Spaniens Absturz nimmt weiter Fahrt auf

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El Draco
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Spaniens Absturz nimmt weiter Fahrt auf

Beitrag von El Draco »

Mit der EU-weit höchsten Arbeitslosenquote und einer drohenden Deflation sieht es auch für 2009 düster aus.
Von Ralf Streck, Madrid

Spanien hat weiter mit den enormen Folgen der Weltwirtschaftskrise zu kämpfen. Besonders die Beschäftigten trifft es hart: Hunderttausende wurden entlassen, weitere werden voraussichtlich folgen. Die Arbeitslosenzahl ist rasant angestiegen und nimmt inzwischen weit abgeschlagen einen traurigen Spitzenplatz in Europa ein.

Das schwer von der Krise gebeutelte Spanien zeigt, was die Wirtschaftskrise verschiedenen EU-Ländern bescheren kann. Die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone steckt tief in der Krise, wobei die sozialistische Regierung bis heute offiziell nicht von einer Rezession spricht. Dabei sind die ökonomischen Daten extrem schlecht. Nun gab die Regierung zu, dass die Arbeitslosigkeit im Dezember unerwartet rasant um knapp 140 000 auf 3,13 Millionen gestiegen ist. In einem Jahr stieg sie offiziell um eine Million und damit knapp 50 Prozent. Während die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland erstmals im Dezember wieder anstieg, wächst sie in Spanien seit 16 Monaten. Unter den 46 Millionen Einwohnern gibt es mehr Arbeitslose als in Deutschland (82 Millionen Einwohner).

Eine Quote gab das Statistikamt nicht bekannt. Während sie in Deutschland nun bei 7,4 Prozent liegt, nähert sie sich in Spanien der Marke von 14 Prozent. Das europäische Statistikamt Eurostat bezifferte sie schon für November auf 13,4 Prozent, womit das Land abgeschlagen die traurige EU-Spitzenposition einnimmt. Die beiden nächsten auf der Rangliste, die Slowakei (9,1 Prozent) und Lettland (9,0 Prozent) kommen auf fast fünf Prozent weniger. Die spanische Regierung rechnet damit, dass 2009 vier Millionen und damit um die 18 Prozent der Spanier arbeitslos werden dürften. Derlei Quoten erwarten selbst die schlimmsten Schwarzseher für Deutschland nicht.

Auch im spanischen Baskenland sind, wie in Deutschland, die Voraussetzungen anders. Es wurde in Innovation und produktive Entwicklung investiert, weshalb die Arbeitslosigkeit hier erst kürzlich zu steigen begann. Die Quote liegt sogar deutlich unter der deutschen. Die Krise zeigt, dass in weiten Teilen Spaniens die 14-jährige Wachstumsphase ein Pseudo-Boom war, der durch den Immobilien- und Konsumboom, eine großzügige Kreditvergabe der Banken und massive Zahlungen aus der EU befeuert wurde.

Eine interne Studie der EU-Kommission, aus der die »Financial Times Deutschland« zitierte, beschreibt, dass sich in der Wettbewerbsfähigkeit Deutschland und Spanien als Gegenpole gegenüber stehen. Die Kommission beschreibt Deutschland als die einzige Euro-Volkswirtschaft, die kaum Probleme mit der Wettbewerbsfähigkeit habe und zudem einen großen Leistungsbilanzüberschuss verzeichne. Deutschland sei heute wettbewerbsfähiger als in den frühen 1990ern. Ähnlich sei die Lage in den Niederlanden, Finnland, Luxemburg und Österreich.

Der Spitzengruppe stehen große Volkswirtschaften wie Frankreich, Spanien Italien und kleinere Länder gegenüber. Ausgerechnet Währungskommissar Joaquín Almunia – ein spanischer Sozialist – geht mit seinen Genossen hart ins Gericht. Er spricht vom Auseinanderdriften der EU und einem besonders drastischen Absturz bei der Wettbewerbsfähigkeit und der Anstieg des Leistungsbilanzdefizits in seiner Heimat. Ähnlich sei die Lage nur in Portugal und Griechenland. Seit Jahren fällt Spanien bei Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität zurück. Die Industrieproduktion im November ist um 15 Prozent gesunken ist, in Deutschland waren es 6,4 Prozent.

Das Vertrauen in Spanien schwindet, weshalb das Land für Staatsanleihen zur Finanzierung der Neuverschuldung deutlich höhere Zinsen zahlen muss. Deutschland ist ein attraktiveres Ziel für Anleger, weshalb für zehnjährige Bundesanleihen nur drei Prozent Zinsen gezahlt werden. Spanien dagegen muss schon fast vier Prozent bieten, damit dringend benötigte Kredite in die Staatskasse fließen. Noch 2006 gab es keinen Unterschied, aber mit der Finanzkrise öffnete sich die Schere. In Spanien macht sich derweile, ähnlich wie in Japan, die Angst vor der gefährlichen Deflation breit. Hatte das Land lange Zeit mit einer hohen Inflation zu kämpfen, fallen die Preise nun drastisch. Das kann zu einem Produktionsrückgang und damit dazu führen, dass noch mehr Arbeitsplätze in Gefahr sind.

Quelle: Neues Deutschland

Saludos
El Draco
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