
Zum Abschluss (es wird hier für die meisten Leser einfach zu fachlich) möchte ich auch noch auf deine offenen Fragen eingehen.
Zu dem von dir erwähnten „Stockschlag“ möchte ich anmerken, dass sich nur überreife Oliven leicht von den Bäumen schlagen lassen, die den idealen Erntezeipunkt praktisch schon überschritten haben. Unser Freund erntet seine Früchte auch auf diese Weise, achtet aber sehr darauf, nicht zu fest zu schlagen, damit der Baum nicht verletzt wird. Die Oliven, die vor dieser Behandlung bereits die Flucht nach unten angetreten haben, landen sanft in sorgfältig ausgelegten Netzen, die wochenlang unbeachtet auf dem Boden liegen. Man kann sich vorstellen, wie schnell sich die kleinen Insekten auf die dargebotenen Leckereien stürzen und die Früchte „beleben“. Dass die Öle aus solchen Oliven nicht mehr hervorragend werden können, liegt auf der Hand. Wir sind vor einiger Zeit mit unseren spanischen Freunden durch die Olivenhaine gefahren und hielten bei einem Bauern an, der gerade auf dem Feld arbeitete. Unser Freund stellte uns auf Spanisch vor und berichtete ganz stolz, dass wir die Deutschen sind, die ihr Öl auf dieselbe Art herstellen wie die Italiener aus der Toskana. Das heißt früh ernten und alles schonend per Hand. Weiter ging es dann auf Valenciano und er schimpfte auf die ewig gestrigen Socios seiner Kooperative, die aus schlechten Erfahrungen nicht lernen würden und immer weiter ein Einheitsöl vermarkten, nämlich Natives Olivenöl. Zwar liefern die Olivernbauern ihren Mühlen auch zu Beginn der Erntesaison erstklassige Qualität, also „natives Olivenöl extra“, doch das wird in Riesentanks gelagert und mit der miesen Qualität zum Schluss der Kampagne vermischt. So kommt Jahr für Jahr eine Einheitsqualität zustande: Natives Olivenöl. Ein Umdenken ist in unserer Region noch nicht zu erkennen.
Du hast Recht, Rio, ein Olivenbaum verzeiht wirklich viel. Ungezieferbefall kann man getrost aus dem Innern des Stammes heraus brennen, schlechter Schnitt wirkt sich auf den Ernteertrag (und oftmals auch auf die Baumgesundheit) aus, aber davon stirbt der Baum nicht. Wenn du in diesem Zusammenhang dieselbe „Fachfrau vor Ort“ meinst wie ich, da kann ich nur sagen, dass man sich nicht alles ergooglen und erlesen kann, sondern seine eigenen praktischen Erfahrungen machen muss, um überhaupt annähernd mitreden zu können.
Wer in südlichen Ländern Olivenöl vom Erzeuger kauft, sollte sich an Empfehlungen halten und, wenn möglich, einen Blick auf den Betrieb werfen. Erst kürzlich wurde mir von mehreren Seiten von einem Olivenölerzeuger mit prämiierten Öl berichtet, der es noch nicht einmal für nötig befand, seine Chemiefässer vor den angemeldeten Besuchern zu verbergen.
Es gibt jedoch genug ehrliche Bauern, die ihr Öl nach alter Väter Brauch, ohne Zusatz von Chemie, erzeugen. Die haben natürlich keine gerahmten Zertifikate an den Wänden hängen. Wahrscheinlich würden sie auch durch die strengen Qualitätskontrollen fallen, aber sie haben authentische Öle und keine gepantschten. Aber dazu noch einmal zu einem späteren Zeitpunkt. Ich hatte nämlich auf meiner Reise durch die Extremadura ein außerordentlich interessantes Gespräch mit einem Olivenölproduzenten, der in mehrere Länder exportiert. Und der ließ sich auf den Zahn fühlen…
Aber grundsätzlich kann ich die hiesigen Bauern nicht verurteilen, dass sie in gewohnter Manier weiter machen. In den Kooperativen zählt nur der mehrheitliche Beschluss und man darf letztendlich nicht die unterschiedlichen Interessen verkennen: bei uns ist die Erzeugung von Olivenöl Hobby, für die Bauern Broterwerb. Da müssen die Prioritäten zwangsweise anders verteilt werden.