Menschenrechte: Ein Kind des Christentums????

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sol
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Re: Menschenrechte: Ein Kind des Christentums????

Beitrag von sol »

@ Cozumel

evtl. ist das eine ( von evtl. vielen möglichen )Antwort:
Wenn in einem islamischen Land Christen und andere Nicht-Muslime wegen ihres Glaubens verfolgt werden oder zum Christentum übergetretene Muslime mit der Todesstrafe bedroht werden, klagt die Presse im Westen an, dass in den islamischen Ländern gegen die Menschenrechte verstoßen werde. Gleichzeitig haben fast alle islamischen Länder Menschenrechtserklärungen unterzeichnet, wie zum Beispiel die „Allgemeine Menschenrechtserklärung“ der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1948
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Gruss Wolfgang
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Atze
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Re: Menschenrechte: Ein Kind des Christentums????

Beitrag von Atze »

Da wir gerade am Packen sind, kann ich nur die wichtigsten Irrtümer herausgreifen:
Cozumel hat geschrieben:Im 15.Jhd. begann dann auch die spanische Inquisition unter der Ägide von Torrequemada. Interessanterweise wurden dort keine Hexen verfolgt, das war zu unwichtig, man verfolgte Häretiker. eine Vernichtung aller Gegener des neuen Systemes und viele Juden, unfreiwillig!, denn die Judirn waren ein wichtiger Teil der Regierung und des Staates, aber von Rom gefordert.
Der Satz ist mir nicht ganz klar, aber ich interpretiere ihn so, als ob die Verfolgung der Juden speziell von der römischen Kirche gefordert war.
Eigentlich ist das Gegenteil der Fall: Im Verlauf der Reconquista wurden die Juden gezwungen auszuwandern oder den christlichen Glauben anzunehmen. Diese im Land verbliebenen "Conversos" hatten oft auf Grund ihrer früheren Handelsbeziehungen recht einflussreiche Stellungen, selbst am Königshof.
Prinzipiell wurde aber immer wieder ihr wirklicher Übertritt zum Christentum angezweifelt. Das war auch erklärlich, da es ja keine "Schulung zum Christentum" gab und viele ihre seit Generationen eingeübten Bräuche innerhalb der Familien beibehielten. Verächtlich wurde sie auch Marranos (Schweine) genannt. - Wir kennen persönlich eine sog. Marranenfamilie -
https://de.wikipedia.org/wiki/Marranen
Dazu kam auch ein deutliches Konkurrenzdenken, da viele Marranen in ihrem christlichen Umfeld recht erfolgreich waren.
Um sich von diesen "Pseudochristen" bzw. "Krytojuden" abzugrenzen, wurde jetzt nicht der Glaube sondern die Abstammung herangezogen. Der Begriff der "Reinheit des Blutes" (Limpieza de Sangre) kam in Spanien auf. Jüdischstämmige Christen wurden z.B. in Toledo von Ämtern ausgeschlossen (1449), es kam zu Progromen gegen sie. Das waren wohl die ersten rassistisch bedingten Verfolgungen, wie sie in anderen europäischen Ländern noch nicht beobachtet werden konnten. In diesen waren Juden selbst in ihrem Glauben ja oft noch geduldet - wenn auch unter schlimmen Bedingungen und wiederholten Verfolgungen
Also - vor allem um diese "Kryptojuden" aufzuspüren, wurde die spezielle Spanische Inquisition von Rom eingefordert, wobei der Papst zögerte, dieses Machtinstrument aus der Hand zu geben, die römisch Inquisition dienre schließlich anderen Zwecken. Nach mehreren Anmahnungen musste er aber einwilligen, dass die Spanische Inquisition von Rom völlig unabhängig agieren durfte.
Wie die Diskrepanzen in der Judenfrage waren, kann man daraus ersehen, dass nicht wenige spanische Juden in Italien auch im Machtbereich des Papstes Zuflucht fanden, besonders in Livorno. Der Hauptteil von ihnen allerdings im osmanischen Reich, z.B. Thessaloniki und Alexandrien. Einige auch in Hamburg.
Erst seit einigen Jahren werden diese "sephardischen Juden" als spanisch-stämmig anerkannt und bekommen bevorzugt spanische Pässe.
Fazit: Die Judenverfolgungen in Spanien waren in erster Linie eine innerspanische Entwicklung und nicht von der römischen Kirche gesteuert Trotz des Titels: "Katholische Könige", verliehen von Papst Alexander IV. Aber der war ja selber ein Spanier.

Ob ich hier in Spanien noch dazu komme, etwas dazu zu schreiben, dass die Behauptung der durchgehenden Toleranz für Christen und Juden im muslimischen Spanien ein frommes Märchen ist, weiß ich nicht. Unzweifelhaft hat es ausgesprochen tolerante Zeiten gegeben - aber auch regelrecht fundamentalistische Phasen des Islam in Spanien.
Für heute erstmal Schluss.
LG Atze
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