Text "...und irgendwaun bleib I daun duat"
Das steirische Trio Steinbäcker, Timischl und Schiffkowitz - besser bekannt unter ihrem Kürzel STS - besangen in den 80ern des vergangenen Jahrhunderts das lockere Leben an hellenischen Gestaden und weckten damit die Sehnsucht vieler nach herrlichen Sandstränden in türkisen Buchten, Choriatiki, Souvlaki und eben einer Bottle Demestika. Meine Frau und ich waren erstmals im Sommer 1977 mit dem Auto unten, bestaunten klassische Stätten, besuchten Museen und entspannten in den türkisen Gewässern am lakonischen Golf.
Es hatte uns so gut gefallen, dass unsere folgenden sechs Reisen allesamt nach Griechenland gingen, jeweils in den Sommerferien oder zu Ostern. Die Anreise mit dem Auto durch das ehemalige Jugoslawien war immer wieder aufregend, doch mit der Kondition abenteuerlustiger Twens starteten wir um vier Uhr früh in Wien und waren 12 Stunden später in Saloniki, am Tag darauf bestaunten wir die Meteoraklöster und hockten abends schon in der Plaka, dem Amüsierviertel unterhalb der Akropolis. Nach einem weiteren Tag in Athen ging es über Delphi nach Olympia, Vassae und Mistras, eine Runde um die Mani folgte noch vor unserem Badeaufenthalt. Auf der Heimreise nach einer Woche am Strand vervollständigten wir die Liste der Klassikziele mit Besuchen in Mykene, Tiryns und Epidauros....
Erst 1985 kamen wir wieder um Kreta, Delos, Santorin und Samos zu sehen, schon wesentlich bequemer in Fliegern der damals noch solventen Olympic, doch dann brach das Weh nach weiter Ferne aus, etliche USA-Reisen, nach Asien, Australien und Südamerika verdrängten unser ehemaliges Lieblingsziel über Jahrzehnte aus der Planung, bis vor kurzem, als die Buchung unseres Indientrips dazu führte, dass wir von Spanien über Athen flogen, weil die Emiratestickets von dort genau die Hälfte von denen mit anderen Abflugsorten kosten. Die Aussicht darauf die klassischen Stätten vor und nach den Indienflügen nach so langer Zeit wieder sehen zu können, trieb mich dazu, nostalgisch angehaucht die Rundreise von damals zu wiederholen.
Ich hatte ein Hotel unterhalb der Akropolis entdeckt, das uns nicht nur mit einer der schönsten Dachterrassen der Stadt überraschte, sondern auch durch seine perfekte Lage direkt neben dem neuen und unbedingt sehenswerten Akropolismuseum und nur fünf Gehminuten von der Plaka entfernt. Das "Herodion" liegt auch nahe an der U-Bahn und an der Route, die die doppelstöckigen roten Sightseeingbusse abfahren. Mit diesen lassen sich für € 18 pro Tag die wichtigsten Sehenswürdigkeiten wie Parlament, Syntagmaplatz, archäologisches Nationalmuseum, Keramikos, Markt, Zeustempel, das alte olympische Stadion und eben die Akropolis erreichen, einen fundierten Kommentar dazu erhält man in mehreren Sprachen über Kopfhörer.
Wir beginnen mit einem Rundgang auf der "Hochstadt", staunen aufs Neue über die Dimensionen des Parthenon, ärgern uns erneut über die fehlenden, von Lord Elgin ins British Museum transferierten Prachtfriese, bewundern die mit feinem Faltenwurf ziselierten Karyatiden und schauen zwischendurch auf Hephaistostempel, Lykabetteshügel und das Verkehrschaos im Vier-Millionen-Moloch weit unter uns.
Die Wachablöse der in farbenprächtiger Tracht exerzierenden Evzonen vor dem Parlament lassen wir uns nicht entgehen, bevor wir dem Nationalmuseum einen Besuch abstatten, im Mittelpunkt stehen die Schätze, die Schliemann in Mykene ausgegraben hat, wobei die goldene Totenmaske Agamemnons das Highlight darstellt. Nach soviel Kultur sackten wir im Plakaviertel ab und hatten abends das berühmte Speiselokal "Daphne" faktisch für uns allein. Eine wohlschmeckende Fischsuppe, Spaghetti mit Jakobsmuscheln und eine Goldbrasse wurden zu einem hervorragenden Wein aus Nemea von einer Schar wuselnder Kellner serviert, die Rechnung durfte wegen des schnöden vortägigen Imbisses an einer Souvlakibude ausnahmsweise knapp dreistellig sein. Wir bummelten durch die engen Gassen des Viertels vorbei an unzähligen Kitschläden und einigen wenigen Kunstgeschäften heim, wo wir noch mit dem Lift auf die Terrasse fuhren, um die beleuchtete Akropolis in einer Vollmondnacht zu bestaunen.
Am nächsten Morgen auf dem Athener Hauptmarkt staunen wir über Frische und Angebotsvielfalt der Waren genauso wie über die Preise, die durch die latente Wirtschaftskrise mit einer Mehrwertsteuererhöhung auf 23 % ordentlich angezogen haben. Die Einheimischen wehren sich seit Jahresanfang mit unzähligen Streiks gegen das harte Sparpaket der Regierung, so stand auch am Tag unserer Abreise nach Indien die Metro neben Tram und Bussen still, die Taxifahrer machten hingegen das Geschäft ihres Lebens, was uns erneut € 35 kostete, die U-Bahnfahrt hätte gerade einmal ein Viertel davon ausgemacht. Durch die Staus, die dieser Streik verursacht hatte, war auch unser Doppeldecker gezwungen seine Fahrtroute nach Piräus auszudehnen, weil eine Gruppe Kreuzfahrer sonst ihr Schiff verpasst hätte, wodurch wir aber wieder zu einer gratis Hafenrundfahrt kamen.
Die Runde auf dem Peloponnes folgte dann nach der Rückkehr aus Indien. Ein Hyundai von Hertz mit einem genügsamen Verbrauch von 6,8 l - bei Spritpreisen von bis zu € 1,90 unabdingbar - trug uns brav durch dieselben Gefilde wie vor fast 34 Jahren, über Marathon nach Delphi zum ehemaligen Orakel der Pythia und weiter den korinthischen Golf entlang nach Nafpaktos, wo die christliche Armada unter Don Juan d`Austria den Osmanen in der Seeschlacht von Lepanto den Garaus machte.
An der engsten Stelle des Golfs mussten wir damals noch mit der Fähre übersetzen wo nun seit sieben Jahren eine beeindruckende Hängebrücke steht, die Maut dafür ist trotz der gewaltigen Ausssicht mit € 12,20 nicht gerade eine Okkasion.
An Patras vorbei ging es ins antike Olympia, dessen Stadion und die Reste des Weltwunders Zeustempel besucht sein wollen. Noch am selben Tag fahren wir eine herrliche Gebirgsstraße zwischen Kalamata und Sparta, sehen in der Nähe die beeindruckenden Ruinen des byzantinischen Mistras und nächtigen in einer Familienpension in der Hafenstadt Githio. Dort direkt an der Hafenmauer hatten wir damals Garides (Shrimps) mit einem griechischen Bauernsalat zu einem "Mythos"-Bier verzehrt, diesmal müssen wir wegen der Kälte und des hohen Seegangs, der Wasserfontänen bis auf die gegenüberliegenden Gehsteige klatscht, im "Sara" unseren Fisch neben dem befeuerten Kamin einnehmen, wir haben aber erneut eine Gelegenheit, uns vom Können heutiger griechischer Weinmacher zu überzeugen, denn die Erinnerung an das Minimalangebot von damals mit einem allzu geharzten Demestika und den pickigen Mavrodaphne- und Samosweinen. Am Morgen danach überrascht uns die Gastgeberin im Githio Traditional Hotel mit selbstgemachter Marillenmarmelade zum Frühstück und entpuppt sich auch als Produzentin eines unfiltrierten biologischen Öls aus den sagenhaften Kalamataoliven.
Südwärts bis ans Kap Tenaron der mystischen Halbinsel Mani fahren wir, bevor wir an der Westseite bei Stupa einen Verwandten besuchen, der dort seit 30 Jahren ein Haus besitzt. Leider verschlechtert sich das Wetter, sodass wir weder seinen schönen Garten noch seine Olivenhaine besuchen können, der Spanferkelabend mit ihm und seiner Frau in einem Einheimischenlokal wird uns aber unvergesslich bleiben.
Nun kommt die Südwestecke der Halbinsel dran, die wir damals sträflich vernachlässigt haben: von Kalamata fahren wir nach Koroni, Methoni und Navarone, wo die Dünenlandschaft inzwischen von einem in den Wintermonaten geschlossenen Hotelresort in Beschlag genommen wurde und nicht besichtigt werden kann, dafür bestaunen wir den Palast des Nestor bei Pylos.
Kurz nach Kyparissia wenden wir uns landeinwärts bis wir die E 65 erreichen, die neue Autobahn durch das noch mit Schnee bedeckte Gebirge bringt uns flott nach Mykene, wo natürlich das gewaltige Löwentor mit der beherrschenden Burganlage besichtigt wird, ein Museum unterhalb des Nordhangs ist neu für uns und bietet mit unzähligen Artefakten eine die des Nationalmuseums ergänzende Sicht auf die Kulturepoche zu Zeiten Agamemnons.
In der Nähe passieren wir die Reste der dicken Stadtmauern des antiken Tiryns bevor wir die archäologischen Stätten von Epidauros erkunden. Zuerst steigen wir hinauf zum Halbrund des in einen Hang hineingebauten Theaters mit seiner weltberühmten Akustik, die ich auch diesmal mit einem Vers aus Aischylos "Sieben gegen Theben" teste, es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn die eigene Stimme in Dolby Surround 5.1 aus allen Winkeln zur Hörschnecke zurückkehrt - ebenso wenn man auf den obersten Rang klettert, um dort in 50 Metern Entfernung vom Proszenium sogar leise Gesprochenes zu verstehen.....
Die EU hat dem maroden Staat viel Geld zugeschossen, um die antiken Stätten in Epidauros zu restaurieren, derzeit sieht man Arbeiten an einer Tempelteilrekonstruktion, die Archäologen haben es aber sehr schwer, einzelne Säulen-, Fries- und Cellawandreste zuzuordnen, weil das Gelände von mehreren starken Erdbeben heimgesucht und über die Jahrhunderte als Selbstbedienungsladen von privaten Bauherren angesehen wurde, so fand sich zum Beispiel eine Grabtafel mit Schriftzeichen aus 1200 v. Chr. bei einem lokalen Fleischhauer, der offenbar die polierte Fläche des Marmors zum Entbeinen seines Lammfleisches schätzte.
Auch hier wartet am Ende der Besichtigungsrunde ein kleines, aber feines Museum, das vor allem Statuen mit dem klassischen Faltenwurf sowie Figuren aus den Friesen der Tempel zeigt.
Das Quartier in Nafplion, von wo aus wir diese Ausflüge unternahmen, war das private Hotel Aetoma mitten in der Altstadt. Das Haus hat nur vier Zimmer, ist aber ungemein geschmackvoll eingerichtet, da stimmt jedes noch so kleine, liebevolle Detail. Was aber den zweitägigen Aufenthalt besonders erfreulich machte war das Serviceverständnis der Besitzerin, die nicht nur ein üppiges wie hervorragendes Frühstück kredenzte und aus den Resten ein Jausenpackerl zauberte, uns mit wertvollen Informationen über die Stadt und ihre Restaurants versorgte, sondern auch ein Taxiboot für uns organisierte, das uns von Metochi in nur zwölf Minuten auf die malerische Insel Hydra übersetzte.
Auf dem Rückweg nach Athen sehen wir Akrokorinth schon von weitem, es ist der beherrschende Burgberg aus byzantinischer Zeit oberhalb der Stadt am Isthmus, auch dessen Tempelbezirk ist sehr gut erhalten und darum absolut sehenwert. Von der Autobahn nach Athen kann man im Vorbeifahren einen Blick in das östliche Kanalende erhaschen, der zwar ohne Schleusen auskommt, aber mit seiner Breite von nur 25 Metern für die meisten modernen Hochseeschiffe nicht mehr passierbar ist, die kleineren aber ersparen sich etliche Seemeilen rund um den Peloponnes.
Eine Nacht verbringen wir noch im feudalen Sofitel am Flughafen Elefterios Venizelos (ATH), bevor wir mit der Aegean und der Spanair den Heimflug an die Costa Blanca antreten, mit der Gewissheit, dass wir im Falle eines weiteren Fluges mit Emirates von Athen aus die Gelegenheit benutzen werden, um den hellenischen Norden mit seinen Sehenswürdigkeiten von Saloniki über Pella, Vergina und Meteora wiederzusehen und dann wären da noch verschiedene Inseln der Sporaden, Kykladen und des Dodekanes, die ebenfalls ihrer (Wieder)Entdeckung harren....
"kalo taxidi!"








