Typisch spanische Dörfer in der Marina Alta

Reiseimpressionen von der COSTA BLANCA und dem Inland der Provinz ALICANTE.
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Oliva B.
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Typisch spanische Dörfer in der Marina Alta

Beitrag von Oliva B. »

In diesem Thread fragte Roland (aquario) nach "ursprünglichen und lohnenswerten" Orten im Hinterland von Dénia und hat ergänzt:
Ich meinte damit Orte die vom Tourismus einigermaßen verschont geblieben sind mit einem alten authentischen Ortskern - falls es sowas noch gibt.
So eine Art Romantik Trip
Romantik oder Armut?
Romantik oder Armut?
Citronella hat ihm empfohlen, 20 km hinter der Küstenlinie zu suchen, ergänzte jedoch, dass diese Orte mit "Romantik" nichts zu tun haben. Recht hat sie, aber dazu später.

Alle Orte in Küstennähe leben mehr oder weniger vom Tourismus, selbst Dörfer, die für Strandtouristen "ziemlich abseits vom Schuss" liegen.

Ich kann nur für die nördliche Costa Blanca sprechen. Hier habe ich in über mehr als zwei Jahrzehnten festgestellt, dass die meisten Touristen, die eine Inlandstour machen, sich maximal 20 km von der Küstenlinie entfernen.
Genauso sehen das auch die Makler, die Häuser in dieser Entfernung immer noch als "küstennah" anpreisen und die entsprechenden Preise verlangen.

Nachfolgend ein paar Entfernungsangaben für gemütliche Spazierfahrten, wobei man immer bedenken muss, dass die Straßen, die in das Hinterland der Costa Blanca führen, meist sehr kurvenreich sind und mit Rücksicht auf Beifahrer und Mitreisende nur moderat befahren werden können, das heißt, so eine Fahrt dauert.... :mrgreen:

Ein paar Beispiele:
  • 16 km, 22 Min - Calpe - Jalón
    21 km, 29 Minuten - Altea-Guadalest
    20 km, 31 Minuten - Jávea- Jálon
In diesem Radius findet man viele hübsche Dörfer wie beispielsweise Jalón (49,33 Ausländeranteil), Guadalest (26,25 Prozent Ausländeranteil), Ràfol d'Amúnia (51,20 Prozent Ausländeranteil) und selbst das relativ schwer erreichbare Tàrbena (30 km) zählt noch 42,64 Prozent Ausländer und sogar Alpatró im Vall de Gallinera hat mit gut 40 Kilometern Küstenentfernung noch einen Ausländeranteil von 21,47 Prozent. Die Hausbesitzer aus Mitteleuropa bringen Geld mit und investieren es in die Verschönerung ihrer Häuser. Gemeinden, die vom Tourismus leben, machen es genauso (BeispieL: El Castell de Guadalest).

Die Hartgesottenen trauen sich hin und wieder noch weiter, doch bei 30 km in westlicher Richtung ist meistens Schluss:
  • 33 km, 45 Minuten - Calpe - Castell de Castells
    27,5 km, 36 Minuten - Dénia-Adsubia
    36,7 km, 46 Minuten - Dénia - Vall de Gallinera
    36,7 km, 45 Minuten - Denia - Vall de Ebo
    24,6 km, 37 Minuten - Benissa Castell de Castells
    34,3 km, 51 Minuten - Benissa-Costa - Castell de Castells
    30,1 km, 43 Minuten - Benissa - Tàrbena
Doch selbst das ist für mich noch nicht das wirkliche "Inland", denn das fängt für mich erst dort an, wo man keinem ausländischen Kennzeichen mehr begegnet und einem innerhalb einer Stunde nur einen Handvoll Fahrzeuge entgegen kommen. Wer bis dorthin vordringen will, sollte sich schon früh morgens auf die Socken machen, damit sich die weite Anfahrt lohnt. Naturliebhaber kommen auf jeden Fall auf ihre Kosten - Beispiele:
  • 41,5 km, 54 Minuten - Dénia -Alpatró (im Vall de Gallinera, viele Briten))
    47,4 km, 57 Minuten - Denia -Vall d'Alcalà (Ausländeranteil 9,09 Prozent)
Und spätestens dort hört es mit der Blumenpracht und den schön renovierten Häusern auf:

Weiße Dörfer wie in Andalusien findet man im Hinterland der Costa Blanca nicht.
Die alte Häuser wurden mit viel Naturstein erbaut oder in erdigen Farben verputzt. Sie gruppieren sich um die Kirche, die oft auf den Ruinen einer alten Moschee aufgebaut wurde. Sie beherrscht das Dorf und wirkt manchmal von Weitem Angst einflößend und dominant.
Zentraler Punkt: die Kirche
Zentraler Punkt: die Kirche
Religion und Kirche gehören zum dörflichen Alltag
Religion und Kirche gehören zum dörflichen Alltag
genauso wie der Kalvarienberg
genauso wie der Kalvarienberg
Auf dem Kirchplatz befindet sich meistens auch die einzige Bar des Ortes, die einfache Gerichte der regionalen Küche serviert. Gourmets werden hier selten fündig. Meistens ist die Bar ein dunkler Raum mit Bahnhofsatmosphäre und ein bis zwei Fernsehern, die in den Ecken hängen. Im Hochsommer stehen vor Tür auch schon mal ein paar Tische und Stühle mitsamt Sonnenschirmen (für die Touristen), denn Spanier sitzen zur Mittagszeit halt gerne drinnen.

Oft findet man im Zentrum dieser Dörfer auch die "pompösen" Häuser des früheren Landadels, die Anführungszeichen deshalb, weil auch die nicht mehr wirklich prunkvoll sind, sondern verfallen, wenn sie nicht von der Gemeinde für öffentliche Zwecke renoviert, von Ausländern aufgekauft wurden oder als "casa rural" den ländlichen Touristen Unterkunft bieten. Diese Häuser, fern vom Meer, sind bei den spanischen Bergwanderern sehr beliebt, Ausländer wird man aber kaum unter den Gästen finden.

Die wenigsten Dörfer der Marina Alta können ihr geschichtliches Erbe verleugnen: In ihrer Nähe befindet sich oft ein Berg mit einer Burgruine. Und die ist fast immer islamischen Ursprungs - eine bleibende Erinnerung an den Exodus der Mauren.
An der Costa Blanca: Enge, schattige, aber schmucklose Gassen
An der Costa Blanca: Enge, schattige, aber schmucklose Gassen
Die hiesigen pueblos sind nicht so hübsch anzusehen wie die auf Mallorca oder im andalusischen Hinterland. Es gibt keinen Tourismus und die Bevölkerung ist arm. Sie lebt von der Landwirtschaft: Weinbau, Mandel- und Olivenplantagen, hier und dort Getreide. Bei den Preisen, die die Erzeuger heutzutage für ihre landwirtschaftlichen Produkte bekommen, ist für Schmuck (Blumen in den Fenstern, verputzte Häuser oder gar einer neuer Anstrich) kein Geld da, denn man muss auch so schon zusehen, dass man über die Runden kommt. Die Jugend ist meistens abgewandert, sie hat keine Lust, für kargen Lohn in der Landwirtschaft zu arbeiten und bei Missernten vom Eingemachten zu leben.
Oftmals unverputzte Fassaden
Oftmals unverputzte Fassaden
Fast überall kultiviertes Land
Fast überall kultiviertes Land
Die jungen Leute wollen auch ein Auto oder zumindest ein Motorrad haben, und all die anderen Dinge, von denen jeder in diesem Alter träumt. Diese Träume können sie in ihrem Heimatdorf nicht realisieren. Die Scholle ernährt sie nicht mehr. Deshalb sind die Dörfer überaltert. Selbst 80jährige Senioren bestellen ihre Felder noch und unterstützen mit dem geringen Ertrag ihre Kinder, Enkel und Urenkel. Diese kommen gern zu Besuch, zumindest einmal im Jahr lässt es sich keiner nehmen, SEIN Dorf zu besuchen. Und dann wird eine ganze Woche lang gefeiert - zu den Patronatsfiestas ist jedes Bett im Dorf belegt. Das ist nur aufgrund des engen Familienzusammenhalts möglich.
Dorffiesta
Dorffiesta
Die Dörfer im Hinterland leben nur in den Sommerferien. Und die sind gute zwei Monate lang. Dort geben berufstätige Eltern ihre Kinder bei den Großeltern ab und wissen sie gut versorgt. Fast jedes Dorf verfügt über ein eigenes Schwimmbad, Abwechslung genug für die Kleinen.
Seniorentreff im Schatten der Kirche
Seniorentreff im Schatten der Kirche
Ihr seht, da ist nicht viel mit Romantik, aber eine große Offenheit Fremden gegenüber, wie man sie an der Küste nur noch selten findet. Die Dorfbewohner gehen freundlich auf Zugereiste und Besucher zu.

Ich befürchte, dass ihr eigentlich nicht wisst, was ich mit diesem langen Bericht ausdrücken will:
Dies soll (m)eine Liebeserklärung sein an all die Menschen, die im Hinterland leben, die herzlich, hilfsbereit auf uns zukommen. Wenn man einmal von ihnen akzeptiert wurde, hat man Freunde fürs Leben gefunden.

Profile der Dörfer im weiteren Hinterland der nördlichen Costa findet ihr hier. Aber auch die Dörfer im Hinterland der südlichen Costa Blanca werden mit der Zeit folgen.[/b][/color]
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nixwielos
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Re: Typisch spanische Dörfer in der Marina Alta

Beitrag von nixwielos »

Super Elke, tolle Anregungen, danke!
Viele Grüße von Nicole und Stefan!
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Oliva B.
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Re: Typisch spanische Dörfer in der Marina Alta

Beitrag von Oliva B. »

nixwielos hat geschrieben:Super Elke, tolle Anregungen, danke!
Noch so ein Schnellleser.... ;-)
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Re: Typisch spanische Dörfer in der Marina Alta

Beitrag von sol »

Danke-Elke

und einen wunderschönen Tag heute unter den Gleichgesinnten.

ich frage mich immer wieder, wie du das so zeitlich hinbekommst- diese ganzen Recherchen,
Schreibereien und wunderbaren Ausführungen.
Jetzt wieder die " Zusammenfassung" für alle, die sich jetzt nicht mehr alleine kümmern müssen.
--das alles haben wir ab 1998 uns alleine erarbeitet und haben die kleinsten Orte abgegrast.
von Denia aus waren wir noch weiter--Alcoy, Ontinyent,Muro, Xativa,Xixona, und dazwischen.
sehr schöne Strecke mit Aussicht : Benasau nach Sella--Finestrat
Natürlich kostet das Zeit und Treibstoff- aber dafür machen wir ja auch Urlaub----
um etwas vom Land zu sehen-sehen-sehen und erfahren im wahrsten Sinne des Wortes.
--und nat. aussteigen und erlaufen. Interessant , wie du auch geschrieben hast,die Dorfbar's-
dort machen wir unseren Cortado und Tapa-Test und fragen dann einheimische nach dem
weiteren Weg- da bekommt man manchmal wunderbare Abkürzungen auf ein Stück Papier
gezeichnet.Ein Gang ins Ayuntamiento bringt oft Wissenswertes.Jedenfalls immer ein Erlebnis.

Also- liebe Leser der Ausführungen von Oliva B. - belohnt euch selbst mit der Mühe, die sie für euch
o.auch uns macht. :x :x :x :x
Gruss Wolfgang
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Citronella
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Re: Typisch spanische Dörfer in der Marina Alta

Beitrag von Citronella »

@ Oliva, wieder mal auf den Punkt gebracht =D>

Interesse für Land und Leute muß man natürlich mitbringen!

Saludos
Citronella
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Oliva B.
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Re: Typisch spanische Dörfer in der Marina Alta

Beitrag von Oliva B. »

Hallo Wolfgang,

ohne deine netten Kommentare hätte ich schon längst die Lust verloren, über die CB oder andere Landesteile zu schreiben. So ein treuer Leser wie du motiviert mich immer wieder auf's Neue. 8-)

Und von Zitrönchen weiß ich halt, dass sie es genauso liebt wie ich, die nähere und weitere Umgebung zu erkunden. Es lohnt sich, auch wenn nicht jedes Dorf aussieht wie aus dem Bilderbuch.
Ich freue mich, dass es dir wieder besser geht. :* Ihr habt gefehlt heute!!!!!
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Re: Typisch spanische Dörfer in der Marina Alta

Beitrag von Acuario »

@ Elke

Du hast noch einen treuen Leser gewonnen :x


Liebe Grüße

Roland
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Re: Typisch spanische Dörfer in der Marina Alta

Beitrag von Oliva B. »

Acuario hat geschrieben:@ Elke
Du hast noch einen treuen Leser gewonnen :x
Liebe Grüße
Roland
Noch so ein kleiner Schmeichler... :-\
Aber mich freut es trotzdem, Roland. >:d<
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Re: Typisch spanische Dörfer in der Marina Alta

Beitrag von sol »

@ €lke

wenigstens Schmeichler und nicht Schleimer

-es ist meine ehrliche Empfindung, die ich für dich kundtue Oliva B.
sonst würde ich es nicht schreiben----
Gruss Wolfgang
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girasol
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Re: Typisch spanische Dörfer in der Marina Alta

Beitrag von girasol »

@ Oliva: Ich weiß nicht, wie oft ich es schon geschrieben habe, aber ich wiederhole mich gerne ;-) : Ich finde deine ausführlichen Berichte auch immer wieder klasse und weiß, wie viel Zeit und Arbeit dahinter steckt. Für mich ist das nicht immer von direkter Bedeutung, da ich nicht vor Ort bin, aber trotzdem sehr interessant. >:d<

Gruß
girasol
Die Welt ist ein Buch und wer nicht reist, liest davon nur eine Seite.
Aurelius Augustinus
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