Menschenrechte: Ein Kind des Christentums????

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Atze
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Re: Menschenrechte: Ein Kind des Christentums????

Beitrag von Atze »

Oliva B. hat geschrieben: Pardon, Atze, aber ich dachte es ginge hier ganz allgemein um Menschenrechte und Christentum...?
Geht es auch, es geht aber nicht um Menschenrechte und "Kirche"
Ich muss nicht bis zu Moses zurückgehen, auch im Brief des Paulus an die Epheser steht: "Die Weiber seien untertan ihren Männern als dem Herrn." (Lutherbibel). Dir muss ich nicht sagen, das dies im NT steht.
Dass Paulus eher misogyn war, erwähnte ich schon. Trotzdem haben sowohl im Frühchristentum als auch später im Mittelalter Frauen Stellungen erreicht, die in anderen Kulturen ohne Beispiel waren. Sicher war das (noch) nicht genug.
Zu den Menschenrechten (Titel) gehört für mich untrennbar die Geschlechtergerechtigkeit, d.h. das Recht der Frau auf ein angstfreies Leben in Würde. Man muss nicht zwangsläufig auf den Schweizer Kanton Appenzell-Innerrhoden verweisen - der Vatikan tut sich heute noch schwer mit Frauenrechten (z.B. Geburtenkontrolle) - und mit Homophobie.
Das sind die katalogisierten, sozusagen die erwachsenen Menschenrechte in der Neuzeit. Die Menschenrechte als "Kind" im Mittelalter konnten nur angedacht sein. Dass Frauen benachteiligt waren war kein Ergebnis des Christentums, sondern ein in (fast) allen Kulturen zu beachtendes soziologisches Problem

Auch finde ich es weder verwegen noch revolutionär von der Kirche, wenn sie von nach Inquisition und Hexenverfolgung von ihrem Irrglauben, Frauen hätten keine Seele, abgegangen ist, sondern längst überfällig. Wobei die Kirche (im Gegensatz zur weltlichen Interpretation) unter "Seele" den unsterblichen Teil des Menschen versteht.
Dass Frauen vor Gott dem Mann gleich sind, war nun mal dem mittelalterlichen Menschen enorm wichtig. Und das waren sie im Christentum von Anfang an, nicht erst nach Inquisition und Hexenverfolgung - allerdings von den frühen Kirchenlehrern misstrauisch beäugt, da sie sich von der aus der Antike stammenden Minderwertigkeit des Weibes einfach ungern trennen wollten.
Aber auch in neuerer Zeit kann man die Kirche nicht unbedingt dafür loben, dass sie sich für die Menschenrechte eingesetzt hat, z.B. als sie im Dritten Reich zu den NS-Verbrechen geschwiegen hat.
Das ist völlig richtig und ich teile auch nicht die Auffassung, dass das "Schweigen" Schlimmeres verhütet hätte.
Insbesondere die "Rattenlinien" nach dem Krieg sind ein Schandmal.
Aber nochmals: Das Thema lautete: Menschenrechte: ein Kind des Christentums? (und nicht ein Kind der Kirche?).
LG Atze
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Atze
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Re: Menschenrechte: Ein Kind des Christentums????

Beitrag von Atze »

.....Also nochmals: Das Thema lautete: Menschenrechte: ein Kind des Christentums? (und nicht: ein Kind der Kirche?).

Und wie der aufmerksame Leser inzwischen entdeckt haben könnte, hätte ich auch sagen können: Ein Kind des (christlichen) Abendlandes.
Und das sind sie doch ohne Zweifel. Da dürften auch Atheisten zustimmen. "Ein Kind Europas" wäre vielleicht nicht ganz richtig, da die erste Erklärung in Amerika erfolgte, allerdings bedingt durch abendländische Denkweise:
"Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich erschaffen worden, daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden, worunter sind Leben, Freyheit und das Bestreben nach Glückseligkeit."

Auch hier ist noch nicht vom Wahlrecht für Frauen oder für Schwarze die Rede. Doch gelten dieser Satz allgemein als erste Menschenrechtserklärung in der Neuzeit. Sind nun die Gründervater der USA dafür zu schelten, dass sie noch nicht Frauenrechte und Sklavenbefreiung in ihre Worte aufnahmen?
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Oliva B.
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Re: Menschenrechte: Ein Kind des Christentums????

Beitrag von Oliva B. »

Atze hat geschrieben:.....Also nochmals: Das Thema lautete: Menschenrechte: ein Kind des Christentums? (und nicht: ein Kind der Kirche?).
Tut mir leid, Atze, wahrscheinlich fehlen mir deine Kenntnisse, aber Christentum und Kirche/n (egal ob römisch-katholisch, orthodox, protestantisch oder anglikanisch) gehören für mich untrennbar zusammen, denn der christliche Glaube an den Messias und Sohn Gottes wurde und wird durch diese Kirchen verbreitet.

Deshalb klinke ich mich an dieser Stelle aus und überlasse dir das Feld.
Cozumel
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Re: Menschenrechte: Ein Kind des Christentums????

Beitrag von Cozumel »

Ich bin der Überzeugung, dass die christliche Lehre das Abendland schon stark positiv beeinflusst hat.
Aber die Lehre Jesu hat die Menschen nur am Anfang der Religionsgründung positiv beeinflusst.

Später war der Glaube, auch bei tiefgläubigen Menschen, oft nur Mittel zum Zweck. Da gibts Millionen Beispiele dafür.

Wollte man Sklaven beschäftigen, fand man in der Bibel die entsprechende Stelle, auch wenn es genügend andere gab, die dem widersprachen.

Wollte man sich die Weiber vom Leib halten und als Mann tun was einem gefiel, fand sich auch dort die entsprechende Bibelstelle. Allen voran die Priester die das alles sanktionierten und dafür sorgten, dass es auch eingehalten wurde.

Brauchte man billige Arbeitskräfte, die niemals aufmuckten, dann predigte der Pfaffe von der Kanzel, dass jeder wissen muss, wo sein Platz ist und die Belohnung erst im Paradies erfolgt. Sehr praktisch.

Wurde eine Frau ungewollt schwanger hat man sie ausgestossen aber dem Mann passierte nicht das geringste.
Obwohl jedem klar war, dass es die Männer waren die Frauen mir allen möglichen Versprechen dazu brachten, die sie nie einzuhalten brauchten und doch weiter Teil der Gesellschaft blieben. Millionen von Frauen waren dazu gezwungen "ins Wasser zu gehen" und der ungewollte Bankert war man gleich mit los. Wieder mit Genehmigung der christlichen Kirche.

Die christliche Kirche war ein Hort von extrem kaltherzigen Menschen.

Zum Beispiel wie mit Kindern von Eingeboreren (Irland, Australien, Kanada z.B.) umgegangen wurde. Sie wurden ihren Eltern entrissen, damit sie die christliche Heillehre empfangen konnten. Wohl eher eine Gehirnwäsche, denn freiwillig war nichts davon.

Die Krankenhäuser voll frommen Schwestern, die Frauen, die uneheliche Kinder bekamen, ihre Säuglinge aus dem Leib rissen um sie in staatlichen Waisenhäuern zu guten Menschen zu erziehen. Mit Gewalt und Bestrafung versteht sich.

Die Priester die Kriege segneten.

Die Kirche die Sklaverei erlaubte.

Und neuerdings die ungezählten aber sehr,sehr vielen Kinder die von Geistlichen missbraucht wurden, obwohl sie sich ihn ihrer Obhut befanden.

Ich könnte jetzt stundenlang so weiter schreiben.
rainer
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Re: Menschenrechte: Ein Kind des Christentums????

Beitrag von rainer »

Atze hat geschrieben:.....Also nochmals: Das Thema lautete: Menschenrechte: ein Kind des Christentums? (und nicht: ein Kind der Kirche?).
Und wie und wo anders hat sich ein "Christentum" jemals etabliert und verbreitet außer über die kirchlichen Organisationen?
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Atze
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Re: Menschenrechte: Ein Kind des Christentums????

Beitrag von Atze »

rainer hat geschrieben:
Atze hat geschrieben:.....Also nochmals: Das Thema lautete: Menschenrechte: ein Kind des Christentums? (und nicht: ein Kind der Kirche?).
Und wie und wo anders hat sich ein "Christentum" jemals etabliert und verbreitet außer über die kirchlichen Organisationen?
Hm, welche Organisation schickte Paulus fast durch das ganze römische Reich, Markus nach Ägypten, Frumentius nach Aksum (Äthopien)?
Wieso kamen einzelne Mönche dazu, Irland und Schottland schon ab dem 3. Jahrhundert zu missionieren, obwohl die römische Kirchenorganisation dort erst ab dem 8. Jahrhundert übernommen wurde?
Aus welchen Organisationen kamen die vielen frühkirchlichen Abspaltungen wie Nestorianer, Arianer, Kopten usw?

Ich denke, der christliche Glaube wurde in seiner Frühzeit eher von Menschen als von Organisationen verbreitet.
LG Atze
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Re: Menschenrechte: Ein Kind des Christentums????

Beitrag von Atze »

Oliva B. hat geschrieben: Tut mir leid, Atze, wahrscheinlich fehlen mir deine Kenntnisse, aber Christentum und Kirche/n (egal ob römisch-katholisch, orthodox, protestantisch oder anglikanisch) gehören für mich untrennbar zusammen, denn der christliche Glaube an den Messias und Sohn Gottes wurde und wird durch diese Kirchen verbreitet.
Jetzt kommt mal ein ganz schräger Vergleich, der mir in meiner Hilflosigkeit eben eingefallen ist:

Sport zu treiben ist offenbar eine verbreitete Angewohnheit. Irgendwann kam dann mal jemand auf die Idee, dass es nützlich angenehm wäre, einen runden Ball zu treten statt mit der Hand zu werfen. Andere fanden das auch und die Grundidee dazu verbreitete sich. Leider gab es schon früh Streit darüber, ob 1 oder 2 Tore, ob es förderlich wäre, nicht nur den Ball, sondern auch den Gegner zu treten und so kamen Regeln auf, es gründeten sich erste Organisationen. Je größer, desto ungelenker. Die Oberorganisation, FIFA genannt, geriet nicht zu Unrecht in den Verdacht der Mauschelei und des Machtstrebens. Die Macht des Geldes ergriff immer mehr Profis und die Laien standen fassungslos da. Der hehre Begriff des "Fair Play" galt wohl nicht für diese Funktionäre. Auch fielen immer wieder Trainer auf, die den ihnen anvertrauten Kindern nicht nur das Fußballspielen beibringen wollten.

Dass Frauen auch Fußballspielen könnten, wurde zuerst als ganz undenkbar gehalten, und immer noch findet der Frauenfußball keine ausreichende Anerkennung. (@ Cozumel: Immerhin habe ich der "Fußball-Taverne" in La Marina 2 Schals von Dynamo Potsdam, dem mehrmaligen Deutschen Meister im Frauenfußball, zu Ausschmücken geschenkt)

Und ach: Auch einen Krieg mit tausenden von Toten hat es schon "wegen" des Fußballs gegeben. (Die eigentlichen Gründe waren etwas anders, aber er heißt nun mal seitdem "Fußballkrieg"). - Von den vielen Toten als "Kollateralschäden" der Fußballspiele nicht zu reden.

Merke: Fußballspielen und FIFA hängen zwar zusammen, sind aber nicht dasselbe.
Und: Fußballspielen wird eher nicht durch die FIFA, auch nicht vom DFB, noch nicht mal durch Bayern-München verbreitet sondern - - - durch Fußballspielen.
Und da spielt man eben auch mal auf der Wiese nur auf ein Tor, das zudem aus Schultaschen besteht.
LG Atze
Scandy
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Re: Menschenrechte: Ein Kind des Christentums????

Beitrag von Scandy »

Atze hat geschrieben:Ich denke, der christliche Glaube wurde in seiner Frühzeit eher von Menschen als von Organisationen verbreitet.
Ich denke, der christliche Glaube wird auch heute noch mehr von Menschen als von Organisationen verbreitet.
Das ist auch gut so. (wer hat das noch gleich gesagt? ;;) )
Wäre es anders, wuerde ich befürchten, dass noch mehr Menschen aufgrund der Politik und dem Ausschlussverfahren einzelner Organisationen dem Glauben den Rücken gekehrt hätten.

Scandy

PS.: Dein Thema und Deinen Eingang zu diesem finde ich sehr interessant und lese gerne mit.
Leider fehlen mir viele Wörter, Satzaufbauten usw., mich für alle verständlich auszudrücken, so lasse ich es bei kurzen Bemerkungen.
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Re: Menschenrechte: Ein Kind des Christentums????

Beitrag von pichichi »

Weil ausnahmsweise ein funzendes WLAN zur Verfügung steht...

Durchaus interessant was unser auch historisch beleckter Doc hier aufgeworfen hat, denn dieses heute wie jeher brisante Thema wurde in meinen Jahren als Geschichte- und Zwangsreligionsschüler in den 60ern nie auch nur angerissen.
Grundsätzlich halte ich es mit Rousseau, der Freiheit für den Menschen fordert, eben das Recht, als Gleichberechtigter unter anderen Menschen zu leben, aber auch die Verpflichtung sich an selbst gegebene Gesetze zu halten.
Inzwischen sind wir zum Glück ein wenig aufgeklärter und wagen es, auch vom Staat, der mit einer unabhängigen Gesetzesbewahrung ausgestattet sein sollte, diese Rechte einzuklagen. Natürlich setzt ein hochdemokratisches System entsprechende Bildung seiner Bürger voraus, für mich das höchste Kulturgut überhaupt.

Dass heutige Problemstaaten mit ihren Demagogen hier ein entsprechendes Defizit aufweisen und aus dem Drang zum Machterhalt gar nicht interessiert sind, dass seine Bürger aufgeklärter und womöglich aufsässiger werden, zeigt sich nicht nur am Beispiel Afghanistan, wo man eine Kugel in den Kopf verpasst bekommt, wenn man den Schulweg antreten will, die Boko Haram in der Subsahara entführte gleich ganze Schulklassen.
Auch die Kontrolle der Bildungsinhalte ist diesen Staats"gebilden" unerlässlich, könnten doch liberale Lehrer ebensolches Bildungsgut in die Köpfe der Schüler tragen, die dann als Erwachsene gegen das un-gerecht etablierte System revoltieren uns speziell in Gottestaaten" die religiöse Indoktrination hinterfragen.

Im Übrigen ist mir die Herkunftsfrage schnurz, wichtig ist mir, dass diese Grundrechte sich über eineinhalb Jahrtausende immer weiter entwickelt haben, mittlerweile haben über 200 Staaten die Deklaration der UN unterzeichnet, die Durchsetzung wird wohl noch eine Weile dauern....
rainer
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Re: Menschenrechte: Ein Kind des Christentums????

Beitrag von rainer »

Atze hat geschrieben:
rainer hat geschrieben:
Atze hat geschrieben:.....Also nochmals: Das Thema lautete: Menschenrechte: ein Kind des Christentums? (und nicht: ein Kind der Kirche?).
Und wie und wo anders hat sich ein "Christentum" jemals etabliert und verbreitet außer über die kirchlichen Organisationen?
Hm, welche Organisation schickte Paulus fast durch das ganze römische Reich, Markus nach Ägypten, Frumentius nach Aksum (Äthopien)?
Wieso kamen einzelne Mönche dazu, Irland und Schottland schon ab dem 3. Jahrhundert zu missionieren, obwohl die römische Kirchenorganisation dort erst ab dem 8. Jahrhundert übernommen wurde?
Aus welchen Organisationen kamen die vielen frühkirchlichen Abspaltungen wie Nestorianer, Arianer, Kopten usw?

Ich denke, der christliche Glaube wurde in seiner Frühzeit eher von Menschen als von Organisationen verbreitet.
Aber hat denn nicht schon Paulus an "Gemeinden" geschrieben, mit anderen Worten, an Bestandteile der Urkirche?
Und sind denn Mönche nicht stets Mitglieder eines Ordens, also ebenfall einer quasi-kirchlichen Organisation?

Das, was man als christliche Denkungsweise betrachtet, liegt den Menschen aber ja offenbar in den Genen (siehe z.B. Frans de Waal), selbst ohne das Etikett "christlich" im Sinne von kirchlich verordnet. Muss aber kein Widerspruch sein, denn wenn man an einen Schöpfergott glaubt, war diesem ja unbenommen, sich zur Realisierung seines Vorhabens der Evolution zu bedienen.
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