Scandy hat geschrieben: ↑Fr 26. Nov 2021, 20:33
Die Hubschrauber habe ich nicht gefunden, für die anderen Details bin ich dankbar und
google heute Abend mal den Hintergrund (ein Hobby braucht Frau ja)
Liebe Scandy, ja, man könnte mittels Google und einer Portion Kombinationsgeschick den Hintergrund schon herausfinden.
Doch damals, nichts ahnend in den Mauern der Alcazaba weilend, erschreckten mich die ständig über der Innenstadt kreisenden beiden Helikopter schon gewaltig und mit meiner Ruhe war es natürlich dahin. Als dann jedoch der Glockenklang der Kathedrale zu hören war, „dämmerte“ es mir. Schon am Morgen hatte ich ungewöhnlich viele Menschen in der Altstadt wahrgenommen . . . Heute war ja die Beerdigung des kleinen Gabriel und die vorgehende Totenmesse hielt der Erzbischof von Almería in der Kathedrale.
Von der alten Festung wieder herabsteigend stieß ich auf verstärkte Präsenz sämtlicher Polizeiarten und die Stadtpolizei hatte einige Straßen um die Kathedrale gesperrt. Die Plaza de la Catedral war voller Menschen, Sicherheitspersonal, Journalisten, Übertragungswagen des RTVE etc.
Tausende Menschen (die Presse berichtete später von mehr als 6.000) wollten von dem kleinen Jungen Abschied nehmen, dessen Schicksal selbst im Ausland die Menschen berührt hatte.
Warum ich euch davon hier schreibe? Weil wir einige Jahre neben Gabriels Großmutter in Las Hortichuelas (Nijar) wohnten, wo der kleine Gabriel häufig an den Wochenenden und in den Ferien zu Besuch war und uns somit sein Schicksal besonders berührte.
Wir lebten längst nicht mehr in Las Hortichuelas, als wir im Februar das Plakat eines kleinen vermissten Jungen in einer Bar weit entfernt von Nijar sahen, meinte Jefe: „Sieht der Junge nicht aus wie einer aus Hortichuelas?“ Es war schlimm, Abend für Abend im andalusischen Fernsehen von den vergeblichen Suchaktionen zu erfahren. Die ganze weitläufige gebirgige Gegend haben sie mit allen möglichen Suchtrupps durchkämmt und jeden der vielen (auch illegalen) Brunnen untersucht. Selbst Spezialtaucher waren im Einsatz bei der Suche des vermissten Jungen. Sie haben ihn nicht lebend gefunden.
Es ist eine verhängnisvolle, traurige Geschichte: Die Lebensgefährtin des Vaters ist es, die mittlerweile zu einer vom höchsten Gerichtshof bestätigten lebenslangen Haftstrafe verurteilt ist.
So stand ich also am Mittag des 13. März 2018 am Rande der Plaza de la Catedral, lauschte den letzten Minuten der nach draußen übertragenen Messe, dachte an den kleinen Gabriel, den man wegen seiner Liebe zu den Fischen „El Pescaíto“ nannte und seine Familie.
Der Fall Gabriel Cruz ist sicher ein recht spektakulärer Fall in Spanien. Ob allerdings der Medienrummel notwendig und angebracht war? Die Eltern standen wochenlang im Mittelpunkt des Medienzirkus. Ob ihnen das wohl recht war? Ob sie nicht lieber hinter verschlossenen Türen um ihr Kind weinen wollten? Wir wissen es nicht.
Aber warum nun die Hubschrauber über der Stadt? Die Auflösung ergab sich abends in den Nachrichten:
Die damaligen Vertreter der Span. Regierung Vizepräsidentin Soraya Sáenz de Santamaría und Innenminister Juan Ignacio Zoido hatten an der Messe in der Kathedrale teilgenommen. Das war wohl der Grund für die hohe Präsenz der Policia Nacional, der kreisenden Hubschrauber und dass nur geladene Gäste in die Kathedrale durften.
Nur mal eine Bemerkung am Rande:
Als nach einiger Zeit die Messe zu Ende war, die Menschenmassen sich zerstreut hatten und die Übertragungswagen ihre Kabel wieder einrollten, wollte ich gern in die Kathedrale, um in aller Stille ein Kerzlein für den kleinen Gabriel anzuzünden. Der Zutritt zum Innern des Gotteshauses wurde mir (und einigen anderen spanischen Gläubigen auch) verwehrt. Wir wurden alle zum Besuchereingang verwiesen, wo wir 5 € Eintritt zahlen sollten.
Das hat nicht nur mich sehr empört und wir alle haben erzürnt darüber den Ort verlassen.
Als ich eine Woche später Almería besuchte, fand ich den flachen Wal gleich neben dem Cargardero im Hafen von Almería voller Lichter, Briefe und Erinnerungsstücke an den kleinen Gabriel vor:
- Für Gabriel „El Pescaíto“
Mittlerweile gibt es diese Erinnerungsstücke zwar nicht mehr, aber der Wal wird immer an den kleinen „El Pescaíto“ erinnern.
Der Wal im Hafen soll auch nach entfernen der vielen Erinnerungsstücke an den kleinen Gabriel erinnern.
Fortsetzung folgt mit der Gegenwart und unserem Kurzbesuch am 16. November 2021