Bevor ich zum Jacobsweg und letztendlich auf die heutigen Reisen komme, will ich euch aber gern noch ein paar Episoden aus der Auvergne erzählen.
Wie auf dem Fotos ersichtlich laufe ich einen Streckenabschnitt in Wanderschuhen, die damals als das Nonplusultra für Wanderungen verkauft wurden, die auch mal durch Wasser führten. Nachdem ich ja mehrmals das Vergnügen hatte, tagelang in nassen, schweren Bergschuhen aus Leder laufen zu müssen, war ich von diesen Kunststoffschalenschuhen schnell zu überzeugen. Aber - oh Schreck, selbst nach 6monatigen Einlaufens bei täglich bis zu 25 km gab es auf der Tour in Frankreich noch böse Blasen. Diese Art Wanderschuhe hat sich auf dem Markt nicht durchgesetzt, aber ich hab‘ jede Menge Schmerzen und „Kohle“ dafür bezahlt.
Die Sache mit dem Käse
Die Langstreckentour durch Frankreich hatten wir uns als Käseliebhaber ganz bewußt ausgesucht und es gab keine glücklicheren Momente als nach anstrengender Tour Abends vor dem Zelt mit Brot, Wein und einem dicken Stück „Bleu d’Auvergne“ den Tag ausklingen zu lassen. Und wenn es dann noch Nächte waren, in denen Sternschnuppen wie Schneeflocken vom Himmel fielen, dann war der Abend perfekt.
Am Pierre-sur-Haute war die himmlische Ruhe jedoch schnell dahin, wenn die französischen Jagdbomber (Mirage) recht niedrig über uns hinwegdonnerten.

Nun ja, der Wanderweg führte recht nah an der Funkstation der französischen Streitkräfte vorbei.
Käse, ja für einen leckeren Käse, da liefen wir meilenweit

und den im Wanderführer angepriesene ganz besonders gute Chevre in der Nähe von Dompierre sur Besbre mussten wir natürlich probieren. Problemlos fanden wir das Gartenlokal auf einer kleinen Anhöhe und als die beiden Portionen Chevre und ein leckerer Roter auf dem Tisch standen, waren sämtliche Strapazen vergessen und herzhaft langten wir zu. Der Wanderführer hatte nicht zu viel versprochen, der Chevre war in der Tat sehr, sehr lecker. Aber was ist das? Hab ich jetzt schon was an den Augen? Oder vernebelt mir die Sonne das Hirn? Der Käse bewegte sich und bei genauem Hinsehen, sahen wir es beide: Kleine weiße Maden steckten ihre Köpfchen aus dem Käse. Kurt, der außer Bonjour ja kein französisch konnte, überließ mir die Reklamation.
Ich zeigte dem Patron unsere Käse und fragte ihn, was das sei. „Oui, oui, c‘est normal“ war dessen lapidare Antwort. Das konnten wir uns nicht erklären, dass Maden im Käse normal sein sollten. Da hatte ich schon wie verrückt französisch gelernt und konnte diese kleine Situation nicht aufklären? Also nochmals den Jefe an den Tisch gebeten und nachgefragt und dann gab er uns folgende Erklärung ab: „Ja, das sei völlig normal. Er liebe die Fliegen und die Fliegen liebten ihn und würden deshalb ihre Eier in den Käse legen“ Dabei zeigte er auf die vielen kleinen Käfige mit Chevre, die ringsherum in den Bäumen hingen. Aber die Maden seien nur unter der Rinde, versicherte er uns. Kurt aß zwar aus Höflichkeit das Innere seines Käse auf, ich suchte jedoch in den Tiefen meines Rucksackes nach der Flasche „Notfallmedizin“ (hochprozentiger Schnaps), um alles abzutöten, was vielleicht schon . . .
Ich durfte gar nicht daran denken, doch Kurt grinste nur und meinte: „Andere Länder, andere Sitten!“
Später, viele Jahre später sah ich in einer Reportage über Sardinien und seiner „lebenden“ Käsespezialität „Casu marzu“. Seine Herstellung und Vertrieb wurde - sehr zum Leidwesen der Sarden - 2005 durch EU-Lebensmittelrecht verboten.
Auch dies Erlebnis gehört in unsere Erinnerungskiste „Der Weg ist das Ziel“