sehen darin einen Widerspruch zum Prinzip der Gewaltenteilung und einen Grund für das wahrgenommene Demokratiedefizit der EU. Dabei wird häufig das sogenannte Spiel über Bande kritisiert, bei dem Regierungen Gesetzesvorschläge, für die es auf nationaler Ebene keine Parlamentsmehrheit gibt, über den Umweg der europäischen Gesetzgebung durchzusetzen versuche.
Aktuelles Beispiel: Genmais
In den meisten nationalen Parlamenten (= Volk) nicht mehrheitsfähig. In Deutschland ist jede Partei dagegen. Die aktuelle GroKo wollte ihn laut Koalitionsvertrag nicht.
Im EU-Ministerrat wurde der Anbau beschlossen mit Enthaltung Deutschlands.
Das ist auch für Hardcore EU-Fans nicht mehr erklärbar ...
Der Roemer
Re: Europawahl: was wählt man da eigentlich?
Verfasst: Mo 24. Feb 2014, 12:12
von El Toro
Roemer hat geschrieben:Das Sagen auf EU-Ebene hat weder das Parlament noch die Kommission sonder der Rat der Europäischen Union - sprich: die Ministerräte !
...
Aktuelles Beispiel: Genmais
In den meisten nationalen Parlamenten (= Volk) nicht mehrheitsfähig. In Deutschland ist jede Partei dagegen. Die aktuelle GroKo wollte ihn laut Koalitionsvertrag nicht.
Im EU-Ministerrat wurde der Anbau beschlossen mit Enthaltung Deutschlands.
Das ist auch für Hardcore EU-Fans nicht mehr erklärbar ...
Der Roemer
Ich sagte ja schon vorher, dass das Problem einzig ist, dass die Nationen einfach ihre Macht nicht abgeben wollen.
Und Merkel tut sich da besonders hervor. Die ist Honeckers Rache an der BRD.
Saludos, El Toro
Re: Europawahl: was wählt man da eigentlich?
Verfasst: Mo 24. Feb 2014, 19:47
von rainer
Roemer hat geschrieben:Das Sagen auf EU-Ebene hat weder das Parlament noch die Kommission sondern der Rat der Europäischen Union - sprich: die Ministerräte !
Eben. Was also genau bewirkt man eigentlich mit seiner Wählerstimme im europapolitischen Alltag?
Re: Europawahl: was wählt man da eigentlich?
Verfasst: Mo 24. Feb 2014, 20:27
von Montemar
POLEMIK?
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