Atze hat geschrieben: ↑Mi 6. Jan 2021, 10:10
Ich meinerseits denke, dass eine Politiker-Kassandra, die - sagen wir mal seit 10 Jahren (denn solange dauert ein planvoller Umbau des Gesundheitswesens zur Katastrophenbehörde mindesten) andauernd und gebetsmühlenartig vor einer Katastrophe gewarnt hätte, als Miesepeter (sic!) angesehen worden wäre, die den Menschen ihren Spass nehmen will.
Auch wenn warnende Beispiele in der Vergangenheit vorhanden waren (Spanische Grippe), reichte es doch schon, bei EINER Überversorgung mit Impfstoffen für eine dann doch nicht so schwer einschlagende Schweinegrippe (der Spanischen Grippe verwandt), die "Fehlplaner" in eine Ecke zu stellen.
Nichts nimmt der Mensch mehr übel, als dass man ihm seinen Spass raubt - und wenn es das Rodeln in Zeiten der Corona ist.
Wichtige medizinische Einrichtungen: Aus Gründen, die allerdings nichts mit Katastrophenvorsorge zu tun hatten, konnten wir hier in D auf eine außergewöhnlich große Anzahl von Intensivbetten zurückgreifen.
Wenig Personal, schlecht bezahlt: Es ist richtig, dass Krankenschwestern zu schlecht bezahlt werden und schon dadurch Mangelware sind. Wie kann man aber deren Gehaltsstufe anheben, ohne verwandte Berufe nicht zu vergrätzen? Alleine das ist ein sehr schwieriges gesellschaftliches Problem, das einen langen Vorlauf erfordert.
Fazit: Vorausschauende Politiker, die vor 10 Jahren alle heute als vernünftig angesehene Maßnahmen schon vorbereitet / angeordnet hätten, wären spätestens vor 3 Jahren davongejagt worden: Wegen Fehlplanung und Verschwendung von Steuergeldern.
Das ist, Atze, zweifellos richtig, was du schreibst.
Aber: das BBK hat 2012 eine Risikoanalyse „Pandemie durch Virus Modi-SARS“ erstellt. Auf diesen ca 30 pdf-Seiten ist zu, schätze mal, 90% genau das beschrieben und davor gewarnt, was 2020 eine Realität geworden ist. Ein deja vu.
Jeder kann für sich bestimmen, ob die Verantwortlichen in der Pandemie richtig gehandelt haben. Dass sie überrascht wurden, können sie jedenfalls nicht behaupten. Es ist vieles richtig gelaufen - entweder hat man richtig reagiert, oder hat sich die Sache so entwickelt. Vieles aber auch schlecht und falsch, und das auch durch Unterschätzung oder schlechte Vorbereitung, und dazu gehört zweifellos auch Staffing im Gesundheitswesen. Bezahlung ist ein wichtiger Teil des Problems, ja, aber erst ein sekundäres. Ausschlaggebend ist m.M.n. die Profitpriorisierung und das ist sehr wohl ein Problem, mit dem sich Bund, BMG, beschäftigen sollte und es v.a. nicht forcieren.
Ob ein Politiker dafür abgewatscht wird, wenn er für gute Ausstattung und Vorhaltung des Schutzmaterials, adäquate Bezahlung des Personals, flächendeckende medizinische Versorgung uä sorgt, das bezweifle ich sehr. Prominente Beispiele, die diese meine Meinung unterstützen, sind z.B. die Fehlplanung und Steuergeldverschwendung der Regierungspolitik als Reaktion auf Fukushima. Auch dazu sollte man sich die entsprechende Risikoanalyse des BBK zu Gemüte ziehen. Ein Vergleich mit der Pandemieanalyse bietet sich hier an. Alleine der Umfang der Analyse, ca 180 zu 30 Seiten, lässt vermuten, wo die Prioritäten sind. In fast allen Bereichen - Kosten, Folgen, Schäden, Verluste (v.a. die menschlichen) sind in der Pandemie laut der Analyse weitaus höher zu erwarten. Selbstverständlich auch die Wahrscheinlichkeit. Eine entsprechende Reaktion auf diese Analyse, vergleichbar mit der Stilllegung der AKWs, kam nicht.
Über Fehlplanung und Steuergeldverschwendung z.B. im Verteidigungsministerium rede ich gar nicht. Konsequenzen? Keine. Nein, doch. Eine Beförderung.
Am Ende der Pandemie werden alle in etwa gleich betroffen, man kann es kaum national beeinflussen (es sei denn, man ist Nordkorea). Es macht auf mich den Eindruck, dass es viele auch wissen und darum konzentrieren sie sich v.a. auf ihre Karrieren.